Die Kunst des Klanges
"Jungs, baut gute Klaviere, dann kommt alles andere von selbst", sagte Wilhelm Grotrian einst zu seinen Söhnen. Inzwischen ist seine Braunschweiger Klaviermanufaktur ein Familienbetrieb in sechster Generation. Und auch wenn die Zeiten sich geändert haben und mit guter Arbeit nicht mehr alles andere von selbst kommt, gehört Grotrian-Steinweg immer noch zu den namhaftesten Klavierfirmen der Welt.
1835 baute Heinrich Engelhard Steinweg in Seesen im Harz sein erstes Klavier; es ist noch heute im Braunschweiger Stadtmuseum zu bewundern. Das Museum beherbergt eine umfangreiche Sammlung von Klavieren und Flügeln; sie stammen aus einer Schenkung der Familie Grotrian-Steinweg anlässlich ihres 150. Firmenjubiläums. Die meisten lagern in Depots und haben während des Zweiten Weltkriegs stark gelitten. Nur ein Bruchteil kann ausgestellt oder gar gespielt werden, und für die Restaurierung der vielen wertvollen Instrumente wird dringend Geld benötigt.
Prachtstücke und Kuriositäten
Zu den Prachtstücken in der Ausstellung gehört der braune Salonflügel mit der Fabriknummer 3848, der von Clara Schumann bestellt und an Heiligabend 1879 aus Braunschweig nach Frankfurt am Main gesandt wurde. Er ist auch heute noch in einem ausgezeichneten Zustand und gelegentlich bei kleinen Konzerten im Museum zu hören.
Ein Kuriosum ist ein Grotrian-Steinweg-Klavier von 1988 mit einer durchsichtigen Außenhülle aus Acrylglas. Sie erlaubt einen Blick in die komplizierte Mechanik des Instruments und macht neugierig auf den aufwändigen Herstellungsprozess.
Den kann man bei einem Rundgang durch die Fabrik kennenlernen - online auf der Homepage des Unternehmens oder noch viel besser vor Ort.
Qualität hat ihren Preis
Die moderne Pianomanufaktur Grotrian-Steinweg liegt seit 1974 in einem Industriegebiet am Rand der Stadt. Insgesamt 60 Mitarbeiter sind dort tätig, die meisten von ihnen Klavierbauer, dazu Tischler, Lackierer und Schlosser.
Zur Ausbildung der Klavierbauer gehört auf Wunsch auch kostenloser Klavierunterricht, damit sie die Funktionsweise und die Klänge der Instrumente kennen und erzeugen können, erzählt Burkhard Stein. Er stammt selbst aus einer Familie von Klavierbauern und hat den Beruf gelernt, weil ihn das vielseitige Handwerk noch heute fasziniert und er gern mit Künstlern und anderen interessanten Menschen zu tun hat. Seit 1999 ist er Geschäftsführer von Grotrian-Steinweg, und die Betriebsführung macht er mit viel Hingabe. Und ein Phänomen beobachtet er immer wieder: den Aha-Effekt, wenn Interessenten sich über den stolzen Preis von 10.000 bis 25.000 Euro für ein Klavier wundern: "Wenn man ihnen bei einem Fabrikbesuch gezeigt hat, wie so ein Instrument gefertigt wird - wir bauen ja zu 75 Prozent in Handarbeit zu den entsprechenden Löhnen, die in Deutschland gezahlt werden und mit Liebe zum Detail und feiner Ausarbeitung -, dann finden sie eine Relation für sich und sagen: Klar, jetzt kann ich verstehen, wie ein solcher Preis entsteht"
- Teil 1: In der Fabrik der Klavierbauer von Grotrian-Steinweg
- Teil 2: Besondere Kundenwünsche