Familie des Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump auf der Bühne © J. Scott Applewhite/AP/dpa Foto: J. Scott Applewhite
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AUDIO: NachGedacht: Einheit, Vielfalt, Bildermacht (4 Min)

NachGedacht: Einheit, Vielfalt, Bildermacht

Stand: 19.07.2024 06:00 Uhr

Seit diesem Wochenende ist einiges in der Welt anders als vorher, es scheint noch viel mehr Uneinigkeit zu geben - aber das allein muss noch gar nicht so schlimm sein, findet Lena Bodewein.

von Lena Bodewein

Jaaaa, ich weiß, wir haben alle die Bilder gesehen, die gereckte Faust des blutigen Trump, seine Rufe "Kämpft! Kämpft! Kämpft!", da werde ich meinen Senf jetzt nicht auch noch dazu geben, das haben viele kluge Menschen früher als ich getan. Aber in dieser Woche der Unruhe, der Schocks und Bilder ist mir ein Satz besonders aufgefallen, gesprochen hat ihn US-Präsident Joe Biden in Reaktion auf das Trump-Attentat: "Einheit ist das am schwersten zu erreichende Ziel", sagte er - und blicken wir auf sein eigenes Land, das in Zwietracht und Hass zu zerfallen scheint, blicken wir nach Russland, Israel, aber auch zu unserer immer weiter zweigespaltenen Gesellschaft: Recht hat der Mann.

Aber ist das so schlimm, wenn diese Idee der Einheit ähnlich wie die Minne im Minnesang nur ein fast nie zu erfüllendes Ideal bleibt? "Flüchtig", so lässt sich das englische Wort "elusive" auch übersetzen, Einheit ist das flüchtigste Ziel von allen.

Statt Einheit, Akzeptanz als Ziel

Was, wenn Einheit nicht mehr unser Ziel ist? Ich will natürlich keinesfalls Zwietracht und Hass das Wort reden, niemals! Aber was ist, wenn wir uns einfach auf Akzeptanz als Ziel einigen? Akzeptanz, dass wir nicht einig sein können? Dass wir uns in Uneinheit respektieren? Dass wir uns selbst und unsere Mitmenschen in der Verschiedenheit unserer Wünsche ernstnehmen? Mein Ziel muss nicht das meines Nachbarn sein, meine Überzeugungen und Ideale nicht die seinen - aber seine auch nicht die meinen! Und wir feinden uns deswegen auch nicht an. Weder muss er mich überzeugen noch ich ihn.

Nicht dasselbe Individuum wie alle anderen sein wollen....

Ich möchte nicht albern wirken, wenn ich Brian von Nazareth zitiere aus Monty Pythons nach wie vor hinreißender Satire "Das Leben des Brian": "Ihr seid alle Individuen!" Trauriger- und treffenderweise rufen die Angesprochenen im Chor: "Ja! Wir sind alle Individuen! - Ihr seid alle völlig verschieden! - Ja! Wir sind alle völlig verschieden! - Ich nicht", schert einer aus. Absurd und super zugleich - nicht dasselbe Individuum wie alle anderen sein zu wollen: So soll es sein! Sprich: Solange ich dabei keinem wehtue, kann ich mein eigenes, uneiniges Ziel verfolgen, und das muss nicht Einheit sein.

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Indonesien: 18.000 Inseln mit fünf Hauptreligionen

Das indonesische Nationalmotto übrigens lautet "Einheit in Vielfalt". Ein Land aus 18.000 Inseln mit fünf Hauptreligionen in unterschiedlichsten Ausprägungen, den verschiedensten Herkünften der Einwohner, das kann nur in Vielfalt eine Art von Einheit finden. Wie ein Scherbenmosaik, diese hübschen Kunstwerke, bei denen aus vielen zerbrochenen Dingen unterschiedlichster Herkunft -  Kaffeetasse, Bierflasche, Blumentopf - ein neues Ganzes wird.

Ein Mosaik: in Vielfalt vereint

Ein anderes Ereignis, bei dem es um Vielfalt und Einheit ging, ist am Wochenende zu Ende gegangen: Die Fußball-Europameisterschaft der Männer. Der Gewinn ebenjener scheint für die deutsche Nationalmannschaft auch ein sehr schwer zu erreichendes Ziel gewesen zu sein, frei nach Joe Biden. Sie (die Mannschaft) hat das Viertelfinale verloren, aber viele Herzen gewonnen, meins auch. Der Bundestrainer hat sie zusammengefügt aus vielen Einzelteilen nach vielen verpatzten Turnieren aus einem Scherbenhaufen der Vergangenheit. Und nun spielt sie, wie ein Mosaik, in Vielfalt vereint.

Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NachGedacht | 19.07.2024 | 10:20 Uhr

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