CD der Woche: Concerto Copenhagen spielt Bachs Johannes-Passion
Unter Leitung von Lars Ulrik Mortensen hat das Concerto Copenhagen die Johannes-Passion aufgenommen, zusammen mit erfahrenen Sängerinnen und Sängern der Alte-Musik-Szene.
Ein schlanker Klang ist Standard in der historischen Aufführungspraxis. Den erfüllt auch die neue Produktion der Johannes-Passion. Nur 16 Mitglieder umfasst das Concerto Copenhagen in der Aufnahme. Dazu kommen acht Sängerinnen und Sänger. Das dürfte in etwa der Besetzung der Uraufführung von 1724 in der Leipziger Nikolaikirche entsprechen.
Gesang und Instrumente gleichberechtigt
Die Transparenz ist eine große Stärke der Einspielung unter Lars Ulrik Mortensen. Weil man tief in die Musik hinein hören kann und dadurch mitbekommt, wie unglaublich dicht Johann Sebastian Bach die verschiedenen Linien überlagert und miteinander verzahnt hat.
Vokale und instrumentale Stimmen sind hier sehr gleichberechtigt. Der Gesang und die Textverständlichkeit stehen nicht ganz so im Vordergrund wie in anderen Aufnahmen. Dafür haben die Instrumente mehr Gewicht. Sie formen den Charakter der Musik aktiver mit. Etwa, als die römischen Söldner Jesus eine Dornenkrone aufsetzen und ihm ein Purpurkleid anlegen, um ihn öffentlich zu verspotten. Das hämische Gift dieser Szene verspritzt nicht nur der Chor, sondern auch das Orchester.
Sehr innig sind dagegen die Choräle, mit denen Bach aus der Handlung heraustritt und das Geschehen reflektiert, aus der Perspektive der versammelten Kirchengemeinde.
Gemischter Gesamteindruck
Manchmal wirkt der Chorklang ein bisschen sopranlastig. Mit nur zwei Sängerinnen und Sängern pro Stimme ist es allerdings auch schwerer, homogen zu verschmelzen als in einem größeren Ensemble. Aber das ist kein Drama. Was ich schwieriger finde, sind einige der solistischen Passagen. Die mit Abstand größte Partie hat der Evangelist, der die biblische Handlung erzählt. Nicholas Mulroy macht das souverän und gut - aber eben nicht so selbstverständlich wie ein Muttersprachler. Man merkt ihm immer mal ein bisschen Mühe mit den Vokalfärbungen an - und das stört.
Solche Probleme hat Peter Harvey nicht, er singt sehr schön und mit exzellentem Deutsch. Sowohl bei den Jesus-Worten als auch in den Arien und Ariosi.
Es gibt sie schon, diese berührenden Momente. Auch in der Alt-Arie "Es ist vollbracht" mit dem Countertenor Alex Potter. Aber an anderen Stellen fehlt etwas: Bei der Sopranistin Joanne Lunn ist es etwa die Wärme im Ton.
Deshalb bleibt der Gesamteindruck der Aufnahme eher gemischt. Auch wenn das Orchester Concerto Copenhagen klasse spielt und der Leiter Lars Ulrik Mortensen an der Orgel feine Farben beisteuert.
J.S. Bach: Johannes-Passion
- Genre:
- Klassik
- Zusatzinfo:
- Concerto Copenhagen, Leitung: Lars Ulrik Mortensen
- Label:
- Berlin Classics
- Preis:
- 19,99 €