Die Pianistin Louise Farrenc im Porträt, gemalt um 1900. © imago images / Leemage

Women in Music: Louise Farrenc

Stand: 04.03.2021 14:23 Uhr

Louise Farrenc war die erste Frau in der Geschichte, die eine Klavierprofessur am Pariser Konservatorium bekommen hat. Wie so viele Frauen ihrer Zeit hatte sie mit erheblichen Hürden zu kämpfen.

von Gabi Szarvas

Louise schaut dem Direktor des Konservatoriums direkt in die Augen. Sie hat nichts zu verlieren. Besonders jetzt, wo ihre Tochter Victorine tot ist. 33 Jahre ist sie - eine talentierte Konzertpianistin, die ganze Welt liegt ihr zu Füßen. Sie will für ihre Tochter kämpfen. Seit 10 Jahren arbeitet Louise am Konservatorium als Professorin. Immer wieder hat sie gezeigt, was als Pianistin und Komponistin in ihr steckt, auch die guten Ergebnisse ihrer Schüler sprechen für sie. Vom Direktor gab es trotzdem nur fadenscheinige Argumente und Ausreden. Noch immer verdient sie viel weniger als ihre Kollegen. Diesmal kommt er damit nicht durch.

Weitere Informationen
Die Künstlerin und Komponistin Louise Farrenc auf einem Gemälde mit Kopfhörern (Montage) © https://de.wikipedia.org/wiki/Louise_Farrenc#/media/Datei:Louise_Farrenc_painting.jpg Foto: -
5 Min

Farrenc: Sinfonie Nr. 3 | Klassik to Go

Louise Farrencs Talent wird schon früh entdeckt. Mit ihrer Dritten Sinfonie reiht sie sich unter den ersten Komponisten ein. Die kurze Werkeinführung für unterwegs. 5 Min

Louise Farrenc hat sich als Konzertpianistin etabliert und ist die erste Frau in der Geschichte, die eine Klavierprofessur am Pariser Konservatorium bekommen hat - einer der damals angesehensten Titel in Europa. Von 1842 bis 1872 war sie am Pariser Konservatorium die einzige Frau im 19. Jahrhundert. 10 Jahre lang protestierte sie gegen ihr geringeres Gehalt.

Komponiert zunächst Stücke fürs Klavier, dann mehr Kammermusik

Ein selten übertroffenes Talent für Orchestrierung und ein Gefühl für melodische Phrasen werden Louise Farrenc bescheinigt. Zudem ihr Händchen für prägnante Themen, die vielfältig präsentiert werden. Stark und gesanglich bewegen sie sich in dramatischen Texturen und streben nach erfüllenden Höhepunkten. Wie zum Beispiel in ihrem Klavierquintett a-Moll. Sie schreibt nicht besonders französisch. Ihre Melodielinien sind klassisch-romantisch, und erinnern mehr an zeitgenössische deutsche Komponisten. Ihre frühen Werke sind hauptsächlich fürs Klavier geschrieben, für einige hat sich sogar Robert Schumann begeistert. Später ist sie zur Kammermusik gewechselt und in diesem Genre sehen viele ihre besten Werke.

Außerdem hat Farrenc zwei Ouvertüren und 3 Sinfonien komponiert, wobei Orchestermusik im opernseligen Frankreich nicht sonderlich populär war. Verschiedene Quellen betonen, dass es ihr nicht an Ehrgeiz gefehlt hat, eine Oper zu schreiben, sondern, dass kein Theater bereit war, ihr ein Libretto zur Vertonung anzubieten. Warum? Das bleibt wohl für immer ein Mysterium. Dazu kommt, dass es damals nur wenige etablierte Orchester gab, die bereit waren, unbekannte Komponisten zu spielen. Immerhin wurde Farrencs 3. Sinfonie vom Orchester des Pariser Conservatoires uraufgeführt.

Zweimal mit dem Prix Chartier ausgezeichnet

In eine fortschrittliche Künstlerfamilie in der Pariser Bohème hineingeboren, war Louise Farrenc' Weg von Anfang an klar gesteckt. Die Familie half ihr bei jedem Schritt auf ihrem musikalischen Pfad. Beim renommiertesten Kompositionswettbewerb in Frankreich, dem Prix de Rome in Paris, durften sich Frauen weder bewerben, noch Stücke einreichen. Erst nachdem der berühmte Geiger Joseph Joachim eines ihrer Kammermusikwerke 1850 erfolgreich aufgeführt hatte, hatte sie Erfolg. Beim Prix Chartier der Académie des Beaux Arts wurde sie zweimal für ihre Kammermusik ausgezeichnet.

Schon mit 17 hat sie Aristide Farrenc geheiratet, 10 Jahre älter als sie und ein sehr begabter Flötist. Mit Hilfe seiner Frau wurde er in Paris später ein erfolgreicher Musikverleger. Zusammen haben sie die Sammlung "Le trésor des Pianistes, der Schatz der Pianisten" veröffentlicht, ein kommentierter Band mit Musik älterer Komponisten.

Anders als in Deutschland wurden Frauen in der Musik in Frankreich weit weniger bevormundet. Aber die enorme Popularität von Farrenc war unter ihren zeitgenössischen Kolleginnen eher ungewöhnlich. Ihre Musik wurde gespielt, veröffentlicht und in Kritiken gewürdigt. Nach ihrem Tod ist ihre Musik trotz allem fast völlig in Vergessenheit geraten.

Im Rahmen der Reihe "Women in Music" stellt NDR Kultur Komponistinnen vor, die in der Geschichte viel zu wenig Beachtung gefunden haben.

Weitere Informationen
Historische Zeichnung von der Pianistin und Komponistin Clara Schumann sitzt am Klavier sitzend und spielend. © picture alliance/Mary Evans Picture Library

Women in Music: Clara Schumann

Clara Schumann schrieb bereits als Kind innovative Klavierkonzerte. Nach dem Tod ihres Mannes - zieht sie sich früh vom Komponieren zurück. mehr

Das Gemälde einer jungen Frau von Palma Vecchio

Women in Music: Francesca Caccini

Sie galt als musikalisches Aushängeschild der Medici. Doch die Komponistin Francesca Caccini geriet in Vergessenheit. mehr

Komponistin Emilie Mayer auf einer undatierten historischen Lithografie © picture alliance / dpa | Theater Neubrandenburg, Quelle: Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz

Women in Music: Emilie Mayer

Emilie Mayers Kompositionen wurden in ganz Europa aufgeführt, doch schon eine Generation später war sie vergessen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 03.03.2021 | 12:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Klassik

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Andreas Rehmann

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Mehr Kultur

Reisen mit Muddi "Reisen mit Muddi" eine sechsteilige Miniserie im NDR Fernsehen und in der ARD-Mediathek © Bild: NDR/Boris Laewen

Mediathektipps: "Reisen mit Muddi", "Die Legenden von Paris", "Dinner For Two"

Eine unfreiwillige Reise zu sich selbst, ein dänisches Beziehungsdrama und eine Reihe über die Zeit der Romantik in Paris. mehr