Women in Music: Louise Farrenc
Louise Farrenc war die erste Frau in der Geschichte, die eine Klavierprofessur am Pariser Konservatorium bekommen hat. Wie so viele Frauen ihrer Zeit hatte sie mit erheblichen Hürden zu kämpfen.
Louise schaut dem Direktor des Konservatoriums direkt in die Augen. Sie hat nichts zu verlieren. Besonders jetzt, wo ihre Tochter Victorine tot ist. 33 Jahre ist sie - eine talentierte Konzertpianistin, die ganze Welt liegt ihr zu Füßen. Sie will für ihre Tochter kämpfen. Seit 10 Jahren arbeitet Louise am Konservatorium als Professorin. Immer wieder hat sie gezeigt, was als Pianistin und Komponistin in ihr steckt, auch die guten Ergebnisse ihrer Schüler sprechen für sie. Vom Direktor gab es trotzdem nur fadenscheinige Argumente und Ausreden. Noch immer verdient sie viel weniger als ihre Kollegen. Diesmal kommt er damit nicht durch.
Louise Farrenc hat sich als Konzertpianistin etabliert und ist die erste Frau in der Geschichte, die eine Klavierprofessur am Pariser Konservatorium bekommen hat - einer der damals angesehensten Titel in Europa. Von 1842 bis 1872 war sie am Pariser Konservatorium die einzige Frau im 19. Jahrhundert. 10 Jahre lang protestierte sie gegen ihr geringeres Gehalt.
Komponiert zunächst Stücke fürs Klavier, dann mehr Kammermusik
Ein selten übertroffenes Talent für Orchestrierung und ein Gefühl für melodische Phrasen werden Louise Farrenc bescheinigt. Zudem ihr Händchen für prägnante Themen, die vielfältig präsentiert werden. Stark und gesanglich bewegen sie sich in dramatischen Texturen und streben nach erfüllenden Höhepunkten. Wie zum Beispiel in ihrem Klavierquintett a-Moll. Sie schreibt nicht besonders französisch. Ihre Melodielinien sind klassisch-romantisch, und erinnern mehr an zeitgenössische deutsche Komponisten. Ihre frühen Werke sind hauptsächlich fürs Klavier geschrieben, für einige hat sich sogar Robert Schumann begeistert. Später ist sie zur Kammermusik gewechselt und in diesem Genre sehen viele ihre besten Werke.
Außerdem hat Farrenc zwei Ouvertüren und 3 Sinfonien komponiert, wobei Orchestermusik im opernseligen Frankreich nicht sonderlich populär war. Verschiedene Quellen betonen, dass es ihr nicht an Ehrgeiz gefehlt hat, eine Oper zu schreiben, sondern, dass kein Theater bereit war, ihr ein Libretto zur Vertonung anzubieten. Warum? Das bleibt wohl für immer ein Mysterium. Dazu kommt, dass es damals nur wenige etablierte Orchester gab, die bereit waren, unbekannte Komponisten zu spielen. Immerhin wurde Farrencs 3. Sinfonie vom Orchester des Pariser Conservatoires uraufgeführt.
Zweimal mit dem Prix Chartier ausgezeichnet
In eine fortschrittliche Künstlerfamilie in der Pariser Bohème hineingeboren, war Louise Farrenc' Weg von Anfang an klar gesteckt. Die Familie half ihr bei jedem Schritt auf ihrem musikalischen Pfad. Beim renommiertesten Kompositionswettbewerb in Frankreich, dem Prix de Rome in Paris, durften sich Frauen weder bewerben, noch Stücke einreichen. Erst nachdem der berühmte Geiger Joseph Joachim eines ihrer Kammermusikwerke 1850 erfolgreich aufgeführt hatte, hatte sie Erfolg. Beim Prix Chartier der Académie des Beaux Arts wurde sie zweimal für ihre Kammermusik ausgezeichnet.
Schon mit 17 hat sie Aristide Farrenc geheiratet, 10 Jahre älter als sie und ein sehr begabter Flötist. Mit Hilfe seiner Frau wurde er in Paris später ein erfolgreicher Musikverleger. Zusammen haben sie die Sammlung "Le trésor des Pianistes, der Schatz der Pianisten" veröffentlicht, ein kommentierter Band mit Musik älterer Komponisten.
Anders als in Deutschland wurden Frauen in der Musik in Frankreich weit weniger bevormundet. Aber die enorme Popularität von Farrenc war unter ihren zeitgenössischen Kolleginnen eher ungewöhnlich. Ihre Musik wurde gespielt, veröffentlicht und in Kritiken gewürdigt. Nach ihrem Tod ist ihre Musik trotz allem fast völlig in Vergessenheit geraten.
Im Rahmen der Reihe "Women in Music" stellt NDR Kultur Komponistinnen vor, die in der Geschichte viel zu wenig Beachtung gefunden haben.