Lenz! Dich hätten wir beinah vergessen!
Frisch und kühn
sprießt inmitten dem Randal indessen
junges Grün.
Blätter stecken ihre zarten Spitzen
hastend aus.
wie sie schmuck auf ihren Ästen sitzen!
Feucht und kraus!
Und sie sehen: Bunte Tumultanten!
Militär!
Sehen wildgewordene Adjutanten –
Welch ein Heer!
Und sie sehen: Grad die falschen Leute
packts Gericht.
Doch die großen Diebe … Heute?
Heute nicht.
Und die jungen Blätter blitzen
Und sie denken sich: Was mag das sein?
Könnten sie, sie zögen ihre Spitzen
schleunigst wieder ein –!
Holde Anemone,
Bist du wieder da
Und erscheinst mit heller Krone
Mir Geschundenem zum Lohne
Wie Nausikaa?
Windbewegtes Bücken,
Woge, Schaum und Licht!
Ach, welch sphärisches Entzücken
Nahm dem staubgebeugten Rücken
Endlich sein Gewicht?
Sah in Gorgos Auge
Eisenharten Glanz,
Ausgesprühte Lügenlauge
Hört ich flüstern, daß sie tauge,
Mich zu töten ganz.
Anemone! Küssen
Lass mich dein Gesicht:
Ungespiegelt von den Flüssen
Styx und Lethe, ohne Wissen
Um das Nein und Nicht.
Aus dem Reich der Kröte
Steige ich empor,
Unterm Lid noch Plutons Röte
Und des Totenführers Flöte
Grässlich noch im Ohr.
Ohne zu verführen,
Lebst und bist du da,
Still mein Herz zu rühren,
Ohne es zu schüren - Kind Nausikaa!
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist´s!
Dich hab ich vernommen!
Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied.
Kling hinaus ins Weite.
Kling hinaus, bis an das Haus,
Wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag, ich laß sie grüßen.
Die Rebe blüht, ihr linder Hauch
Durchzieht das thauige Revier,
Und nah' und ferne wiegt die Luft
Vielfarb'ger Blumen bunte Zier.
Wie's um mich gaukelt, wie es summt
Von Vogel, Bien' und Schmetterling,
Wie seine seidnen Wimpel regt
Der Zweig, so jüngst voll Reifen hing.
Noch sucht man gern den Sonnenschein
Und nimmt die trocknen Plätzchen ein;
Denn Nachts schleicht an die Gränze doch
Der landesflücht'ge Winter noch.
O du mein ernst gewalt'ger Greis,
Mein Säntis mit der Locke weiß!
In Felsenblöcke eingemauert,
Von Schneegestöber überschauert,
In Eisespanzer eingeschnürt:
Hu! wie dich schaudert, wie dich friert!
In deinen Blicken wiegt sich der Frühling.
Rosengeflecht und ein Apfelzweig
Schaukeln ihn duftend einher.
Auf deiner Lippen Granat- und Marmorsitz
Streiten zehntausend Lerchen in süßem Tumult
Wähnend sie säßen im Morgenrot.
Wo deine lieblich errötenden Füße schreiten,
Schlägt aus dem Boden ein holder Schwall von Musik
Und erstürmt sich den Himmel.
Wippend dem zierlichen Schmetterling gleich
Schreitest du tanzerhobenen Arms
Wie über schwankendes Seil.
Wenn deine tastenden Brüste den Atem der Gärten verspüren,
Heben und senken sie sich, zugespitzt,
In verworrnen Gedanken.
Zierlich ist deine Seele, dem Rotkehlchen gleich,
Und so ängstlich, daß sie bei plötzlichem Wort
Flatternd im Käfig sich stößt.
Weil nun wieder Frühling ist,
Leute,
streu ich butterblumengelber Kasper
lachend
lauter lilablaue Asternblüten
hei ins helle Feld!
Lilablaue Astern, liebe Leute,
Astern
blühn im deutschen Vaterland bekanntlich
bloß im Herbst.
Aber Ich, ich butterblumengelber Kasper,
streue,
weil nun wieder heller Frühling ist,
tanzend tausend dunkelblaue Asternblüten
hei in alle Welt!
Wollte nicht der Frühling kommen?
War nicht schon die weiße Decke
von dem Rasenplatz genommen
gegenüber an der Ecke?
Nebenan die schwarze Linde
ließ sogar schon (sollt ich denken)
von besonntem Märzenwinde
kleine, grüne Knospen schwenken.
In die Herzen kam ein Hoffen,
in die Augen kam ein Flüstern –
und man ließ den Mantel offen,
und man blähte weit die Nüstern …
Ja, es waren schöne Tage.
Doch sie haben uns betrogen.
Frost und Sturm und Schnupfenplage
sind schon wieder eingezogen.
Zugeknöpft bis an den Kiefer
flieht der Mensch die Gottesfluren,
wo ein gelblichweißer, tiefer
Schnee versteckt die Frühlingsspuren.
Sturmwind pfeift um nackte Zweige,
und der Rasenplatz ist schlammig.
In mein Los ergeben neige
ich das Auge. Gottverdammich!
Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!
Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch große Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag!
Der Mensch vergißt die Sorgen aus dem Geiste,
Der Frühling aber blüht, und prächtig ist das meiste,
Das grüne Feld ist herrlich ausgebreitet,
Da glänzend schön der Bach hinuntergleitet.
Die Berge stehn bedecket mit den Bäumen,
Und herrlich ist die Luft in offnen Räumen,
Das weite Tal ist in der Welt gedehnet
Und Turm und Haus an Hügeln angelehnet.