Women in Music: Francesca Caccini
Francesca Caccini galt Anfang des 17. Jahrhunderts als musikalisches Aushängeschild der Medici. Doch die Komponistin geriet in Vergessenheit.
Sie kann es nicht mehr ertragen. Immer dieses Drama! Erst mit den Medici, dann mit dem Hofpoeten, dieser Schlange Salvadori, dann mit der Diva Maria Botti und schließlich - Himmel, hilf! - erneut mit den Medici. Aber Francesca Caccini landet immer wieder auf ihren Füßen, und gerade jetzt sieht sie ihre Chance. "Sind Sie nicht kühn, Hoheit", sagt sie, "bei ihrer Hochzeitsfeier ein Stück zu erlauben, in dem der Mann so schwach erscheint?!" Sie weiß, was sie tut.
Dauerfehde mit Hofdichter Andrea Salvadori
Fast ein Jahrzehnt hat ihr Streit mit dem Hofdichter schon gedauert - nein, mit diesem Scharlatan Andrea Salvadori. Erst hat Francesca ihn bei ihren Arbeitgebern, den Medici, angeschwärzt, dann hat er mit einem frauenfeindlichen Gedicht zurückgeschlagen. Und nun, bei einer High Society-Hochzeit im Jahr 1627, ist sie wieder mit Rache an der Reihe. Die Oper "Iole und Herkules" darf natürlich nicht aufgeführt werden, wenn der Bräutigam als Pantoffelheld dargestellt wird. Salvadori muss ein neues Libretto schreiben. Innerhalb von acht Tagen.
"La Cecchina": Vermutlich erste Frau, die Opern komponiert hat
Francesca Caccini war die berühmteste Musikerin ihrer Zeit. Ihre Gesangskunst brachte ihr den Beinamen "La Cecchina" ein, "der Singvogel". Sie spielte Laute, Gitarre und Cembalo. Und sie war mutmaßlich die erste Frau, die Opern komponiert hat. "Die Befreiung des Ruggiero von der Insel der Alcina" wurde - ungewöhnlich für eine Berufsmusikerin ihrer Zeit - kurz nach der Florentiner Premiere 1625 sogar gedruckt und hat auf diese Weise überlebt .
Die Oper handelt sinnigerweise von zwei mächtigen Frauen, einer bösen Zauberin und einer guten Fee, die mit all ihren Verführungskünsten um den Ritter Ruggiero kämpfen. Arien, Duette und Ensembles werfen ein Schlaglicht auf die Virtuosität der "Donne Caccini", der Caccini-Damen. Im glücklichen Finale tritt ein Pferdeballett mit 24 Reitern auf.
Francesca Caccini komponierte im "stile recitativo"
Stilistisch stand Francesca Caccini am Übergang von der Renaissance zum Frühbarock und war von ihrem Vater Giulio und der "Florentiner Camerata" geprägt. In ihren Vokalwerken setzte sie weniger auf harmonische Kühnheit als vielmehr auf den "stile recitativo" - die genaue Ausdeutung des Textes mit den dazugehörigen Verzierungen. Die Regeln des Kontrapunkt spielten dabei eine untergeordnete Rolle.
Teil einer großen Musikerfamilie
Francesca Caccini wird 1587 in Florenz in eine Künstlerfamilie hineingeboren. Ihr Vater, Giulio Caccini, ist als Sänger, Instrumentalist, Komponist und Gesangspädagoge gleichermaßen berühmt, und die Frauen der Familie treten als "Donne di Caccini" regelmäßig professionell am Hof der Medici auf. Auch Francesca erhält eine umfassende Bildung und wird auf eine Laufbahn als Musikerin vorbereitet: als Sängerin, die sich auf mehreren Instrumenten selbst begleiten kann, und als Komponistin. Sie lernt mehrere Sprachen und höfische Manieren. Schön ist sie auch noch - sie verkörpert das Idealbild der Weiblichkeit in der Renaissance!
Musikalisches Aushängeschild der Medici
1604 reist die Familie Caccini für einen Auftritt bei der Hochzeit des französischen Königs nach Paris. Heinrich IV. bietet Francesca eine Festanstellung an seinem Hof an, doch erst als auch andere europäische Höfe sich um die junge Sängerin bemühen, engagiert Fernando de' Medici sie dauerhaft für seine Kapelle.1618, nach dem Tod ihres Vaters, ist Francesca Caccini die wichtigste und bestbezahlte Musikerin am Hof und - anders als berühmte Kolleginnen - auch eine anerkannte Komponistin. So wird sie zum musikalischen Aushängeschild der Medici.
Auch als Berufsmusikerin tätig
Sie komponiert mindestens ein Dutzend inzwischen verschollene Bühnenwerke und veröffentlicht eine Sammlung von geistlichen und weltlichen Sologesängen und Duetten in italienischer und lateinischer Sprache. Als Gesangslehrerin bildet Francesca Caccini anstelle von adeligen Dilettantinnen weitere Berufsmusikerinnen aus und macht sich auch so auch über Florenz hinaus einen Namen.
Sie heiratet zweimal, erst - auf Anweisung der Großherzogin - einen Kollegen aus der Hofmusik, nach dessen Tod einen viel älteren wohlhabenden Landadeligen und Musikliebhaber aus Lucca. Er will sich und seine Heimatstadt mit der Künstlerin schmücken, sie wird durch die Hochzeit zur Aristokratin und späteren Alleinerbin.
Francesca Caccini: Abseits der gesellschaftlich vorgegeben Rolle
1633 kehrt Francesca Caccini nach Florenz zurück und tritt als Hofdame in den Dienst der Herzoginwitwe. Der zeitgenössische Autor Cristoforo Bronzini beschreibt sie als "freundlich und bewunderungswürdig". Anderen Quellen zufolge soll sie "aufbrausend und rastlos" gewesen sein - vielleicht die klassische Reaktion auf eine Frau, die ihre gesellschaftlich vorgegebene Rolle verlässt. 1641 scheidet Francesca Caccini aus dem Hofdienst aus. Über ihr weiteres Leben ist nichts bekannt, und niemand weiß genau, wann und wo sie gestorben ist.
Im Rahmen der Reihe "Women in Music" stellt NDR Kultur Komponistinnen vor, die in der Geschichte viel zu wenig Beachtung gefunden haben.