Die Kunst des Klanges
Besondere Kundenwünsche
Vieles wird außer Haus hergestellt: All das, was andere Firmen besser und dazu viel preisgünstiger liefern können, sagt Stein. So auch der gesamte Massivholzzuschnitt, die Mechanik, die Gussplatten und auch die Stahlsaiten. Trotzdem bleibt noch genug Arbeit vor Ort, von der Flügelwandpressung bis zum Intonieren und Stimmen der fertigen Instrumente. Und viele Mitarbeiter sind stolze Grotrianer. "Als Klavierbauer bin ich natürlich spezialisiert", erklärt Martin Walter, "da muss ich bestimmte kürzere Anlernphasen haben, aber hier im Rohbau, was Flügel betrifft, bin ich an jeder Stelle einsetzbar. Und meine eigene Erfahrung bringe ich grundsätzlich mit ein." "Das ist etwas Einzigartiges, das kann nicht Jeder, das gibt es auch nicht oft", bestätigt sein Kollege Philipp Huhn.
Typisch für Grotrian-Steinweg: Die akustische Anlage wird getrennt vom Gehäuse gebaut, sodass spezielle Kundenwünsche, wie etwa eine Ferrari-rote Lackierung, auch noch relativ kurzfristig umgesetzt werden können. Weniger flexibel ist man bei akustischen Änderungen, denn natürlich soll ein wiedererkennbarer Klang gewahrt bleiben.
Auf den meisten großen Konzertpodien der Welt findet man heute Steinway-Flügel und keine Grotrian-Steinwegs. Aber das ist kein grundsätzliches Qualitätsurteil, weiß Burkhard Stein: "Ein Steinway ist eher für den Konzertbetrieb gebaut und hat ein großes Volumen, damit er sich gegen ein Orchester durchsetzen kann. Ein Grotrian bringt nicht ganz so viel Lautstärke, dafür aber meiner Meinung nach ein größeres Farbenspektrum im Klang, ähnlich wie die menschliche Stimme."
Der größte Fan: Clara Schuhmann
Und dass dieser Klang seine Liebhaber hat, beweisen die 180-jährige Erfolgsgeschichte der Firma und die Urteile vieler namhafter Künstler. Wilhelm Kempff fand den Klang gleichzeitig "kraftvoll" und "seraphisch zart", Walter Gieseking sprach vom "kultiviertesten Klavier der Welt", und Paul Hindemith kam nicht nur wegen seiner geliebten Braunschweiger Wurst, sondern auch wegen der Grotrian-Steinweg-Instrumente immer wieder in die Stadt.
Der erste große Fan war jedoch Clara Schumann. Die berühmte Pianistin besaß Flügel von Conrad Graf, Breitkopf & Härtel und Erard und hatte wenig Lust, sich auf einen neuen Klavierbauer einzulassen. Aber ein Probespiel überzeugte sie spontan, sodass sie beschloss, nur noch auf Instrumenten aus dem Haus Grotrian-Steinweg zu spielen.
Wirtschaftliche Lage immer schwieriger
Heute spielt die Musik heute buchstäblich in China. Ein passables chinesisches Klavier gibt es schon für wenige tausend Euro, die Marktführer heißen Pearl River, Xinghai Piano oder Hailun und etliche deutsche Firmen haben aufgegeben, wurden aufgekauft oder sehen sich genötigt, mit der Konkurrenz zu kooperieren. Von 450.000 Instrumenten, die weltweit pro Jahr gebaut werden, stammen 80 Prozent aus China und die meisten werden im eigenen Land verkauft.
Gleichzeitig wird die Lage auf den traditionellen Absatzmärkten in Europa und Nordamerika immer schwieriger. Auch Grotrian-Steinweg konnte sich diesem Trend nicht entziehen und musste sich im vergangenen Jahr einen Partner in China suchen, um neue Märkte für hochwertige, von Hand gefertigte Instrumente zu erschließen.
Grotrian-Steinweg wird weltweit geschätzt
Klaviere und Flügel aus dem Haus Grotrian-Steinweg werden von zahlreichen Musikschulen, Universitäten, Musikhochschulen, Kulturzentren und Konzerthäuser auf der ganzen Welt geschätzt. Manche Institutionen, wie das Pariser Konservatorium, stellen sogar ganz bewusst unterschiedliche Fabrikate auf, damit die Studenten ihre bevorzugten Instrumente herausfinden und gezielt für bestimmte Musikstücke und Epochen einsetzen können.
Auch in der Jugendförderung engagiert sich die Firma. Seit über 60 Jahren gibt es den Grotrian-Steinweg-Klavierwettbewerb für Jugendliche bis 18, anfangs regional ausgerichtet, inzwischen von internationaler Bedeutung. Zu den - zum Teil mehrfachen - Preisträgern gehören Ragna Schirmer, Lars Vogt, Sheila Arnold, Sophie Mautner, Igor Levit und die Schwestern Danae und Kiveli Dörken. Der nächste Wettbewerb findet im Januar 2017 statt und ist Clara Schumann gewidmet.
- Teil 1: In der Fabrik der Klavierbauer von Grotrian-Steinweg
- Teil 2: Besondere Kundenwünsche