Gründer Christoph Schmidt von b-firm aus Braunschweig. © NDR Foto: Carmen Woisczyk

Braunschweig: Neue Perspektiven für gebrauchte Bauteile

Stand: 06.05.2022 13:36 Uhr

Technische Bauteile reinigen und wiederverwerten - das ist die Idee von Christoph Schmidt aus Braunschweig. Er weiß genau, welche Materialien, welche Behandlung brauchen.

Auf einem Steinboden befinden sich mit Kreide gezeichnete Pfeile die einen Kreis bilden, darin steht ein Mann, man sieht nur die Beine und Füße. © photocase.de Foto: David-W
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von Carmen Woisczyk

Recycling ist zeitgemäß. Auch in der Industrie verstärkt sich dieser Trend zum zweiten Leben von technischen Bauteilen. So werden zum Beispiel verschlissene und verdreckte Maschinenteile von Land- und Baufahrzeugen oder Motorenteile von Lokomotiven gereinigt und wieder aufbereitet, statt sie energieintensiv komplett neu zu produzieren. Das Problem: man kann sie nicht einfach per Hand mit dem Lappen oder der Drahtbürste reinigen. Wie also bekommen Firmen sie in einem kostengünstigen Industrieprozess wieder sauber, ohne dass sie Schaden nehmen? Die Lösung kennt das junge Ein-Mann-Start-up b-firm aus Braunschweig – eine herstellerunabhängige Dienstleistung, die so bisher einmalig ist.

Reinigen und Überarbeiten im großen Stil

Ein gereingtes Kugellager von der Firma b-firm aus Braunschweig. © NDR Foto: Carmen Woisczyk
Motorenbauteile, wie dieses Kugellager, werden in aufwendigen Verfahren gereinigt und aufgearbeitet.

Der junge Gründer Christoph Schmidt steht in seinem Büro und zeigt auf ein schuhkartongroßes Stahlbauteil. Es gehört zu einer Weiche, die im Schienenverkehr zum Einsatz kommt, erklärt er: "Diese Bauteile aus einem Gleisbett kommen im verrosteten Zustand zurück ins Werk. Unsere Herausforderung ist es, solche Bauteile in großen Stückzahlen zu reinigen, Verschleißteile zu wechseln oder neu zu lackieren." Ein Kolben von einem Großdieselmotor zum Beispiel, sei am Ende eines Produktlebenszyklus noch was wert. Wenn Unternehmen solche Bauteile reinigen und aufarbeiten, und eben nicht neu herstellen müssen können sie bis zu 70 Prozent ihrer Herstellungskosten und natürlich auch jede Menge Ressourcen sparen, betont der 35-jährige Braunschweiger.

Welches Bauteil braucht welche Behandlung?

Gründer Christoph Schmidt mit einem Bauteil aus dem Motor einer Lokomotive. © NDR Foto: Carmen Woisczyk
Gründer Christoph Schmidt mit einem Bauteil aus dem Motor einer Lokomotive.

Sein Know-how hat der junge Ingenieur an der Universität Dortmund und in Bayreuth am Lehrstuhl für umweltgerechte Produktionstechnik erworben. Nun berät er mit seinem Start-up Firmen wie die Deutsche Bahn. Zum Beispiel wenn es darum geht, welche industrielle Reinigungsmethode, Technik und Gerätschaft sich für das jeweilige Material, aus dem das Bauteil besteht, am besten eignen. Dreck und Rost lassen sich beispielsweise thermisch behandeln, indem man die Bauteile auf bis zu 900 Grad erhitzt. Man könne die Bauteile auch abflammen oder die Oberfläche mit Hilfe eines Lasers bearbeiten, erklärt Schmidt. Des weiteren kann man Verunreinigungen auch in einem Tauchbad aus Chemikalien entfernen oder verrostete Oberflächen mit Sand bestrahlen und abschleifen. Es gibt allein für das Reinigen einen ganzen Strauß von Möglichkeiten, aus dem Christoph Schmidt die beste für seine Kunden heraussucht.

Rohstoffe werden teuer - und sind endlich

Verschiedene Stoffe, wie Glaskügelchen oder Metallkörner, die man im Sandstrahlverfahren nutzt, um z.B. Rost von Stahlbauteilen damit abzuschleifen. © NDR Foto: Carmen Woisczyk
Verschiedene Stoffe, wie Glaskügelchen oder Metallkörner, werden im Sandstrahlverfahren genutzt, um z.B. Rost von Stahlbauteilen damit abzuschleifen.

In Europa gibt es über 1.000 Anbieter für solche Reinigungs- und Oberflächentechniken, mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen, sagt er: "Die Frage ist, wer betriebswirtschaftlich und technisch verschiedene Handlungsalternativen aufzeigen kann. Wer kann Testreinigungen organisieren oder die Eigenschaften einer Oberfläche untersuchen." Im nächsten Schritt gehe es darum, dem Management die unterschiedlichen Optionen und deren Kosten darzulegen. Schließlich wollen immer mehr Firmen durch eine Generalüberholung Kosten von Bauteilen sparen. Denn viele Rohstoffe für die Neuproduktion - wie Stahl - werden immer teurer, erklärt Christoph Schmidt.

Kosten, Ressourcen und Arbeitszeit einsparen

Auch bei Batterien für Elektro-Autos und Fahrrädern, oder bei Computern, Bildschirmen und Kopfhörern gebe es diese Entwicklung: "Immer mehr wird auch bei neuen Produkten darauf geachtet, dass sie wieder aufgearbeitet werden können. Denken Sie mal an Batterien für Elektrofahrräder, Autos oder Elektromotoren. Da wird immer mehr darauf geachtet, dass man die zerlegen, wieder aufarbeiten oder vielleicht defekte Zellen tauschen kann." Denn je weniger Energie, Rohstoffe und Arbeitszeit, desto nachhaltiger und desto größer die Kosteneinsparungen, meint der Experte. Und: Die generalüberholten Teile seien genauso gut oder sogar noch besser als neue Teile, weil Schwachstellen während des Betriebs erkannt und bei der Wiederaufbereitung gleich mit beseitigt werden könnten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 12.04.2022 | 10:47 Uhr

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