Die Deutsche Bahn hat viele Baustellen: Ob Taktverdichtung, Personalmangel, marode Bahnhöfe oder zu wenig Züge im Regionalverkehr. Auch die Fußball-EM habe gezeigt, dass die Bahn an ihre Grenzen gekommen sei, so Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Gespräch mit NDR Info. Auch bei Starkregen und ähnlichen Wetterextremen gibt es schnell Schwierigkeiten auf der Schiene. "Wir haben eine Infrastruktur, die in die Jahre gekommen ist und die nicht ausreichend widerstandsfähig ist", so Wissing. Es sei das "mutigste und größte Sanierungskonzept in der Geschichte der Deutschen Bahn".
Notwendige Baumaßnahmen wurden bislang auf mehrere Monate und Jahre verteilt. Das führte zu immer neuen Einschränkungen auf der gleichen Strecke. Bei Kundinnen und Kunden sorgte das für Unverständnis. Es könne nicht so weitergehen, dass defekte Dinge immer nur geflickt oder ersetzt würden, so Wissing. "Wir müssen die Infrastruktur einmal runderneuern auf den Hauptkorridoren, weil sie schlicht und einfach bröselt und marode ist."
Einige Strecken wurden viele Jahre lang vernachlässigt. Die Bahn will die Bauarbeiten künftig neu organisieren. Größere Bauarbeiten sollen in einem feststehenden Zeitfenster erfolgen. Auch sollen sich die einzelnen Gewerke besser abstimmen und ihre Maßnahmen bündeln, heißt es. Die sogenannte "Generalsanierung" gehört zur neuen Strategie der Deutschen Bahn. Anstatt einzelne Schäden nach und nach zu reparieren, sollen die nötigen Bauarbeiten am Schienennetz auf bestimmten Abschnitten künftig gebündelt erfolgen, um die Pünktlichkeit der Züge zu verbessern.
Bis zum Jahr 2030 sollen über 40 Strecken in Deutschland kernsaniert werden. Allein in diesem Jahr sind es 14 Strecken. Der erste Teil der Sanierung begann Mitte Juli auf der Hauptstrecke zwischen Frankfurt am Main und Mannheim. Bis Mitte Dezember wird die 70 Kilometer lange Riedbahn voll gesperrt. Modernisiert werden sollen hier unter anderem Gleise, Oberleitungen, Brücken und Bahnhöfe.
Ab dem 16. August wird die Strecke zwischen Hamburg und Berlin saniert. Dort sollen Gleise, Weichen und Brücken erneuert werden. Fernverkehrszüge verkehren dann stündlich zwischen Hamburg und Berlin, die Fahrzeit verlängert sich um 45 Minuten. Ab dem 17. August bis 22. November wird die Strecke zwischen Hamburg und Schwerin erneuert. Bis zum 29. September verkehren einzelne Verkehrszüge zunächst nur auf dem Abschnitt zwischen Schwerin und Stralsund. Zwischen Hamburg und Schwerin soll ein Ersatzverkehr mit Bussen fahren. Ab dem 30. September bis 22. November entfällt dann der Halt am Hamburger Hauptbahnhof. Vom 16. August bis 6. September werden Brückenarbeiten zum Lärmschutz an der Strecke Hamm bis Hannover durchgeführt. Dafür wird die Bahnstrecke vollständig gesperrt, Züge zwischen Nordrhein-Westfalen und Berlin werden umgeleitet.
Die Bauwirtschaft vermisst langfristige finanzielle Zusagen aus der Politik und kritisiert, dass der Zeitplan zu kurz ist. Die Unternehmen könnten bis heute keine realistische Zeitplanung machen, so Tim-Oliver Möller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. Auch wenn die jetzt gesperrte Strecke Frankfurt-Mannheim gut geplant sei: Anderen Projekten fehle die Finanzsicherheit, sagt Christian Böttger von der HTW Berlin. Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Initiative. Die Sanierung gehe "am schnellsten, wenn an allen Gleisen der Strecke gearbeitet wird und die Arbeiten nicht durch am parallelen Gleis vorbeifahrende Züge eingeschränkt werden müssen", so Karl-Peter Naumann von Pro Bahn gegenüber tagesschau.de.