Hommage an eine Legende: The Joni Project
Stefanie Hempel, Anne de Wolff und Iris Romen interpretieren die Meisterwerke der legendären Singer-Songwriterin Joni Mitchell neu. Was die Magie ihrer Songs ausmacht, erzählen die drei Musikerinnen im Interview.
Für ihr Jubiläumskonzert im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel haben die drei Sängerinnen und Multiinstrumentalistinnen begeisterte Kritiken geerntet. Dabei haben sich Stefanie Hempel, Anne de Wolff und Iris Romen mit der Hommage an ihr großes Vorbild Joni Mitchell einiges vorgenommen. Denn wie kann man dieser Legende des Songwriting gerecht werden, ohne sich zu verheben? Die drei exzellenten Musikerinnen haben ihren eigenen Weg gefunden: mit geschmackvoller Instrumentierung, filigranen Arrangements und hinreißendem Gesang. Bei NDR Kultur EXTRA präsentieren Stefanie Hempel, Anne de Wolff und Iris Romen Höhepunkte aus ihrem erfolgreichen Bühnenprogramm und feiern einmal mehr die zeitlos schönen Songs von Joni Mitchell.
Wir machen eine Reise durch die Musikwelt Joni Mitchells mit dem Schwerpunkt auf dem Album "Blue" von 1971, prägend für etliche Musikerinnen und Musiker. Zum 50-jährigen Jubiläum dieses Albums habt ihr euch zusammengetan, wie hat das angefangen?
Stefanie Hempel: Wir haben uns in der dunkelsten Corona-Zeit, also im Winter 2021, gegründet. Ich saß zuhause und hatte kaum Hoffnung, wieder auftreten zu können. Ich habe mir gedacht, ich will was Schönes erleben. Mir fiel relativ schnell ein, dass eines meiner persönlichen Lieblingsalben "Blue" von Joni Mitchell 2021 50 Jahre alt geworden ist. Ich hatte ganz schnell die Vision, eher eine Traumvorstellung, das Album mit drei Frauen auf die Bühne zu bringen. Mir ist dann sofort Anne eingefallen. Ich wollte mit ihr schon immer mal Musik machen, das hatten wir noch nie gemacht, obwohl wir uns schon lange aus Hamburg kennen. Die Dritte war Iris. Ich habe sie über Instagram gefunden, wir kannten uns gar nicht persönlich. Über Zoom haben wir uns erstmal zusammengefunden, wie man das damals gemacht hat. Wir haben ein paar Songs aufgeteilt und uns zur ersten Probe bei Anne im Bluehouse Studio getroffen. Wir haben in der ersten Stunde der Probe gemerkt, das hat eine Magie. Alleine durch den Gesang, durch die Dreistimmigkeit, die ganz natürlich da war, obwohl im Album "Blue" wenig Dreistimmigkeiten sind. Es passte einfach.
Im vergangenen Jahr hat Joni Mitchell plötzlich beim Newport-Festival auf der Bühne gestanden. Sie tauchte in diesem großen Ohrensessel, diesem Thron auf und hat gesungen.
Hempel: Das war für die ganze Welt des Joni-Versums eine Riesenüberraschung, weil sie 2015 einen Schlaganfall hatte. Man hatte gehofft, dass sie wieder laufen und sprechen kann. Aber dass sie singen und auftreten würde, daran hat kaum jemand geglaubt, weil sie das vorher auch schon weniger gemacht hat. Das haben wir hauptsächlich Brandi Carlile zu verdanken, die mit Joni zusammen bei Joni zuhause regelmäßig Joni-Jams veranstaltet. Zu denen kommen ganz viele befreundete Künstlerinnen und Künstler und singen zusammen mit Joni. Irgendwann war es soweit, dass Joni dachte, ich kann es mir wieder vorstellen.
Wenn man mal versucht, in Worte zu fassen, was die Magie und die Aura der Joni Mitchell-Songs ausmacht: Was ist bei ihr anders als bei anderen?
Hempel: Ich finde, es gibt eine andere musikalische Tiefe und andere poetische Tiefe. Das erreicht kaum jemand so wie Joni Mitchell. Es gibt diese unglaubliche Verletzlichkeit, was immer wieder aufgewogen wird, auch durch diesen Humor in den Songs. Ich bin Fan geworden, als ich jugendlich war, mit 15 oder 16 Jahren, als die erste große unglückliche Liebe da war. Man findet bei Joni für jedes Alter was. Joni hat alles erlebt, und man kann für sich immer etwas daraus ziehen.
Ich glaube, diese Magie von Joni Mitchell hat auch mit ihren besonderen Akkorden zu tun. Das hat wiederum mit ihrer linken Hand zu tun. Joni hatte nämlich Kinderlähmung und deswegen hat sie eine besondere Grifftechnik entwickelt.
Iris Romen: Damit hat sie sich absolut einzigartig gemacht. Nicht nur damit, ihre ganze Genialität, die sie drum herum ausgebaut hat, in Kombination mit dieser Tiefe. Wenn man von einer Behinderung sprechen möchte, ist sie einfach brillant, was sie da gemacht hat.
Anne de Wolff: Sie nennt das auch "Cords of Inquiry", also die forschenden und offenen Akkorde. Das finde ich so schön. Wir haben selber auch ganz lange gesucht, gerade auch bei "A Case of You". Wie entsteht der Spirit, welche Stimmung und Schwingungen sind da? Ganz oft sind Töne im Akkord, wo man denkt, eigentlich gehören die da nicht hin, aber sie bringen einen gefühlten Mehrwert dazu.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.