"Vom Rand der Zeit": Neues Album von Olli Schulz
Der Hamburger Olli Schulz ist Podcaster, Schauspieler, Hausbootbesitzer und vor allem ein Liedermacher, der irgendwie auch gerne ein Rockstar wäre. Knapp sechs Jahre mussten Fans aufs neue Album warten. Nun ist es da und heißt "Vom Rand der Zeit".
Die Haare zerzaust, die Ansagen "nuschelnd nordisch" und stets die Akustikgitarre zur Hand, so kennt man Olli Schulz. Jetzt, mit Anfang 50, geht der Hamburger noch einen Schritt weiter. Auf seinem neuen Album zeigt er sich als Liedermacher-Plus: "Wie Bob Dylan, als er anfing, seine musikalische E-Gitarren-Phase zu haben - obwohl ich mich jetzt auch nicht mit Bob Dylan vergleichen will."
Bei aller hanseatischen Bescheidenheit - Parallelen gibt es schon. Denn ähnlich wie bei Bob Dylan kommt es bei Olli Schulz' Liedern nicht so sehr darauf an, wie er sie singt, sondern mit welchen Worten. So handelt der Titeltrack von einer wahren Begegnung in einer Berliner Bar. Damals traf Schulz auf einen Verlorenen, jemand, der mit der Zeit nicht mehr mithalten konnte. Für ihn ein Umstand, der viele Menschen angeht: "Ich denke generell, dass es vielen Menschen so geht, dass sie sich der Zeit gerade nicht gewappnet fühlen, und dass sie nicht begreifen können, was gerade abgeht. Da fühlt man sich eben am Rand der Zeit. Das fand ich einen stimmigen Titel."
Album zeigt gefühlvolle Seite von Olli Schulz
Stimmig ist auch, dass Schulz jetzt Gefühle zeigt. Im Lied "So schreibt man seinen Song" feiert er das Leben und die Musik und auf "Silvester" sogar die Geburt seines Sohnes zum Jahreswechsel. "Wenn du in dieser Zeit die Geburt mitmachst, dann hörst du die Böller nur ganz weit im Hintergrund", erzählt der Songwriter.
Olli Schulz zeigt sich auf weiten Strecken des Albums von seiner gefühlvollen Seite. Ein Risiko, das er ganz bewusst eingeht: "Mit dem ersten Lied auf der Platte habe ich gewusst, dass ich mich in ein Klischee begebe und damit auf einer Ebene mit Leuten stehe, die nur solche Musik machen, die ich kritisiert habe. Aber ich muss aus tiefstem Herzen sagen, dass ich wirklich so empfunden habe, in einer Zeit, in der es ganz viele gesellschaftliche Veränderungen und Diskussionen gibt, wo ich glaube, dass wir miteinander glücklich sein können."
Auf "Vom Rand der Zeit" ist Schulz mehr ein Chronist, als ein Crooner
Neben Songs, die auf wahren Erlebnissen beruhen, bleibt aber auch noch Platz für Lustig-Fiktives. So, wie "Stadtfest in Bonn". Ein Duett, das er schon immer mit dieser einen Kollegin und Freundin machen wollte: Ina Müller: "Das ist die Geschichte über ein altes Showpärchen, das sich hasst, und trotzdem auf der Bühne über Liebe singen muss. Wie lange die das wohl noch durchhalten, wenn die Liebe erloschen ist und sie nur noch aus kapitalistischen Gründen zusammen sind, um die Kohle ranzuholen und uns was vorzugaukeln. Ina hat das perfekt gemacht."
Kein Stadtfest in Bonn, sondern ein Tourstart in Bielefeld signalisiert, dass die lange Zeit des Wartens auf das neue Album endlich vorbei ist. Auf "Vom Rand der Zeit" gibt sich Olli Schulz in genau elf Liedern mehr als ein Chronist, als ein Crooner.
Vom Rand der Zeit
- Genre:
- Pop
- Label:
- Runde Hunde Records
- Veröffentlichungsdatum:
- 09.02.2024