Konzertmitschnitt: Kochanovsky kommt!
Die NDR Radiophilharmonie begrüßte ihren neuen Chefdirigenten: Stanislav Kochanovsky! Am 7. und 8. März 2024 präsentierten Dirigent und Orchester u.a. Literatur aus Kochanovskys russischer Heimat.
Seit der Saison 2024/25 ist Stanislav Kochanovsky der Chefdirigent der NDR Radiophilharmonie. Bereits in der vorherigen Spielzeit war er auf Stippvisite in Hannover. Für seine beiden Konzerte im März im Großen Sendesaal hatte Kochanovsky exquisite Musik zweier Komponisten ausgewählt, die mit seiner Heimatstadt St. Petersburg eng verbunden sind: Nikolai Tcherepnin und Sergej Rachmaninow. Außerdem auf dem Programm: Das selten aufgeführte Concerto gregoriano von Ottorino Respighi mit dem Weltklasse-Geiger Frank Peter Zimmermann, der zusammen mit der NDR Radiophilharmonie schon für viele musikalische Sternstunden gesorgt hat.
Romantisches vom St. Petersburger Nikolai Tcherepnin
Stanislav Kochanovsky und Nikolai Tcherepnin haben einiges gemeinsam: beide sind - im Abstand von 109 Jahren - in St. Petersburg geboren und beide studierten am dortigen Konservatorium. Tcherepnin war Schüler von Nikolai Rimsky-Korsakow, lehrte später selbst am St. Petersburger Konservatorium und nahm u. a. Sergej Prokofjew unter seine Fittiche. Mit dem Vorspiel zu Edmond Rostands Schauspiel "La Princesse Lointaine" hatte Kochanovsky ein Werk des jungen Tcherepnin ausgesucht, entstanden 1899. Filigrane Klangschönheit durchströmt diese spätromantische Musik, passend zur Aura der nicht minder ans Herz gehenden Liebesgeschichte des Schauspiels: Ein Troubadour in der Provence verliebt sich aus der Ferne in eine byzantinische Prinzessin. Sie wird seine Muse. Doch zueinander sollen sie nicht kommen - die Reise zu ihr endet mit dem tragischen Tod des Troubadours.
Respighi - mal ganz anders
Ottorino Respighi gilt heute als bedeutendster Vertreter des italienischen Impressionismus, doch er war bedeutend mehr: Mittler zwischen Ost und West, Bratscher und Pianist, der Moderne ebenso zugeneigt wie der Alten Musik. Von seinen historischen Studien zeugen neben zahlreichen Bearbeitungen Werke wie die "Antiche danze ed arie". 1921 komponierte er auf Anregung seiner Frau ein Violinkonzert über gregorianische Themen. Die Sologeige fungiert hier nicht als Primadonna, sondern eher als eine Art Priester oder Vorsänger einer rituellen Gemeinschaft. Kein Showcase also, dieses Concerto gregoriano. Und damit genau das richtige Stück für einen Interpreten vom Schlag Frank Peter Zimmermanns, dem jegliche Allüren fremd sind.
Rachmaninovs musikalischer Lebensrückblick
Es ist ein besonders Werk von Rachmaninow, das Stanislav Kochanovsky als Finale auf das Programm gesetzt hatte: Die Sinfonischen Tänze sind das letzte vollendete Opus des Komponisten, entstanden 1940 im amerikanischen Exil. Anders, als es der Titel suggeriert, werden hier keine leichtgängigen Tänze präsentiert. Vielmehr ist dieses Werk eine komplexe Sinfonische Dichtung. Es ist ein Blick zurück auf Rachmaninows bewegtes Leben, das musikalisch in St. Petersburg seinen Ausgang nahm. Reminiszenzen an seine früheren Werke klingen an und auch die Musik seines Vorbilds Tschaikowsky. Und es fehlt auch nicht die Zitierung der Totensequenz "Dies irae", die als Leitmotiv das gesamte Œuvre Rachmaninows durchzieht.