"Morgens um vier": Vielschichtiges Album von Element of Crime
Den Vergleich mit Element of Crime-Meilensteinen à la "Weißes Papier" oder "Damals hinterm Mond" braucht das neue, mittlerweile 15. Studioalbum keineswegs zu scheuen.
Eine Art Rückbesinnung oder gar Fortführung ihres letzten Albums "Schafe, Monster und Mäuse" vor viereinhalb Jahren ist "Morgens um vier" keineswegs. Vorbei die dunklen Zeiten? Nicht so ganz, denn auf die gewisse Portion Melancholie verzichten Element of Crime natürlich keineswegs auf ihrer neuen Studio-Produktion. Doch um diese frühe Tageszeit mag das eine oder andere noch ein wenig verklärter oder leichter erscheinen. Dabei waren Element of Crime nie Mainstream, auch wenn ihnen mit "Delmenhorst" vor 18 Jahren gar ein echter Hit, zumindest in einer bestimmten Szene, gelang. Was Frontmann Sven Regener und seine Mitstreiter von Beginn an ausgezeichnet hat, waren packende Songs, sowohl in puncto Musik als auch Inhalt.
Rocksongs über Verwirrung
"Wir tauchen unter, wir tauchen auf, aus unseren Mündern kommen Schall und Rauch, wir haben keine Lösung, wir haben Lieder, und ich sag: Leute, wo soll das enden." Textzeile aus dem Song "Unscharf mit Katze"
Keine Lösung, dafür Lieder! Sven Regeners Antwort auf die drängenden Fragen des Lebens sind simpel sachdienlich, gleich im ersten Song "Unscharf mit Katze" des neuen Element of Crime-Albums. "Wie immer im Leben geht es auch um Verwirrung", sagt der Frontmann. "Das finde ich eigentlich gut. Dafür sind diese Art von Songs toll: Rocksongs über Verwirrung. Dass man nicht genau weiß, wo es jetzt schon wieder lang geht. Das macht Spaß."
Die typische Melancholie - aber mit weniger Instrumenten
Den Vergleich mit Element of Crime-Meilensteinen à la "Weißes Papier" oder "Damals hinterm Mond" braucht das neue, mittlerweile 15. Studioalbum keineswegs zu scheuen. Drummer Richard Pappik sieht's ähnlich: "Es ist eine Art Rückführung auf die Vierer-Besetzung. Wir haben diesmal nicht, wie auf den Platten davor, eine Bläser-Sektion und ein Streichquartett gehabt, sondern haben das nur mit unseren Gastmusikern, die wir auch live immer dabei haben, gespielt. Es gab keine weiteren Gastmusiker, weil sich das einfach nicht ergeben hat. Das ist wie eine Art Quintessenz von allem, was wir bisher gemacht haben."
Entspannt, lässig, mit der Element-typischen Melancholie kommt "Morgens um vier" im Gegensatz zum eher düsteren Vorgänger "Schafe, Monster und Mäuse" daher. Gut so, denn so bleibt die Berliner Band auch nach 38 Jahren weiterhin schwer auszurechnen. Zudem musste sie im letzten Jahr den überraschenden Tod ihres langjährigen Bassisten David Young verkraften.
Sven Regener: Ein feinsinniger Poet
Ein Highlight unter den zehn Songs: "Was mein ist, ist auch dein", inklusive mexikanischem Touch. "'Was mein ist, ist auch dein' ist ein etwas rätselhafter Song", erklärt Regener. "Er gefällt mir deshalb auch sehr gut. Ich mag es, wenn sie rätselhaft werden. Und ich mag es, wenn sich mal wieder die Gelegenheit ergibt, ein paar mexikanisch anmutende Trompeten reinzudübeln. Das macht einfach total viel Spaß und bringt der ganzen Sache einen Extrakick."
Feinsinnige Poesie und tiefgehende Lyrik sind die Spezialitäten von Sven Regener. Doch der Ausnahme-Geschichtenerzähler kann auch anders. Beim follkigen "Kaltes Herz" ist weniger mehr: "Wir machen zuerst die Musik und dann muss ich irgendwann den Text machen", erklärt Regener. "Das war hier recht einfach, weil es so suggestiv, so stark und klar war."
"Morgens um vier": Ein überaus hörenswertes Album
"Morgens um vier" ist ein ebenso vielschichtiges wie überaus hörenswertes Album, mit dem ausladenden Titelsong am Ende. Ideal auch an einem lauen Frühlingsabend mit passendem Getränk. War bei anderen, wie dem verstorbenen Künstler-Kollegen James Last, "die Welt morgens um sieben noch in Ordnung", sind Element of Crime noch früher am Start. Und wer morgens um vier gar seine Hausarbeit erledigen möchte, dem sei die limitierte Edition mit Geschirr- beziehungsweise Reinigungstuch empfohlen, aus robustem Leinwandgewebe, versteht sich.
Morgens um vier
- Genre:
- Pop/Rock
- Label:
- Vertigo Berlin