Felix Mendelssohns "Elijah": Üppig, prall und farbig
Felix Mendelssohn hat in seinem vielleicht wichtigsten Werk die biblische "Elias"-Geschichte vertont. 1846 wurde das Werk in England erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Diese englische Originalfassung hat nun Antonio Pappano in London aufgenommen.
"Then did Elijah" - "Und der Prophet Elias brach hervor wie ein Feuer": welch ein fulminanter Moment, wenn der Chor die Himmelfahrt des Propheten Elias besingt. Es ist Höhe-, aber nicht Schlusspunkt von Felix Mendelssohns gleichnamigem Oratorium. Denn es folgt noch ein Nachklapp, in dem ein neuer Messias angekündigt wird.
In den letzten Jahren ist Mendelssohns "Elias"-Oratorium oft mit kleineren Ensembles aufgenommen worden. Dort klingt er meist schlank und fein geädert. Doch bei diesem Konzertmitschnitt mit dem London Symphony Orchestra sind die Dimensionen größer. Allein der Chor besteht aus rund 130 Sängerinnen und Sängern.
Mendelssohns "Elijah" unter Antonio Pappano: Gezielte Schattierungen
Stellenweise erinnert dieser Mendelssohn an Hector Berlioz. Er klingt üppig, prall, farbig. Dirigent Antonio Pappano möchte durch gezielte Schattierungen und harmonische Reibungen Mendelssohns Modernität herausstellen. Gleichzeitig will er das Orchester nicht so wuchtig klingen lassen: mit wenig Vibrato, also wenigen Schwingungen bei den Streichern, und mit dosierter Wucht bei den Bläsern. Naturbedingt führt dieser Ansatz bei einem modernen Sinfonieorchester an Grenzen.
Am Beginn steht keine Ouvertüre. Zuerst spricht die Hauptperson: Elijah. Dunkle, choralartige Bläserakkorde begleiten seine prophetischen Worte und diese düsteren Akkorde kehren im weiteren Verlauf des Oratoriums immer wieder. Sie stehen für das Unabwendbare, Schicksalhafte. Das klingt in dieser Einspielung gebieterisch und streng. Gerald Finley singt diese Worte mit Nachdruck.
Weite Bögen und bühnenwirksame Momente
Auch die weiblichen Partien sind mit Masabane Cecilia Rangwanasha und Sarah Connolly gut besetzt. Sie leuchten die Übergänge zwischen lyrischen und dramatischen Passagen treffend aus.
Antonio Pappano ist ein erfahrener Operndirigent. Gelegentlich hat man das Gefühl, dass er diese Erfahrungen auch auf Mendelssohns Oratorium überträgt, wenn er weite Bögen spannt und bühnenwirksame Momente besonders herausarbeitet. Vielleicht hat diese Urfassung des "Elijah" bei der ersten Aufführung 1846 ja einen ähnlichen Eindruck hinterlassen: ein farbenreiches, dramatisches Oratorium, das in dieser englischen Version klingt, als habe sich Georg Friedrich Händel das Gewand eines Romantikers übergestreift.
Felix Mendelssohn: Elijah
- Genre:
- Klassik
- Label:
- Lso Live
- Veröffentlichungsdatum:
- 6. September 2024