Pepper - En Roboter erobert Norddüütschland (2): Starrer Blick

Stand: 04.09.2023 06:00 Uhr

von Lornz Lorenzen

Übersetzung auf Hochdeutsch

"Wenn du einen neuen Roboter hast, ist das ein bisschen wie bei einem kleinen Baby", erzählt Doktorand Thomas Sievers, der Programmierer und sozusagen Erziehungsberechtigte von Pepper. Die wichtigsten "Anlagen" bei dem kleinen Kerl sind da, aber sie müssen ganz langsam und vorsichtig ausgebildet und trainiert werden.

So ist Pepper auch mit neuronalen Netzwerken ausgestattet und kann Gesichter und Objekte erkennen und, wenn das Training erfolgreich war, darauf individuell reagieren. Aber was ist die Mindestdefinition eines Gesichts? Augen, Mund und Nase, vielleicht? Dann erfüllt auch ein zweidimensionaler Smiley diese Voraussetzungen.

Pepper: Verliebt in eine Holzskulptur

Oder, wie in diesem konkreten Fall, eine Holzskulptur, die bei Thomas Sievers zu Hause in seinem Homeoffice steht. Schau in das Gorgonenhaupt. Pepper verliebt sich in eine schlanke Holzskulptur, in der kein Leben steckt, und er erstarrt gewissermaßen, weil keine Reaktion von seinem Gegenüber kommt. Er ist für eine Weile nicht mehr ansprechbar.

Das ist kein triviales Ereignis, sondern zeigt, wie komplex unsere Welt für einen Roboter ist, der die Welt nur von der "anderen Seite" des Computerbildschirms her kennt. Thomas Sievers dazu: "Wir konnten ihn schließlich weglocken durch unsere Annäherung in seinem Blickfeld. Ich denke, dass er bewegliche Objekte mit Gesichtern dann eher als Menschen wahrnimmt." Mittlerweile kann Pepper mit seiner eingebauten 3D-Kamera Menschen besser von Skulpturen unterscheiden und erstarrt auch nicht mehr wie die armen Gestalten, die in Medusas Gesicht blicken mussten.

Überfordert von der Flut an Informationen

Objekte zu erkennen ist eine Sache, aber in unserer normalen Außenwelt passiert so viel in derselben Situation, dass das, womit wir oft Probleme haben, nämlich das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden, den Roboter Pepper noch vollkommen überfordert.

Im Kindergarten oder im Altenheim wäre er in der ungerichteten Informationsflut sofort verloren gegangen. Uns hilft dabei ein psychologisch gut erforschtes Mechanismus, den jeder Mensch kennt. Die selektive Wahrnehmung. So wie beim "Unsichtbaren Gorilla"-Experiment, bei dem man Proband*Innen vor einen Monitor gesetzt hat und sie die Aufgabe bekamen, sich darauf zu konzentrieren, wie viele Pässe sich die Student*Innen im Video zugespielt hatten. Sie zählten richtig, übersahen dabei aber vielfach, dass da ein als Gorilla verkleideter Mensch durch das Bild tanzte.

Selektive Wahrnehmung, um mit Komplexität umzugehen

Wie Roboter sich in der komplizierten Menschenwelt zurechtfinden und mit der Umwelt interagieren, erforscht auch Professorin Nele Russwinkel am Fachbereich "Human Aware KI" an der Uni Lübeck. Sie sagt:

"Genau dieses Beispiel mit dem 'unsichtbaren' Gorilla thematisiere ich auch mit meinen Student*Innen. Tatsächlich haben wir eine sehr selektive Wahrnehmung. Und genau diese brauchen wir auch, um mit dieser Komplexität der Welt zurechtzukommen. Und wir haben auch konkrete Erwartungen für bestimmte Situationen. Und das versuchen wir nun auch, Pepper beizubringen, welche Punkte wirklich relevant sind, was zu einer Situation gehört, welche Erwartungen damit einhergehen, das ermöglicht schon eine ganz andere Interaktion mit dem Roboter."

Nächste Woche dreht sich bei Pepper alles um das Thema: "Plattdeutsch lernen". Nicht ganz unwichtig, für einen Roboter, der ein Teil der norddeutschen Kultur werden will.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 04.09.2023 | 20:15 Uhr

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