Ein israelischer Soldat zeigt das Victory-Zeichen von einem gepanzerten Mannschaftstransportwagen aus, der sich im Süden Israels auf die Grenze zum Gazastreifen zubewegt © Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Ein israelischer Soldat zeigt das Victory-Zeichen von einem gepanzerten Mannschaftstransportwagen aus, der sich im Süden Israels auf die Grenze zum Gazastreifen zubewegt © Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Ein israelischer Soldat zeigt das Victory-Zeichen von einem gepanzerten Mannschaftstransportwagen aus, der sich im Süden Israels auf die Grenze zum Gazastreifen zubewegt © Ohad Zwigenberg/AP/dpa
AUDIO: NachGedacht: Kriegsdynamiken in Nahost (4 Min)

NachGedacht: Kriegsdynamiken in Nahost

Stand: 20.10.2023 11:47 Uhr

Brutale Attacken der Hamas, Massaker, Folter, Mord - der schrecklichste Terror seit Gründung des Staates Israel hat das Land und den gesamten Nahen Osten ins Wanken gebracht. Eine Friedensidee, um die seit Jahrzehnten gerungen wird, ist in weite Ferne gerückt.

von Claudia Christophersen

Monatelang sind sie in Tel Aviv, Jerusalem oder Haifa auf die Straße gegangen, haben demonstriert gegen eine Regierung, gegen eine geplante Reform, die die Gewaltenteilung einschränken, die die Demokratie ihres Landes beschneiden würde. Wöchentlich gingen die Bilder der Demonstrationszüge in Israel um die Welt. Für alle war sichtbar: Hier ist ein Land gespalten, eine Gesellschaft geschwächt. Der Zeitpunkt für einen mörderischen Angriff schien den Terroristen offenbar günstig.

Israel: Seit seiner Gründung von Terror und Extremisten bedroht 

"Schwärzester Tag in der israelischen Geschichte", so heißt schon jetzt das Etikett, mit dem die Grauen des 7. Oktober 2023 beschrieben werden und das sich festsetzen wird im kollektiven Gedächtnis. Und wieder sind die Fragen da: Wie konnte das passieren? Warum diese grausame Barbarei? Israel ist seit seiner Gründung vor 75 Jahren bedroht, von Terroristen und Extremisten, die den Staat Israel und die einzige Demokratie im Nahen Osten im Keim ersticken wollen.

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Eine Frau hält auf dem Steintorplatz in Hannover ein Plakat, auf dem steht "I stand with Israel". © NDR Foto: Felix Franke

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Seit Jahrzehnten ist die internationale Staatengemeinschaft um tragfähige Friedenslösungen bemüht. Für den damaligen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin war Frieden das Lebensthema. 1994 erhielt er zusammen mit PLO-Chef Jassir Arafat den Friedensnobelpreis. Ein Friedenstraum, der nicht jedem gefiel, der so nicht realisierbar schien. Rabin zahlte mit seinem Leben, als er bei einer Kundgebung in Tel Aviv von einem rechtsextremen jüdischen Attentäter erschossen wurde.

Riesige Angst vor Flächenbrand im Nahen Osten

Die Architektur des Friedens ist hochkompliziert. Die Lage im Nahen Osten ist schrecklich. Menschen in Israel und im Gazastreifen müssen ihre Heimat verlassen, für die Zivilbevölkerung werden humanitäre Hilfeleistungen immer dringlicher. Die Angst vor einem eskalierenden Flächenbrand ist riesig. 

Schriftsteller aus Israel wie Zeruya Shalev und David Grossman, deren Bücher auch in Deutschland gelesen werden, haben sich längst zu Wort gemeldet. Beide sind bestürzt, voller Angst und tiefer Enttäuschung. Eine Friedensidee für ihr Land ist in weite Ferne gerückt. "Welche Art Mensch werden wir sein, wenn wir gesehen haben, was zu sehen war? Von wo aus sollen wir von vorn anfangen? Was wird noch möglich sein, nachdem so viel von dem, an das wir glaubten, auf das wir vertrauten, zerstört und verloren ist?" Fragen, die David Grossman stellt. Zeruya Shalev betet darum, dass sich nach allem am Ende "die einzige Teilung abzeichnet, die in dieser Region möglich ist, keine Teilung zwischen Arabern und Juden, sondern zwischen Moderaten und Extremisten, zwischen Pragmatikern und Fanatikern".

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Ein Mann spricht bei einer Lesung in ein Mikrophon. © IMAGO / Funke Foto Services

Igal Avidan: "Die Lösung des Konflikts kann nur politisch sein"

In seinem Buch "… und es wurde Licht" erzählt der Autor Geschichten von jüdischen und arabischen Israelis, die im Alltag zusammenleben. mehr

Heftige Debatten auf der Frankfurter Buchmesse 

In dieser von Gewalt und Zorn durchgeschüttelten Woche findet in Frankfurt die Buchmesse statt, nicht ohne auch dort die Kriegsschauplätze im Nahen Osten und in der Ukraine zu thematisieren, heftig und kontrovers zu debattieren. Am Sonntag wird wieder der "Friedenspreis des Deutschen Buchhandels" verliehen. Preisträger ist der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie. Seit Jahrzehnten wird Rushdie bedroht und von Fanatikern verfolgt. Er kennt nur zu gut die Angst, die Bedrohung. Erst im letzten Jahr wurde er angegriffen und schwer verletzt. Ein schreckliches Attentat, das ihn ein Auge gekostet hat. Rushdie hat überlebt, er ist wieder da. 

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Die Schriftsteller Doron Rabinovici, Tomer Dotan-Dreyfus und Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, nehmen auf der Frankfurter Buchmesse an der Gesprächsrunde von PEN Berlin und Frankfurter Buchmesse zum Thema "In Sorge um Israel" teil. © Arne Dedert/dpa

Wie über Krieg sprechen? Israel auf der Frankfurter Buchmesse

Bei einem Podium auf der Buchmesse haben israelische Intellektuelle und Autoren über die aktuelle Situation gesprochen. mehr

Die furchtbaren Geschehnisse in Israel, das Trauma von 2023, wird der Preisträger bei der Verleihung in der Paulskirche mit Sicherheit aufgreifen. Rushdie ist bekannt dafür, dem Grausamen mit einer unbeugsamen Sprache zu begegnen. Worte sind das Instrument der Schreibenden. Ob sie gehört werden? Ich wage es zu bezweifeln.

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Ulrich Kühn, Claudia Christophersen und Alexander Solloch. © NDR Foto: Christian Spielmann

NachGedacht

Unsere Kolumnisten lassen die Woche mit ihren Kulturthemen Revue passieren und erzählen, was sie aufgeregt hat. Persönlich, kritisch und gern auch mit ein wenig Bösartigkeit gespickt. mehr

Schild vor einem Geschäft mit der Aufschrift "Veranstaltung abgesagt" © picture alliance / CHROMORANGE Foto: Michael Bihlmayer

Kultur im Krieg: Veranstaltungen absagen oder durchführen?

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NachGedacht | 20.10.2023 | 10:20 Uhr

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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