Recycling: Straßenbelag aus Plastikmüll
Durch die Verbrennung von Plastikmüll fügen wir der Umwelt erheblichen Schaden zu. Das Berlin-Brandenburger Startup Ecopals hat eine bessere Lösung: Den Müll einfach in Asphalt umwandeln.
Was machen wir mit all dem Plastikmüll? Ohne Zweifel ist das eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Die einfachste Lösung ist sicher die Verbrennung, doch dabei können Dioxine und andere Umweltgifte entstehen. Recycling wiederum ist bei vielen Verbundstoffen nicht einfach oder sogar unmöglich. Das Berlin/Brandenburger Startup Ecopals hat eine Methode entwickelt bei der mit Hilfe von Plastikmüll Asphalt für Straßen hergestellt werden kann.
Verwenden statt Verbrennen
Jonas Varga steht in einem Co-Working-Space in Berlin. Die kleinen schwarzen Plastikteilchen in seiner Hand waren mal Joghurtbecher, Plastiktüten oder Käseverpackungen. Jetzt sind es sogenannte Eco-Flakes: "Diese vermahlenen Schnipsel von Kunststofffolien sehen aus wie kleine Würste. Die verklumpen bei der Verarbeitung im Asphalt." Normalerweise wären die Kunststoffe in der Müllverbrennungsanlage gelandet: "Wenn das Material verbrannt wird, ist es verloren. Wenn wir es aber im Asphalt einsetzen, führen wir das Material wirklich in ein Kreislaufsystem zurück."
Besonders widerstandsfähig durch Kunststoff
Die zusätzliche Komponente kann dem Asphalt sogar einen Extra-Kick geben. Eigentlich ist Asphalt eine Mischung aus Sand oder feinen Steinen und dem Bindemittel Bitumen. Dass dieses Gemisch seine Schwächen hat, zeigt sich immer wieder nach harten Wintern, wenn Schlaglöcher auf unseren Straßen entstehen. Mischt man Eco-Flakes dem Asphalt bei, so bilden sie zusätzliche Klebepunkte zwischen den einzelnen Komponenten. Der Asphalt soll haltbarer werden, so der Ansatz von Jonas Vargas: "Der Kunststoff soll eine Flexibilität bei kalten Temperaturen einhalten. Das ist die Herausforderung. Gleichzeitig wollen wir stabilen Asphalt für besonders heiße Sommer. Diese beiden Extreme können wir nur mit Kunststoff bedienen."
Hilfsprojekt in Nepal lieferte die Idee
Das Ganze ist das Ergebnis jahrelanger Forschung, bei der auch der Zufall eine Rolle spielte: Die Ecopals-Gründer Jonas Varga, Maximilian Redwitz und Fabien Mathias lernten sich bei einem Hilfsprojekt nach einem schweren Erdbeben in Nepal kennen. Zum Wiederaufbau der Infrastruktur schmolzen die Einheimischen dort ganz einfach den herumliegenden Müll ein, um daraus neuen Straßenbelag zu gewinnen. Die jungen Wissenschaftler von der Zeppelinuniversität am Bodensee erkannten sofort das Potential und fingen selbst an zu experimentieren, sagt Maximilian Redwitz: "An den Baustellen in Nepal wurden die einzelnen Bestandteile des Asphalts mit dem Kunststoff in Trommeln vermischt, dann mit einer Gasflamme erhitzt und direkt vor Ort aufgebracht. Verglichen mit unseren hoch-technologisierten Asphaltmischern ist das Handarbeit."
Neuartiger Asphalt schon im Einsatz auf Teststrecken
In Europa gehen fast 20 Millionen Tonnen Kunststoff jährlich auf die Deponie oder in die Verbrennung. In Deutschland sind es mehr als drei Millionen Tonnen. Das allein genügt, um den gesamten Straßenbau Deutschlands zu versorgen. Etwas schwieriger ist die technische Umsetzung der Idee im großen Stil. Der Asphalt wird normalerweise in großen Mischwerken hergestellt. Diese Unternehmen müssten dazu bereit sein, einen weiteren Rohstoff zu verarbeiten - dafür wäre neue Technik notwendig. Bislang werden die Eco-Flakes nur auf mehreren Teststraßen eingesetzt: In Potsdam, Kiel oder Aschaffenburg fahren die Autofahrer inzwischen auf Straßen von Ecopals. Die ersten Forschungsergebnisse von einer Teststrecke in Kassel stimmen optimistisch, sagt Maximilian Redwitz. Ob Hitze oder Kälte, der mit Plastemüll aufgepeppte Asphalt zeigt sich äußerst stabil.
CO2-Einsparung durch Recycling
Dabei sind sich die Jungunternehmer sicher, dass sie den aktuellen Marktpreis für Asphalt sogar noch unterbieten könnten. Die Ausgaben für den Straßenbau sind in den letzten 20 Jahre kontinuierlich gestiegen. Das liegt vor allem an der steigenden Belastung durch den Güterverkehr. Um dieser Belastung zu begegnen, wird Asphalt bereits jetzt zum Teil mit neu produzierten Kunststoffen hergestellt. Ecopals hingegen ist in der Lage, vergleichbare Eigenschaften zu einem geringeren Preis aus recycelten Kunststoffen herzustellen. Der Vorteil für die Umwelt liegt auf der Hand. Auf der 600 Meter langen Straße, die in Potsdam gebaut wurde, wurde mit vier bis fünf Tonnen Plastik auch eine entsprechende Menge CO2 eingespart. Europaweit, so schätzt Maximilian Redwitz, könnte im Straßenbau eine Million Tonnen CO2 vermieden werden. Derzeit ist Ecopals auf der Suche nach Projektpartnern, Firmen oder Gemeinden, die bereit sind, auf Straßen aus Plastemüll zu setzen.