Blaue Moschee: Hintergründe zum Islamischen Zentrum Hamburg
Das Islamische Zentrum Hamburg steht seit langer Zeit in der Kritik. Seit mehr als 30 Jahren wird das IZH vom Verfassungsschutz beobachtet. Aus der Politik gab es zuletzt vermehrt Forderungen für eine Schließung des Zentrums. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Islamischen Zentrum Hamburg.
Vereinsverbot: Was ist aktuell am IZH los?
Das Bundesinnenministerium hat am Mittwoch ein Vereinsverbot gegen das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) ausgesprochen. Am 24. Juli 2024 ging die Polizei in der Blauen Moschee an der Alster und in sieben weiteren Bundesländern gegen den Verein vor. Bundesweit wurden insgesamt 53 Objekte durchsucht, darunter Moscheen und Vereinsräume.
Was ist das IZH?
Die Abkürzung IZH steht für Islamisches Zentrum Hamburg e.V. Der Verein ist eigenen Angaben zufolge 1953 von iranischen Kaufleuten gegründet worden, um eine Moschee in Hamburg zu bauen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet das IZH und stuft es als islamistisch ein. Das Zentrum gilt als verlängerter Arm des iranischen Regimes. Kritiker fordern seit Jahren die Schließung des Islamischen Zentrums Hamburgs.
Was ist die Blaue Moschee?
Mit Blaue Moschee ist die Imam-Ali-Moschee an der Hamburger Außenalster gemeint. Sie ist gerade für schiitische Gläubige einer der wenigen Anlaufpunkte in der Hansestadt. Gebaut wurde sie in den 1960er-Jahren und gilt damit als eine der ältesten Moscheen Deutschlands. Ihren Namen hat sie von der großen hellblauen Kuppel und den aufwendigen blauen Mosaikarbeiten. Seit 2013 steht die Blaue Moschee unter Denkmalschutz. Bis heute ist sie ein beliebtes Fotomotiv und Teil vieler Bustouren durch Hamburg; ein Anbieter für Stadtrundfahrten schreibt auf seiner Webseite "Orientalische Schönheit mitten in Hamburg".
Träger der Moschee ist das Islamische Zentrum Hamburg e.V.. Hier finden laut der Webseite Gebete, Vorträge, Religionsunterricht für Kinder und Feste statt. Sprachlich werden der Verein und die Moschee häufig gleichbedeutend verwendet. Kritiker fordern, dass das IZH geschlossen wird und die blaue Moschee eine kulturelle Begegnungsstätte wird.
Wie bewertete der Verfassungsschutz das IZH bislang?
Seit 1993 steht das Zentrum unter Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes. Dieser stuft das IZH als islamistisch ein. Auch wenn es sich nach außen hin gemäßigt gebe, ist es nach Auffassung der Behörden ein "weisungsgebundener Außenposten Teherans". Das Bundesamt für Verfassungsschutz bezeichnet das IZH als "ein bedeutendes Propagandazentrum Irans in Europa". Die Behörden beobachten eine "antisemitische und antiisraelische Grundeinstellung".
Das Islamische Zentrum Hamburg veröffentlicht eine Reihe von Büchern und Zeitschriften - darunter auch das Buch "Der Islamische Staat". Verfasser ist der erste iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini. Laut dem Hamburger Verfassungsschutz stehen "wesentliche Inhalte […] in einem diametralen Gegensatz zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes." Weiter heißt es, in dem Buch würden Strafen propagiert, die "eklatant gegen die Menschenwürde" verstießen, wie etwa Steinigungen bei Ehebruch.
2022 wiesen Hamburger Behörden den stellvertretenden IZH-Leiter aus. Ihm war nach Angaben der Innenbehörde nachgewiesen worden, Terrororganisationen zu unterstützen. Er habe mit Gruppen in Kontakt gestanden, die das Existenzrecht Israels auch gewaltsam in Frage stellen. Er hat Deutschland Behördenangaben zufolge in Richtung Iran verlassen, für ihn gilt zudem ein Wiedereinreiseverbot. Der Hamburger Verfassungsschutz ist der Auffassung, dass "die Position des IZH-Leiters […] traditionell mit einem linientreuen Anhänger der traditionellen Staatsdoktrin und der islamischen Revolutionszielen" besetzt werde.
Dem Hamburger Verfassungsschutz liegen darüber hinaus persönliche Briefe vor, in denen der aktuelle Leiter des IZH, Mohammed Hadi Mofatteh, als "Vertreter des Obersten Führers, Leiter des islamischen Zentrums Hamburg" angesprochen wurde.
Im November 2023 durchsuchten Hunderte Polizisten die Räumlichkeiten des IZH und möglicher Teilorganisation. In der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums hieß es dazu: "Das IZH steht im Verdacht, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten […].Zudem gehen die Sicherheitsbehörden dem Verdacht nach, dass das IZH die in Deutschland verbotenen Aktivitäten der libanesischen Terrororganisation Hisbollah unterstützt."
Wie reagierten die Verantwortlichen des IZH bislang auf Vorwürfe?
Das Islamische Zentrum Hamburg beteuert seit Jahren: Es gebe keine Verbindungen zu politischen oder regierungsnahen Einrichtungen im Iran. Im Oktober 2022 sagte ein Sprecher der Gemeinde, Mohammad Ale Hosseini, im NDR Interview: "Seit mehreren Jahren müssen wir leider die Vorwürfe und Verleumdungen des Verfassungsschutzes hinnehmen, dass dieses Haus als ein politisches Haus und als verlängerter Arm des Irans gesehen wird. Wir haben hier mit der Politik des Irans nichts zu tun. Dieses Haus gibt es seit 62 Jahren und es immer ein religiöses Haus gewesen".
Konfrontiert mit der Forderung der Schließung der Blauen Moschee antwortete das IZH auf NDR Anfrage im selben Jahr: "Unserer Meinung nach ist es ein besorgniserregendes Signal, eines der größten Gotteshäuser des Landes schließen zu wollen." Angesichts der Berichterstattung über den Verein und die Moschee spricht das IZH regelmäßig von "medialer Hetze gegen das IZH". Das IZH versuchte sich vor Gericht gegen die Einschätzung des Verfassungsschutzes als islamistisch und verfassungsfeindlich zu wehren - ohne Erfolg. Laut dem Urteil aus dem Jahr 2023 darf das IZH als "Organisation des Islamismus" bezeichnet werden. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) wurde anschließend in einer Pressemitteilung wie folgt zitiert: "Das IZH ist eine eindeutig extremistische und demokratiefeindliche Institution."
Welche Bedeutung hat das IZH in ganz Deutschland?
Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass dem IZH weitere Teilorganisationen angehören und ein "bundesweites Kontaktnetz" besteht. In einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums heißt es: "Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht davon aus, dass das IZH auf bestimmte Moscheen und Vereine großen Einfluss bis hin zur vollständigen Kontrolle ausübt. Innerhalb dieser Kreise ist häufig eine deutliche antisemitische und antiisraelische Grundeinstellung feststellbar, die auch in verschiedenen Medienkanälen propagiert wird."
Bei einer bundesweiten Großrazzia im November 2023 wurden 54 Objekte in sieben Bundesländern - in Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen – durchsucht. Ziel der Razzia war es, Material für ein Vereinsverbot gegen das IZH zu sammeln. Bei den bundesweiten Durchsuchungen wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums Mobiltelefone und Laptops sowie Schriftstücke und Flugblätter sichergestellt. Außerdem beschlagnahmten die Beamten Bargeld. Dabei blieb unklar, woher das Geld stammte und wofür es genutzt werden sollte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte im Anschluss an die Razzien: "Wir haben die islamistische Szene im Visier."
Warum wurde das IZH nicht schon früher verboten?
Laut Experten war ein Vereinsverbot zwar verwaltungsrechtlich möglich, aber keine einfache Angelegenheit. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hatte im Tagesthemen-Interview im November 2023 gesagt: "Es ist ein sehr anspruchsvolles Verfahren. Ein Vereinsverbot hat die höchsten verfassungsrechtlichen Hürden nach dem Parteienverbot." Auf die Nachfrage, warum es in den vergangenen 30 Jahren der Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht bereits zu einem Verbot gekommen sei, verwies Grote auf die Bundeszuständigkeiten. Diese greifen, sobald ein Verein in mehreren Bundesländern aktiv ist.
Grote sagte weiter, er sei allerdings dankbar, dass die jetzige Bundesregierung das Verbotsverfahren konsequent vorangetrieben habe. Hintergrund war auch ein entsprechender Bundestagsbeschluss: Im November 2022 - nach Beginn der Protestwelle im Iran - beauftragte das Parlament die Bundesregierung zu prüfen, "ob und wie das 'Islamische Zentrum Hamburg' als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann". Das BMI hielt sich in der Vergangenheit mit Informationen zum Stand des Verbotsverfahrens und konkreten Maßnahmen zurück "allein schon, um diese nicht zu gefährden" – wie es häufig als Antwort auf Presseanfragen hieß.