Festspielsommer MV: Mehr Publikum und ein begeisterter Preisträger
Heute geht der Festspielsommer mit einem Konzert in Wismar zu Ende. Der Preisträger Martynas Levickis fühlt sich nach rund 30 Konzerten Land und Leuten stark verbunden; die Intendantin freut sich über mehr Publikum. Eine Bilanz.
Im November wird das Programm für das nächste Jahr präsentiert und dann wird auch bekanntgegeben, welcher Solist, welche Solistin oder welches Ensemble als Preisträger den Festspielsommers 2024 in Mecklenburg-Vorpommern prägen darf.
Martynas Levickis: "Kaum zu glauben, dass es so schnell ging"
Mit Paganini, in einer Bearbeitung für Streichquartett und Akkordeon, ging der Festspielsommer für Martynas Levickis in dieser Woche in Grabow und Wismar zu Ende. "Als ich auf der Bühne saß, fühlte es sich nostalgisch und ein wenig traurig an", so der Akkordeonist. "Es ist kaum zu glauben, dass es so schnell ging. Während des musikalischen Sommers passierten so viele Abenteuer als musikalische Begegnungen mit Menschen, die ich kennengelernt habe. Es ist also wirklich eine Mischung aus Gefühlen."
Begonnen hatte der Sommer für den 33-jährigen Litauer Mitte Juni in der Neubrandenburger Konzertkirche. Levickis eröffnete die Festspiele mit der von ihm komponierten Festspiel-Ouvertüre. Es folgten rund 30 Konzerte, die er sehr genießen konnte: "Ziemlich viele Leute kamen zu mir und sagten, sie seien in ihrem neunten oder 14. Konzert. Das überwältigt mich wirklich und ich merke, wie viel Liebe das Publikum mir, meinem Instrument und meinen Programmen entgegenbringt. Ich fühle mich jetzt definitiv viel mehr mit dem Land, dem Festival und dem Publikum verbunden."
Intendantin Haselböck zeigt sich zufrieden
Die Intendantin der Festspiele, Ursula Haselböck, blickt künstlerisch entspannt auf die vergangenen drei Monate zurück - mit vielen Höhepunkten, an denen Martynas Levickis beteiligt war: "Er ist begeistert, ist noch mehr verliebt in dieses schöne Land Mecklenburg-Vorpommern und hat sehr viele tolle Projekte realisieren können. Zum Beispiel die Uraufführung des Konzerts von Daniel Nelson mit dem Bundesjugendorchester oder die 'Rhapsody in Blue' zum Eröffnungskonzert. Allen in den Ohren klingt natürlich auch noch das herrliche Konzert mit der NDR Radiophilharmonie in Redefin."
Gerade dieses Konzert Anfang September ist dem Akkordeonspieler ganz besonders in Erinnerung geblieben: "Als ich dort die Zugabe spielte, verfiel ich, glaube ich, zu sehr in die Musik. Ich schlug etwas zu stark auf mein Akkordeon ein, sodass es zerbrach und ich das Stück mit einer abgebrochenen, offenen Taste beenden musste. Es war also ständig ein Geräusch im Hintergrund zu hören. Es war nicht sehr offensichtlich. Nicht jeder spürte es, aber diejenigen, die es spürten, dachten, ich würde summen. Ich interessiere mich so sehr für Musik, dass ich von innen heraus singe. Aber tatsächlich war das Akkordeon kaputt. Es war also ein sehr intensives Wochenende."
Klaus Maria Brandauer: Goethe-Lesung mit Beethoven-Musik
In Redefin führte im Juli die Camerata Salzburg Beethovens Musik zu Goethes Trauerspiel "Egmont" auf und Schauspieler Klaus Maria Brandauer las die Texte. "Seit wir alle leben ist überall Krieg, und das ist schrecklich", so der gebürtige Österreicher. "Wir können nur schauen, dass wir irgendwo dabei sind, wo wir uns damit wirklich richtig auseinandersetzen. Das macht man auch an so einem Abend in einem für die Musik geöffneten Raum - das ist doch herrlich."
Während der Schauspieler kurz zuvor seinen 80. Geburtstag feierte, ehrten die Festspiele den Geiger Daniel Hope. Der wurde im August 50 und ist den Festspielen seit einem Vierteljahrhundert verbunden. "Das Publikum ist nach wie vor großartig, so warmherzig und so bei uns", schwärmt Hope. "Diese Mischung zwischen dem Ländlichen und der puren Musik, das hat mich immer begeistert. Den Rest des Jahres sind wir in den großen Städten, touren um die Welt. Vieles davon ist schön, aber anonym. Hier ist nichts Anonymes, hier ist es persönliches. Und das gefällt mir sehr." In Wismar präsentierte Hope gemeinsam mit dem New Century Chamber Orchestra San Francisco Filmmusiken von Ennio Morricone.
Harfenistin Agnés Clément: "Ist es mein Akzent?"
In der Produktionshalle der Mecklenburger Metallguss GmbH in Waren wurden im Juli gleich sechs französische Musikerinnen und Musiker als neue Festspiel-Preisträger geehrt. Zu ihnen gehört die Harfenistin Agnés Clément. Sie lobt, dass das Publikum in Deutschland mehr lacht als in Frankreich: "Vielleicht ist es wegen meines Akzents? Wenn ich in Paris einen Scherz mache, kriege ich nicht den gleichen Enthusiasmus."
Der diesjährige Festspielsommer war nach drei Jahren der erste ohne Einschränkungen durch die Pandemie. Es kamen wieder mehr Gäste zu den Konzerten. "Es gab eine deutliche Steigerung im Vergleich zum letzten Jahr", so Intendantin Haselböck. "Das ist die gute Nachricht. Wir sind bei etwa 65.000 Besuchern in diesem Sommer gewesen, was wunderbar ist. Zum Vergleich: 2019 waren wir bei etwa 80.000, also ist noch etwas Luft nach oben. Als privat finanziertes Festival, das sich großteils aus Einnahmen finanziert, müssen wir auch im nächsten Jahr noch einmal ordentlich aufholen. Wir sind aber sehr optimistisch, dass wir das auch schaffen."
Trotzdem waren nicht alle großen Konzerte ausverkauft
Gerade die großen Veranstaltungen wie die Konzerte in Redefin oder beim Kleinen Fest im Großen Schlosspark in Ludwigslust waren nicht so besucht, wie von den Organisatoren gewünscht. Allerdings gab es auch insgesamt 57 ausverkaufte Konzerte.
Die Festspiele 2024 sind bereits geplant. Martynas Levickis kann sich sehr gut vorstellen, wieder nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen. Darüber hat er sich bereits mit dem Klarinettisten Matthias Schorn, Preisträger des Festspielsommers 2013, ausgetauscht: "Wir treffen uns etwa alle zwei Jahre. Und ich sagte: Na ja, ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Und er sagte, wir gehören jetzt, durch den Preis der Festspiele, zur Familie - zur engsten Familie, schätze ich. Ich hoffe nur, dass ich etwas Neues und Aufregendes bieten kann, denn bisher waren diese 30 Konzerte fast alle unterschiedliche Programme. Sie zeigten die verschiedenen Facetten des Akkordeons. Es ist sehr schwer, das zu toppen."
Festspielsommer: Abschlusskonzert am 17. September
Zum Abschluss des Festspielsommers Mecklenburg-Vorpommern kommt das Hamburger NDR Elbphilharmonie Orchester, begleitet von der Pianistin Anna Vinnitskaya, in die St. Georgen Kirche nach Wismar. Auf dem Programm steht das 2. Klavierkonzert von Rachmaninow und die 5. Sinfonie von Prokofjew.