Biobäuerin: Nachhaltige Landwirtschaft muss sich lohnen
Vor einem Jahr haben Bauern lautstark gegen die Agrarpolitik in Deutschland protestiert. Wie ist die Situation der Landwirte heute? Biobäuerin Elisabeth Fresen aus Niedersachsen fordert, dass EU-Subventionen an Landwirte konsequent an Umweltauflagen geknüpft werden sollten.
Auf der Weide von Elisabeth Fresen im niedersächsischen Verden grasen braune Rinder - acht Mutterkühe mit ihren Kälbern, ein Bulle. Die Biobäuerin blickt prüfend über die Herde: "Ich schaue ich einfach nur: Laufen alle gut? Sind alle gut im Futter? Und das sind sie."
Die Landwirtin ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft, ein Zusammenschluss eher kleiner Familienbetriebe. In der Vergangenheit war sie auch im Bundesvorstand aktiv. Insgesamt 90 Mutterkühe und ihr Nachwuchs gehören zu ihrem Betrieb. Die Tiere sind das ganze Jahr über draußen, verteilt auf Weiden rund um den Ort. Zum Überwintern werden sie auf größere Weiden in der Nähe des Hofes gebracht, um dort zu überwintern. "Wir bieten den Tieren viel Platz", sagt Fresen, eine "artgerechte Tierhaltung".
Neben Rinderhaltung betreibt Biobäuerin auch Ackerbau
Die Kühe stehen zum Großteil auf Naturschutzflächen. Jedes Jahr wird ein Teil der Tiere geschlachtet, das Fleisch geht unter anderem in die Direktvermarktung im Hofladen, wird in Bioläden angeboten. Neben der Rinderhaltung betreibt die Biobäuerin auch Ackerbau. Artgerechte Tierhaltung, Umweltschutz - wichtig vor allem für Bio- aber auch für viele konventionelle Betriebe, erklärt die Bäuerin. Neben dem Fleisch erzeuge sie selbst auch viel “Artenvielfalt”, außerdem stelle der Hof Überschwemmungsflächen bereit.
"Nachhaltige Bewirtschaftung muss sich mehr lohnen"
Allerdings könne sie diese Leistungen "nicht am Markt verkaufen". Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Flächen muss sich ihrer Ansicht nach mehr lohnen. An der schwierigen wirtschaftlichen Lage vor allem vieler kleiner Höfe hat sich laut Fresen auch seit den Protesten nicht viel verändert – im Gegenteil: Wieder hätten Höfe aufgeben müssen, wie auch schon in den vergangenen Jahren. Die Biobäuerin fordert faire Preise für die Produkte, damit Landwirte kostendeckend arbeiten können. Ganz grundsätzlich geht es ihr um ein Umsteuern in der Agrarpolitik, hin zu mehr Umwelt- und Klimaschutz.
Sie will, dass die EU-Subventionen an die Landwirte anders verteilt und konsequent etwa an Umweltauflagen geknüpft werden. Das Geld müsse dafür gezahlt werden, dass "vielfältiger Ackerbau da ist, oder dass CO2 gespeichert wird im Boden, oder dass wir weniger Pestizide einsetzen oder das Grundwasser weniger belasten."
Großteil der Subventionen wird pauschal pro Hektar bezahlt
Derzeit ist ein Teil der Subventionen für die Landwirte an Umweltauflagen geknüpft, ein Großteil der Gelder wird aber pauschal pro Hektar bezahlt - zum Nachteil kleinerer Betriebe.
Neben den grundsätzlichen Forderungen bereitet der Biobäuerin aktuell aber vor allem die Schlachtung ihrer Tiere Sorgen. Sie sei darauf angewiesen, dass es bio-zertifizierte Schlachthöfe in der Nähe gebe - das sei aber schwierig geworden. Ein Problem, das sie mit Kollegen und Kolleginnen teilt: Insgesamt nimmt die Zahl der Schlachthöfe in Deutschland immer mehr ab, schwierig für die Biobranche, die auf kurze Transportwege für das Schlachtvieh angewiesen ist, um unnötigen Stress zu vermeiden.
Marktanteil von Biofleisch noch gering
Trotz vieler Herausforderungen - Elisabeth Fresen zeigt sich überzeugt von ihrer Art zu wirtschaften. Der Marktanteil von Biofleisch ist allerdings noch gering. Bei Rindfleisch sind es knapp sieben Prozent der Rind-Fleischerzeugung in Deutschland. Noch weniger ist es bei Schweinefleisch aus ökologischer Landwirtschaft: Der Anteil liegt bei knapp einem Prozent.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass mehr Biolebensmittel in Deutschland erzeugt werden: Der Bio-Anbau soll ausgeweitet werden. Bis 2030 sollen 30 Prozent der Fläche ökologisch bewirtschaftet werden. Beobachter sind allerdings skeptisch, ob das Ziel zu erreichen ist: Derzeit werden knapp 12 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch bewirtschaftet.
Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir will Nachfrage stärken
Um voranzukommen, will Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) unter anderem die Nachfrage-Seite stärken. Eine Idee: Den Bio-Anteil in Mensen und Kantinen, zum Beispiel in Kitas, Schulen, aber auch in bundeseigenen Kantinen zu erhöhen. Dazu hat der Grünen-Politiker eine entsprechende Verordnung auf den Weg gebracht. Noch aber fehlt die Nachfrage. Der Bio-Anteil in der sogenannten Außer-Haus-Verpflegung betrug 1,3 Prozent im vergangenen Jahr.