Stanislav Kochanovsky in Hannover: "Musik ist die beste Medizin"
Premiere im neuen Zuhause: Gestern hat Stanislav Kochanowsky zum ersten Mal die NDR Radiophilharmonie im Großen Sendesaal des NDR in Hannover dirigiert. Moderatorin Raliza Nikolov über den Abend.
Stanislav Kochanovsky heißt der designierte Chefdirigent der NDR Radiophilharmonie. Sein neues Amt wird er zwar erst in der kommenden Spielzeit antreten, aber am Donnerstagabend trat er zum ersten Mal seit seiner Ernennung in Hannover auf.
Raliza Nikolov hat den Abend moderiert. Raliza, wie hat das Publikum in Hannover "den Neuen" denn empfangen?
Raliza Nikolov: Es war ein vollbesetzter Saal, und es war eine ganz besondere Stimmung - sehr warmherzig, sehr zugewandt, mit langanhaltendem Applaus gleich zu Beginn.
Dirigent und Orchester haben zuletzt schon einige Konzerte zusammen gespielt. Wie vertraut ist man da schon jetzt miteinander?
Nikolov: Ja, es sind drei Projekte, die sie schon realisiert haben. Sie sind im Sendegebiet aufgetreten. Einer aus dem Publikum sagte gestern hinterher zu mir, das höre man schon, wo er hin will, welchen Klang er sich vorstellt. Das habe ich auch so empfunden. Es ist ein sehr erdiger, warmer, runder Klang, der da entsteht.
Was für ein Programm hatte sich Stanislav Kochanowsky für diesen besonderen Anlass überlegt?
Nikolov: Er legt sehr viel Wert auf Programme, die eine persönliche Geschichte erzählen, eine Dramaturgie haben. Gestern war seine Heimatstadt Sankt Petersburg ein Bezugspunkt. Und er hat gar keine Scheu, auch ganz unbekannte Stücke aufs Programm zu setzen, wenn sie es eben seiner Meinung nach wert sind, dass sie aufs Programm kommen, dass man sich das mal anhört, dass man sich einfach mit offenen Ohren hinsetzt und schaut, was ist das eigentlich, was mir da entgegenkommt? So ging es gestern los mit einem Komponisten namens Nikolai Tscherepnin. "Nikolai wer?", könnte man jetzt fragen. Selbst in Russland, hat er erzählt, gibt es wirklich wenige, die den kennen. Er wird auch dort nicht viel aufgeführt. Das fängt ganz kammermusikalisch an und baut sich dann sehr auf.
Dann gab's noch den fulminanten Auftritt von Frank Peter Zimmermann mit Ottorino Respighi. Eigentlich ein Italiener, der aber auch mal in Sankt Petersburg war. Das ist ein Concerto, das muss man sich, wenn man das gestern verpasst hat, unbedingt noch mal anhören. Das wird ganz selten gespielt. Frank Peter Zimmermann und Stanislav Kochanovsky sind zum ersten Mal zusammen aufgetreten. Das war wirklich eine rhapsodische Fantasie und ein Geben und Nehmen von Solist und Orchester unter Leitung dieses sehr feinfühligen Dirigenten. Das war wirklich eine besondere Freude.
Inwiefern hat einem dieser Abend schon einmal Ausblicke auf das gegeben, was uns da in den kommenden Jahren erwarten wird?
Nikolov: Ich glaube, dass Stanislav Kochanovsky jemand ist, der sehr bei sich ist, der wahrscheinlich erst einmal viel aus seinem Repertoire zeigen wird. So stelle ich mir das vor. Und er ist jemand, der ganz fest davon überzeugt ist, dass man sich öffnen soll. Er hat es mir dann so gesagt: Diese Zeit, in der man im Konzert ist, die verlängere das Leben. Die nimmt nichts vom Leben weg, sondern die verlängert das Leben. Und wenn man jetzt zum Beispiel gestern im Konzert war und heute wiederkommt, dann wird man es neu erleben - und es wird wieder ein bisschen anders sein. Er sagte auch gestern zum Publikum in der kleinen Gesprächseinführung auf dem Podium noch Folgendes: "Alle Besucher leben länger. Die Musik ist die beste Medizin."
Das Gespräch führte Raliza Nikolov.