Die Nordstadtbraut in Hannover: Livemusik wie im Wohnzimmer
Sie ist wahrscheinlich die kleinste und angesagteste Live-Musikkneipe Hannovers: die Nordstadtbraut. Betreiberin Renate Marek macht alles alleine, vom Buchen der Bands bis zum Abwasch. Ein Porträt.
Renate Marek stapft trotz des grauen Wetters gut gelaunt durch Hannovers Nordstadt. Auf dem Bürgersteig dreht sie sich plötzlich um und reimt: "Schau dich um, atme einmal ein. Wer möchte hier nicht zu Hause sein?" Sie ist auf dem Weg zu ihrer Live-Musikkneipe, der Nordstadtbraut - die übrigens den gleichen Namen trägt, den sie als Künstlerin hat.
Die Nordstadtbraut: Fest mit dem Stadtteil verheiratet
Marek fühlt sich fest mit dem Stadtteil verheiratet - und erklärt: "Hier waren die Chaostage, und die ganze politische Szene sitzt in der Nordstadt." Schließlich hält sie vor ihrem Laden und schließt ihn auf. An den Wänden hängen Band-Poster, bunt verzierte Vinyl-Schallplatten und Lichterketten.
Die Betreiberin macht hier alles alleine, vom Buchen der Bands bis zum Abwasch. Man merkt: Sie kommt aus dem Punk - einer Szene, die vom Do-it-yourself-Gedanken geprägt ist. "Ich hätte den Laden auch schon mit 14 aufmachen können, da konnte ich schon dasselbe", so Marek. "Ich konnte schon einen eigenen Haushalt führen und mit 50 fremden Menschen in 'nem Punkerhaus sein. Wenn was passiert ist, habe ich mich gekümmert."
Applaus Award: Eine der besten Live-Musikspielstätten Deutschlands
Die sympathische Einzelkämpferin kann sich gar keinen anderen Stadtteil vorstellen als ihre Nordstadt. Während sie den Laden auf das Konzert am Abend vorbereitet, bringt sie es auf den Punkt: "Ich bin nicht irgendwer in Hamburg oder Berlin. Ich bin was Besonderes in Hannover."
Das sah auch die Jury des Applaus Awards der Kulturstaatsministerin so. Sie kürte die Nordstadtbraut vergangenes Jahr zu einer der besten Live-Musikspielstätten Deutschlands. Das Preisgeld von 30.000 Euro mindert zumindest kurzfristig die chronischen Finanzsorgen. Seitdem kommen auch mal 25 Künstler-Anfragen pro Tag rein.
Um alles kümmert sich die Betreiberin selbst
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Um alles kümmert sich Marek sich seit 2018 selbst. Ohne Mitarbeiter, ohne Handy, ohne Vorspielen. Musikalisch gilt: Nur nicht langweilen! Rund 15 Konzerte im Monat organisiert sie. Oft übernachten die Bands auch kostenlos bei ihr zu Hause.
Heute tritt Paul Plut in dem kleinen Laden auf. Der Künstler aus Österreich gilt als vielseitig und experimentell - und passt damit perfekt zur Nordstadtbraut. Mit seiner Teufelsgeige und allerlei anderen schrägen Instrumenten schafft er hier sofort eine besondere Atmosphäre. Der Musiker, der auch als Theaterkomponist arbeitet, findet: "Orte wie dieser sind extrem wichtig, weil wir uns hier als Künstler entfalten können."
"Renate ist die beste Gastgeberin überhaupt"
Der Eintritt in der Nordstadtbraut ist immer frei, Spenden für die Musik sind erwünscht. "Ich hätte jetzt eigentlich gedacht, ich müsste 40 Euro zahlen, um Paul Plut vor 1.000 Leuten zu sehen", erzählt ein Besucher. "Stattdessen gab es das Konzert für einen Soli-Beitrag in der Kneipe - das war schon ziemlich geil." Ein andere Besucherin schwärmt: "Renate ist die beste Gastgeberin überhaupt. Der Laden ist wie ein Wohnzimmer. Man ist hier zu Hause."
Zum Schluss wird es emotional. Renate Mareks Großmutter ist vor ein paar Monaten gestorben - und Paul Plut spielt einen Song für die Omas dieser Welt. "Das ist sehr schön - und auch sehr repräsentativ für diesen Laden", erzählt die Betreiberin gerührt. "Es muss ja nicht immer Punkrock sein."
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