Meierei Horst lockt Milchbauern mit stabilen Preisen
Milchbauern sind seit Jahren vom Preisdruck betroffen. Denn der Milchpreis schwankt enorm, zudem verraten Molkereien den Landwirten in der Regel erst nach der Lieferung, wie viel Geld sie bekommen. Das schafft große Unsicherheiten. Die Meierei Horst in Schleswig-Holstein geht einen anderen Weg.
In der Meierei in Horst (Kreis Steinburg) sind die Fliesen am Boden noch glitschig - denn gerade wurde in der Maschine, die aussieht wie ein überdimensionierter Schraubstock, Butter hergestellt, wie Geschäftsführer Achim Bock erzählt: "Klassische Sauerrahmbutter - über längeren Zeitraum mit Milchsäure angesauert, dann gebuttert, rübergepumpt, dann Sahne schlagen, bis Butter entsteht." Das dauert länger und ist handwerklich aufwendiger als in der industriellen Herstellung - die Horster werben damit, ihre Meierei sei "die letzte ihrer Art" - eine Besonderheit, mit der man bei Verbrauchern und Handel punkten kann.
Feste Ankaufspreise - gültig für ein Jahr
Die vielleicht größte Besonderheit an der Meierei Horst ist aber: Sie bietet ihren neun zuliefernden Milchhöfen feste und verlässliche Preise, die immer für ein Jahr gelten. Das übliche Modell bei anderen Molkereien: Milchbauern liefern und bekommen dann erst den Preis für die Ware mitgeteilt. Geschäftsführer Bock ist selbst Milchbauer und weiß, was diese Unsicherheit mit den Betroffenen macht. Lange hätten viele Höfe versucht, zu wachsen, um die Kosten zu senken - aber das sei weder sinnvoll noch nachhaltig, so Bock. Viele hätten aufgegeben, auch in der Region.
Bock und sein Kollege Hans Möller wollten das nicht hinnehmen - auch als selbst Betroffene - und gründeten vor zehn Jahren ihre Meierei mit verlässlichen Preisen. "Wir haben gesagt, wir wollen nicht nur Milch produzieren, sondern möglichst zu dem Preis vermarkten, den wir brauchen", sagt Bock. Es könne nicht sein, dass Landwirte letztlich nicht genug in der Tasche haben, um weiterzumachen.
Bauern blieben der Meierei nicht immer treu
Die stabilen Ankaufspreise waren allerdings nicht immer einfach. Zwischendurch sank die Milchanlieferung schon mal drastisch, weil die Bauern lieber an Meiereien lieferten, die höhere Preise zahlten. Die enormen Schwankungen des Milchpreises, ausgelöst durch das globale Marktgeschehen, nehmen die Horster in der Spitze nicht mit - aber eben auch nicht in den Tiefen.
Damit wirbt Möller auch heute, wenn er versucht, neue Lieferanten zu gewinnen. Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre seien ihre Preise konkurrenzfähig gewesen. Und die Bauern hätten kontinuierlich gewusst, was sie verdienen. "Du kriegst 'nen Durchschnittspreis, der vielleicht die Spitze mal nicht mitmacht, aber du fällst auch nicht nach unten durch", erklärt Möller.
Für das kommende Jahr peilen sie einen Milchpreis von 50 Cent für konventionelle Ware an, 60 für die Bio-Milch - Preise, die sich durchaus mit dem aktuellen Marktpreis decken. Für die Horster Milch geben sie die unverbindliche Preisempfehlung von 1,29 Euro. Edeka und Rewe haben die Milch gelistet.
Genossenschaft bindet auch Endkunden ein
Die Meierei Horst setzt auf Kundinnen und Kunden, die neben dem Preis auch auf Regionalität achten und kleine weidehaltende Betriebe unterstützen wollen. Es sei eine Nische, die vielleicht 10, 15 Prozent der Verbraucher ausmache, so Möller. "Aber wenn wir das schaffen, ist unser Platz gut belegt, mehr brauchen wir gar nicht."
Die nächste Besonderheit: In der Meierei-Genossenschaft können nicht nur Erzeuger Mitglieder werden, sondern auch die Endkunden, wie Achim Bock erklärt: "Und so schließen wir die Lücke - wenn die Verbraucher einkaufen gehen, gehen die in den Laden und sagen: 'Ich möchte meine Milch von meiner Genossenschaft.'" Rund 800 Verbraucher sind in der Genossenschaft. Dieses Modell hat die Meierei schon mal gerettet: Als sie vor zwei Jahren wegen der Energiekrise kurz vor der Insolvenz stand, setzten sich die Menschen vor Ort ein, zeichneten Anteile und griffen im Supermarkt zur regionalen Milch.
Um sich als Meierei besser aufzustellen und auch größere Mengen Milch vermarkten zu können, haben die Horster regionale Partner gefunden: Bäckereien oder Gastronomen, die die Produkte verlässlich abnehmen. Das ist die Grundlage, damit die Meierei weiterbesteht - denn der Preisdruck sei da, beschreibt Achim Bock. "Aber letztlich entscheidet der Gastronom. Wenn dem Regionalität und Qualität wichtig sind, dann guckt er nicht auf den letzten Cent."