Kammermusikalische Senkrechtstarter: Das Trio Orelon
Das Trio Orelon ist mehr als ein klassisches Klaviertrio - es ist eine Entdeckerformation und ein kammermusikalischer Senkrechtstarter, der am Mittwoch ein Live-Konzert bei NDR Kultur EXTRA gab.
Bereits vor zwei Jahren widmeten sich die Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs 2023 dem Schaffen von Amy Beach. Nun folgt ein weiteres Album mit Klaviertrios von Amanda Röntgen-Maier (1853–1894) und Dora Pejačević (1885–1923).
Pejačević, in Kroatien bis heute als Nationalikone verehrt, gilt als erste Komponistin ihres Landes von Rang. Ihre schwedische Kollegin Amanda Röntgen-Maier war nicht nur eine brillante Komponistin, sondern auch eine gefeierte Violinistin. Beide verband eine tiefe künstlerische Leidenschaft, ein biografischer Bezug zu Deutschland - und ein allzu kurzes Leben.
Mit großer musikalischer Intensität hat das Trio Orelon diese Werke nun eingespielt.
Herzlich willkommen bei NDR Kultur. Schön, dass ihr da seid. Eigentlich könnten wir euch auch mit "Bonvenon" begrüßen – das wäre Esperanto. Aus dieser Kunstsprache stammt der Name eures Trios. Das müssen wir erst einmal klären: Wie kam es dazu, Judith?
Judith Stapf: Wir haben lange überlegt - ein Name ist schließlich etwas, das uns auf lange Zeit begleiten soll. Tatsächlich hatte meine Mutter die Idee. Sie hat recherchiert und fand, dass Hören und Zuhören perfekt zur Musik und zu uns passt. Esperanto als Weltsprache - genau wie Musik - schien uns eine schöne Verbindung. Und wir mochten einfach den Klang von "Orelon". Es ist der Akkusativ von "Ohr" und bedeutet wörtlich "ins Ohr".
Ihr seid alle, ich sage mal, um die 30. Ein wichtiger Impuls für eure Karriere war euer Sieg beim ARD-Musikwettbewerb 2023. Ihr habt nicht nur den ersten Preis und drei Sonderpreise gewonnen, sondern auch den Publikumspreis - eine bedeutende Auszeichnung. Was hat sich seitdem für euch verändert?
Arnau Rovira i Bascompte: Der Wettbewerb hat viele Türen für uns geöffnet. Unser Konzertkalender hat sich im letzten Jahr sehr gefüllt, und wir wurden in renommierte Säle eingeladen - ein Traum für uns Musiker. Aber nicht nur äußerlich hat sich viel verändert, auch unser Gefühl auf der Bühne ist ein anderes. Natürlich bleibt eine gewisse Nervosität, aber es ist auch eine neue Sicherheit entstanden. Man fühlt sich ein bisschen, als wäre man angekommen.
![Cellist Arnau Rovira i Bascompte, Violinistin Judith Stapf und Pianist Marco Sanna bilden sitzen mit ihren Instrumenten zusammen und lachen. Cellist Arnau Rovira i Bascompte, Violinistin Judith Stapf und Pianist Marco Sanna bilden sitzen mit ihren Instrumenten zusammen und lachen. © Anna Fiolka](/kultur/service/newsletter/trioorelon102_v-contentgross.jpg)
Amanda Maier ist eine der Komponistinnen, die euch besonders fasziniert. Sie war nicht nur Geigerin, sondern auch Komponistin, stand in Kontakt mit Grieg und Brahms. Wodurch unterscheidet sich ihr musikalischer Stil?
Judith Stapf: Uns ist beim Entdecken neuer Musik besonders wichtig, dass eine Komponistin eine eigene, individuelle Klangsprache hat. Amanda Maier war eng mit Edvard Grieg befreundet, und natürlich war sie vom musikalischen Zeitgeist ihrer Epoche beeinflusst. Dennoch schwingt in ihrer Musik eine ganz eigene skandinavische, volkstümliche Note mit - das macht sie so besonders. Ihr Kompositionsstil ist nicht verkopft oder übermäßig komplex, sondern wirkt fast schlicht - aber gerade das verleiht ihm seinen Charme. Handwerklich ist ihre Musik zudem auf außergewöhnlich hohem Niveau.
Eine der begeistertsten Konzertkritiken der letzten Zeit erschien in der "Süddeutschen Zeitung". Dort war von einem "außergewöhnlichen Abend mit politischen Bezügen ins Hier und Jetzt" die Rede, von einem "klaren Bekenntnis gegen Rassismus und Hetze". Ihr habt in der Nähe von München Werke von Schumann, Riem und Weinberg gespielt. Müssen Veranstalter manchmal überzeugt werden, wenn es um Komponistinnen oder unbekanntere Namen geht?
Marco Sanna: Veranstalter müssen ihr Publikum erreichen und für Konzerte begeistern. Manche sind vorsichtig oder haben schlechte Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik oder wenig bekannten Komponistinnen gemacht. Es kommt vor, dass wir hören: "Das Programm können wir nicht einplanen, weil es das Publikum abschrecken könnte." Diese Sorge nehmen wir ernst. Deshalb moderieren wir unsere Stücke gerne an und geben den Zuhörenden einen Zugang zu dieser Musik. Und dann sind die Reaktionen meist sehr positiv - oft erleben wir ein Publikum, das mit großer Neugierde reagiert.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.
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