"Milieu": Bernd Begemann selbstironisch und mit voller Energie

Stand: 19.04.2024 12:11 Uhr

Bernd Begemann ist so etwas wie eine musikalische Hamburgensie: Seine Konzerte sind legendär, unter drei Stunden kommt man da nicht raus. Seine Kreativität ist auch mit 61 ungebrochen, jetzt ist sein 30. Album erschienen.

von Susanne Hasenjäger

"Ich habe da eine Dramaturgie von der Realität, in der Art, das man sich etwas zurückzieht. Und dann wendet man sich wieder der Welt zu, führt eine Beziehung, die geht dann schief. Und dann schaut man wieder ein bisschen in die Welt. Und der letzte Satz des Album heißt 'Diese Geschichte von mir erzählt letztlich nur, wie ich bescheiden wurde'. Da bin ich jetzt in meinem Leben, das kann ich ehrlich sagen", beschreibt Begemann den Entstehungsprozess seines neuen Albums.

Bescheiden? Bernd Begemann, der von seinen Fans - vermutlich sogar zu Recht - als der größte Entertainer des Landes bezeichnet wird: "Auf der Bühne habe ich eine flamboyante Art, so dieses Hans-Albers-Ding 'Hoppla, jetzt komm ich'. Das ist so die Benutzer-Oberfläche. Aber die Friedhöfe sind ja voll von Leuten, die sich für großartig und unersetzbar hielten. Ich kann meine eigene Grandezza nicht so ernst nehmen", sagt Begemann. Selbstironie, die bei dem Musiker immer schon in den Bereich der klugen Comedy reicht - auch auf dem neuen Album.

"Ich stehe nicht auf politische Lieder"

Während andere in diesen Zeiten politische Lieder machen, zieht sich Begemann also eher zurück - fast: "Ich steh' nicht auf politische Lieder und ich steh' nicht auf Slogans, ich finde das so anstrengend. Aber dieser Slogan 'Gemäßigt ist das neue radikal', den brauche ich, und den vermisse ich. Ich finde wir sollten unser Gemeinwesen mehr würdigen, beschwören und darauf pochen - und glücklich sein und drei Kreuze machen, dass wir dieses wundervolle Grundgesetz haben."

Auf jeden Fall glücklich sein, dass es in dieser deutschsprachigen Musiklandschaft, mit den ganzen Jungs mit Drei-Tage-Bart und Kappie, oder den unfassbar erfolgreichen Gangsta-Rappern mit Autotune, Bernd Begemann gibt: "Diese ganzen Berliner Gangsta-Rapper sind doch total unglaubwürdig. Singen 'Ich bin gegen den Staat', aber kaum brennt ihr Lamborghini, sagen sie 'Ich brauche Polizeischutz'. Wer hört diesen Leuten zu? Ich nicht."

Voll unendlicher Energie

Dem Begemann kann man zuhören: Zuhause im eigenen Bett - oder noch besser, sich von seiner unendlichen Energie live in sein Werk von inzwischen 440 Songs reinziehen zu lassen. "Für mich ist immer das Lied im Mittelpunkt. Ich strebe immer nach diesem Zustand, in ein Lied reinzukommen. Wenn ich dann im Lied drin bin, strebe ich danach, die anderen mitreinzuziehen. Und dann sind wir an diesem wundervollen Ort, ich will, dass es nicht aufhört - und deshalb sind meine Konzerte zu lang."

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