Nicht nur am Vibraphon virtuos: Vivi Vassileva
Vivi Vassileva hat sich schon als Kind ins Trommeln verliebt und übt acht bis neun Stunden am Tag. Sie spielt nicht nur auf Vibraphon, diversen Trommeln und anderem Schlagwerk, sondern auch mal auf einer Plastikflasche.
Sie möchte ein junges Publikum für die zeitgenössische Musik begeistern, denn schließlich sei Schlagzeug das "Instrument des 21. Jahrhunderts": Vivi Vassileva, Trägerin des diesjährigen Leonard Bernstein Award beim Schleswig-Holstein Musik Festival, hat ehrgeizige Ziele. Die junge Musikerin hat sich schon als Kind ins Trommeln verliebt. Heute übt sie acht bis neun Stunden täglich und füllt als vielseitige Percussionistin schon jetzt große Konzertsäle.
Dabei spielt Vassileva nicht nur auf Vibraphon, diversen Trommeln und anderem Schlagwerk, sondern durchaus auch mal auf einer Plastikflasche. Nachhaltigkeit ist ihr nämlich ein Anliegen. Kurz vor ihrem Preisträgerinnen-Konzert beim Schleswig-Holstein Musik Festival gastiert die temperamentvolle Fränkin mit bulgarischen Wurzeln bei NDR Kultur EXTRA. Mit dabei: der Gitarrist Lucas Campara Diniz, ihr Vibraphon und eine Plastikflasche.
Was bedeutet dir der Leonard Bernstein Award?
Vivi Vassileva: Das ist eine riesengroße Ehre für mich. Ich habe die Preisträger immer extrem bewundert und hätte mir nie ausmalen können, dass ich eines Tages Preisträgerin sein könnte. Ich freue mich riesig. Ich bin extrem dankbar. Es ist aber auch eine Bestätigung für mich, dass das Schlagzeug jetzt das Instrument des Jahrhunderts ist und wir total im Kommen sind. Dass wir, die neuen Komponistinnen und Komponisten, anregen. Ich freue mich riesig.
Vivi, du hast schon gesagt, für dich ist das Schlagzeug das Instrument des Jahrhunderts. Was macht es für dich dazu?
Vassileva: Wir sind einfach in jeder Kultur vertreten. Wir entdecken immer wieder neues Instrumentarium, wir sind fasziniert von der Kultur, von jeder Ecke der Welt, weil es dort immer wieder neue Klänge, neue Instrumente, neue Techniken und neue Spiel-Methoden zu entdecken gibt. Das fasziniert uns und wir sind einfach total neugierig. Ich denke auch, dass das für uns die Zukunft der Menschheit ist, wie wir uns den Herausforderungen stellen, die wir im 21. Jahrhundert haben. Wir schaffen das nur, wenn wir gemeinsam arbeiten. Ich glaube, in der klassischen Musik sind wir Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger die Vorreiter, weil wir die anderen Instrumente nicht nur akzeptieren, sondern wir wollen die und sind richtig hungrig und wissbegierig und fasziniert von anderen Kulturen, von anderen Instrumenten, von komplett anderen Spieltechniken, die wir traditionell kennen. Wir sind völlig offen. Ich finde, wenn die Gesellschaft so funktioniert, dann können wir ein besseres Miteinander haben.
Jetzt spielt ihr beiden im Duo schon seit 2017. Was fasziniert dich als Gitarrist an dieser Kombination mit Schlagzeug?
Lucas Campara Diniz: Das ist natürlich für mich ein Privileg, dass ich da auch involviert sein kann. Als Duo kann ich auch ein bisschen Schlagzeug spielen und die Klangfarben sind unendlich. Das Vibraphon und die Gitarre ergänzen sich gut. Wir können sehr viel Harmonien und Melodien spielen. Ich kann auch mal auf der Gitarre klopfen, sodass ich ein bisschen Schlagzeug auf der Gitarre spiele. Vivi hat unendlich viele Instrumente mit dabei und dadurch wird unsere Musik extrem reich.
Ihr beiden seid ein Paar. Lucas, wie ist das Zuhause? Ist Vivi auch mal still oder trommelt sie die ganze Zeit auf irgendwelchen Töpfen oder auf dem Küchentisch rum?
Campara Diniz: Ich glaube, bei uns gibt es kaum Stille. Bei uns zu Hause ist alles ein Instrument und wir üben im Wohnzimmer und egal wo wir sind. Zuhause üben wir, wir machen Musik, sprechen immer über Musik, überlegen uns neue Projekte, schmieden Pläne und so sollte es sein.
Die Musik ist also omnipräsent. Vivi, du machst auch auf Dingen Musik, die eigentlich gar keine Instrumente sind, zum Beispiel Plastikflaschen.
Vassileva: Genau, ich habe die Plastikflaschen-Kadenz aus dem Recycling Concerto von Gregor Maihöfer mitgebracht. Vorneweg möchte ich sagen, es ist alles notiert, was ich spiele, es ist nichts improvisiert. Der Gregor hat sich gute Gedanken gemacht und im Schlagzeuger-Sinne versucht, aus einem alltäglichen Gegenstand unendlich viele Sounds rauszuholen. Das versuchen wir mit dieser Kadenz. Neben der Faszination der Klänge, die man aus einem alltäglichen Gegenstand herausholen kann, ist der Gedanke sehr wichtig für uns, ein Zeichen zu setzen und zu motivieren. Wir wissen, wir werden mit einem Recycling Concerto nicht die Welt retten, aber wir können motivieren. Es gibt so viel Plastik im Meer, es wird potenziell immer mehr, und wir möchten sagen, wir Menschen müssen jetzt eine Lösung für dieses Problem finden. Denn wir sind die kreativsten Köpfe, die dieser Planet zu bieten hat. Wenn wir Müll zum Singen bringen können und wenn wir aus Müll Musik machen können, dann muss es für uns als Menschheit eine Lösung geben.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.