CD der Woche: Julie Fuchs gelingt ideale Mozart-Interpretation
Julie Fuchs spürt auf ihrem Album "Amadè" Sängerinnen nach, für die Mozart wichtige Frauen-Partien geschrieben hat. Als Partner hat sie den Dirigenten Thomas Hengelbrock und sein Originalklang-Orchester Balthasar-Neumann-Ensemble gewählt.
Barbarina, die Tochter des Gärtners Antonio in "Figaros Hochzeit" hat nur einen kurzen Auftritt. Sie hätte eine Nadel, die sie vom Grafen erhalten hat, zur Zofe Susanna bringen sollen - als Zeichen seines Einverständnisses zu einem Stelldichein. Aber Barbarina hat die Nadel verloren und grämt sich vor Verzweiflung.
Barbarina ist ein Mädchen - zart und unschuldig hat Mozart die Musik daher geschrieben, damals, 1786, für die erst 13-jährige Sängerin Anna Gottlieb. Vier Jahre später sollte sie die Pamina in der Zauberflöte singen. Die Musik ist ganz ähnlich wie bei Barbarina im Figaro: dieselbe Tonart, derselbe Trauergestus. Pamina glaubt, Tamino für immer verloren zu haben.
Julie Fuchs gestaltet beide Rollen sehr schlicht und anrührend, das trifft einfach ins Herz. Wobei ihr der etwas reifere Charakter von Pamina ein wenig mehr zu liegen scheint als die Naivität der blutjungen Barbarina. Julie Fuchs' klarer, runder Sopran strahlt, da hört man viel Körper, das ist eine reife Stimme mit Kraft.
Mozart und seine Sängerinnen
"Tiger, wetze nur die Klauen", singt die Sklavin Zaide in der gleichnamigen unvollendeten Oper. Eine stolze Frau, die sich nicht unterkriegen lässt - da ist Julie Fuchs in ihrem Element.
Drei Sängerinnen, für die Mozart wichtige Frauen-Partien geschrieben hat, spürt Julie Fuchs auf ihrem Album nach: der blutjungen Anna Gottlieb, der Italienerin Caterina Cavalieri und der Italo-Engländerin Nancy Storace. Sie sang die Susanna im Figaro bei der Uraufführung.
Mozart wusste genau, wo die Stärken seiner Sängerinnen lagen, er brachte sie mit seiner Musik zur Geltung. Mit manchen soll Mozart nicht nur Arbeitsbeziehungen "gepflegt" haben. Bei Nancy Storace weiß man es nicht genau. Als sie nach England zurückkehrte, komponierte Mozart ihr eine wunderschöne Abschiedsarie mit einem Soloklavier für sich selbst. Innig umschlingen sich Gesangs- und Klavierstimme, Mozart muss seine Sopranistin sehr, sehr geschätzt haben.
Ausgewogener Ensemble-Klang
Das Balthasar-Neumann-Ensemble unter Dirigent Thomas Hengelbrock begleitet sensibel. Der Klang ist sehr ausgewogen und immer durchsichtig. Besonders die Bläserfarben des Originalklang-Orchesters geben eine schöne Wärme. Manches geht das Ensemble unglaublich feurig an.
Julie Fuchs hat eine brillante Technik, die ihr Virtuosität genauso erlaubt wie intensive lange Bögen. Sie schlüpft wie selbstverständlich in die Gefühlslage der jeweiligen Rolle. Gemeinsam mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble gelingt ein ideale Mozart-Interpretation.
Amadè
- Label:
- Sony Classical