Neo-Soul-Sängerin Nneka beglückt Hamburg: Eindeutig groovy
Die Sängerin Nneka ist eine der seltenen weiblichen Stars im Neo-Soul. Am Dienstag hat sie in der Hamburger Fabrik ihre Deutschland-Tournee gestartet. Einen Tag danach spielte sie in Hannover.
Es ist kurz nach 21 Uhr. Eine vierköpfige Band hat ihren Platz eingenommen und spielt ein dramatisches Intro. Da schlendert Nneka auf die Bühne: Ganz zart, im dicken Mantel über einem blauen, gemütlichen Einteiler, eine Kappe über dem Zopf und ein breiter, gelber Schal, der ihren zierlichen Körper umhüllt. Die Musikerin startet ihr Konzert so, als bräuchte sie einen Kokon. "With You" ist der erste von insgesamt 13 Titeln, die sie an diesem Abend spielen wird. Dabei zeigt die Künstlerin einen Querschnitt aus gut 20 Jahren ihres musikalischen Schaffens.
Nneka in Hamburg: "Lasst uns Musik machen!"
Das In-Sich-Gekehrt-Sein wirkt, "als habe sie anfangs schlechte Laune gehabt", meint eine Besucherin hinterher. Doch ist das wirklich der Fall? Nneka macht eher den Eindruck, als wolle sie sich sammeln, nur um in jedem ihrer Songs mehr von sich zu geben. Was sie im Laufe des Konzerts dann auch eindrücklich zelebriert.
"Es ist lange her", begrüßt Nneka dann endlich nach fünf Liedern ihr Publikum. "Danke, dass ihr gekommen seid. Danke, dass ihr euch überwunden habt und hier seid. Denn es gab viele Einschränkungen, die wir alle geschaffen haben, wie den Rückzug und das Alleinsein, Schwierigkeiten, die wir alle durchmachen mussten. Aber jetzt sind wir hier, am Leben. Also, lasst uns Musik machen!"
Auftaktkonzert der Deutschland-Tournee
Ihre Band macht mit ihr eine Musik, die eher danach aussieht, als wären sie gerade im Proberaum statt auf dem Auftaktkonzert ihrer Deutschlandtournee. Sie stehen umeinander, hören sich zu, pflegen den Blickkontakt, ohne dabei im Geringsten posieren zu müssen. Mit dem Ergebnis, dass die Musik ganz natürlich fließt, lebt, und zum Experiment einlädt. Das ist dem Jazz viel näher als dem Rock 'n' Roll, bleibt an diesem Abend aber auch eindeutig groovy. Nneka selbst mischt als Instrumentalistin mit. Sie setzt sich bei "Babylon" auf die Cajon, trommelt mit und schafft es, auch in gebeugter Halterung mühelos ihre hohen Töne hervorzubringen. Später bei "Shining Star" nimmt sie die ganze Bühne ein und begleitet sich auf der Akustikgitarre.
Nneka in der Fabrik: Musik wird zum Gebet
Ob im klassischen Afro-Beat à la Fela Kuti, im leichten Reggae-Gewand oder begleitet von beinahe derben Gitarren-Rock-Soli mit Schlagzeug: Nneka zelebriert ihre Songs, als seien sie Gebete. "You are my energy, you are my frequency when I tune into you" singt sie kurz vor Schluss ihres knapp 100 Minuten langen Konzertes.
Bei der Zugabe wird die Bühne erst zur Jam-Session, dann zur Kirche. Mit einer Geste, als würde sie einen Lichtstrahl aus den Wolken ziehen, um ihn auf dem Bühnenboden abzusetzen, segnet Nneka zum Abschied sich und ihr Publikum. Und zieht sich zurück in ihren Kokon, dieses Mal mit einem stillen Lächeln im Gesicht. Der Auftakt nach dem langen, pandemiebedingten Schweigen ist geglückt.