Voller Leidenschaft und Akribie: Der Pianist András Schiff ist 70 geworden
Immer setzt sich András Schiff intensiv mit den Komponisten auseinander, die er spielt. Meist führt er ganze Zyklen auf, analytisch und voller Herzblut. Nun feierte der Pianist seinen 70. Geburtstag.
Es gibt nicht viele Pianisten, die mit mehreren Fertigkeiten gleichermaßen beeindrucken. Bei András Schiff sind es seine Genauigkeit, die sich mitunter bis zur Akribie steigert, seine Fähigkeit zur dramatischen Gestaltung und die hörbar tief empfundenen Emotionen.
Facettenreich ist nicht nur sein Anschlag
Jeder Ton, jedes Detail ist ein wichtiges Mosaiksteinchen, das er sehr bewusst ins Gesamtbild einfügt. Pedantisch und leidenschaftlich zugleich denkt er sich in die Musik hinein und erforscht das Innere des Werkes. Er sieht sich nicht als Museumswächter. Er will die Musik lebendig machen. "Das muss man pflegen und neu denken, neu interpretieren", sagt Schiff.
Facettenreich ist nicht nur Schiffs Anschlag, sondern auch die Wahl seiner Instrumente. Wenn er auf dem modernen Flügel spielt, hört man deutlich seine Kenntnisse über die Barockmusik, die Clavichorde und Cembali der Zeit. Mitunter hat er sie auch für Konzerte und Aufnahmen ausgewählt.
Akribische Auswahl seiner Instrumente
Bach auf dem Clavichord, Beethoven auf einem Bechstein-Flügel von 1921 oder Schubert auf einem Brodman-Hammerflügel von 1820.
"Ich fühle mich als ein traditionsbewusster Musiker", sagt Schiff. In Ungarn geboren ist ihm Wien und Osteuropa musikalisch und kulturell sehr nah, auch wenn er Ungarn aus politischen Gründen inzwischen meidet. Er hat mit Kurtág gelernt wie mit vielen Universellen, die nicht nur ihr "Instrument", ihr Ausdrucksmittel gesehen haben, seien es Instrumentalisten, Dirigenten oder Komponisten.
Mit 14 ging András Schiff bereits nach London, um mit George Malcolm zu arbeiten. "Er war damals als ein sehr gefeierter Cembalist bekannt, aber er war viel mehr: Ein großartiger Pianist und Organist und Dirigent und Chorleiter und Komponist – er ist ein Renaissancemensch."
Schiff fühlt sich der Musik verpflichtet
Vielseitig und der Musik, der Kunst im Allgemeinen verpflichtet wie András Schiff: Auch er dirigiert inzwischen und ist nicht nur Solist, sondern auch ein passionierter Kammermusiker.
Ein Kammermusikfestival am Mondsee in Österreich und in der Schweiz in Ittingen hat Schiff gegründet, mit Jörg Widmann, Cecilia Bartoli und natürlich mit seiner Frau, der Geigerin Yuuko Shiokawa, zusammen musiziert.
András Schiff lebt heute in London, Florenz und Basel. Er hat zahlreiche musikalische Auszeichnungen erhalten, wurde 2014 von der Queen geadelt und in den Ritterstand erhoben. Doch was Sir András Schiff am meisten auszeichnet: Er bleibt sich selbst treu - als Mensch und als Musiker.
Seinen Geburtstag am 21. Dezember feiert er - wo sonst - auf der Bühne, spielt einen seiner liebsten Komponisten, J. S. Bach, in Berlin, im Pierre-Boulez-Saal.
Aus Anlass dieses runden Geburtstags widmet ihm die Elbphilharmonie bis Ende Juni 2024 einen mehrteiligen Schwerpunkt in ihrem Programm.