Überwältigendes Klangerlebnis: Elbphilharmonie Orchester eröffnet Saison
Ein selten aufgeführtes Mammutwerk bei der Opening Night in der Elbphilharmonie: Das NDR Elbphilharmonie Orchester unter Alan Gilbert eröffnete die neue Saison am Mittwoch mit Arnold Schönbergs "Gurre-Liedern".
Schönbergs "Gurre-Lieder" sind eine dramatische Kantate mit opernhaften Elementen, die viele Beteiligte fordert. So hatte Dirigent Alan Gilbert neben dem Orchester im Großen Saal des Hamburger Konzerthauses noch drei Chöre, fünf Gesangssolisten und einen Sprecher zu dirigieren. Zu Beginn seiner "Gurre-Lieder" entfacht Arnold Schönberg einen weichen, romantischen Klangzauber. Den reizt Alan Gilbert mit dem NDR Elbphiharmonie Orchester aus. Sinnlich, feinsinnig und transparent.
Der Saal von duftenden Farben erfüllt
Über 130 Musikerinnen und Musiker sitzen auf der Bühne. Hochkonzentriert und in engem Kontakt mit ihrem Chefdirigenten. Sie füllen den Saal mit duftigen Farben. Die Holzbläser tschilpen und zwitschern über sanft wehenden Streichern. Ein musikalisches Bild für die Naturstimmung des Stücks, aus der sich eine tragische Geschichte entfaltet - inspiriert von Gedichten über eine mittelalterliche Sage.
König Waldemar lebt auf der dänischen Burg Gurre. Er ist heimlich entflammt für Tove, ein Mädchen aus dem Volk. Und Tove liebt ihn auch zurück. Aber die beiden dürfen nicht zusammenfinden, jedenfalls nicht in diesem Leben, denn die Königin lässt Tove ermorden.
Herausforderung für alle Beteiligten
Dieses Drama, von Schönberg opulent vertont, wird unter Leitung von Alan Gilbert zu einem packenden Erlebnis. Er formt mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester dichte Spannungsbögen und hat die riesige Besetzung im Griff. "Dieses Stück ist immer eine Herausforderung, was die Balance und das Wahrnehmen der wichtigen Stimmen angeht, sowohl im Orchester als auch im Gesang", erzählt Alan Gilbert.
Starker Auftritt der Chöre
Unter den Solisten ragen die beiden Frauen heraus. Die Sopranistin Christina Nilsson besticht als Tove mit ihrem üppigen Timbre und leuchtenden Spitzentönen. Die Mezzosopranistin Jamie Barton als unheilverkündende Waldtaube ist eine Wucht. Nicht nur, weil man bei ihr am meisten vom Text versteht.
Stark auch der Auftritt von NDR Vokalensemble, Rundfunkchor Berlin und MDR-Rundfunkchor. Sie bilden eine ausdrucksvolle Einheit. Etwa wenn die Männerstimmen als Waldemars gestorbene Vasallen in Erscheinung treten und eine Art schaurigen Zombie-Chor darstellen.
Konzert war ein überwältigendes Ereignis
Die Gurre-Lieder haben ihre düsteren und spröden Momente. Auch im letzten Teil, einem Melodram, mit Thomas Quasthoff als Sprecher. Das klingt dann schon sehr viel moderner als zu Beginn. Aber am Schluss geht doch noch die Sonne auf und Schönberg spielt virtuos auf der Gänsehaut-Tastatur. Er vereint Chor und Orchester in einem strahlenden C-Dur. In der Elbphilharmonie wird dieser Moment zum überwältigenden Finale einer Aufführung, die nicht "nur" Konzert, sondern Ereignis ist.
Die zweite Aufführung findet am 13. September in der Elbphilharmonie statt. Das Konzert wird ab 20 Uhr auch im Livestream übertragen.