Benjamin Appl gastiert beim Brahms-Festival in Hannover
Am 11. März startet die NDR Radiophilharmonie gemeinsam mit namhaften Solistinnen, Solisten und Chören das Brahms-Festival in Hannover. Mit dabei ist auch Benjamin Appl.
Für Chefdirigent Andrew Manze hat Brahms "etwas Magisches". Dem Zauber dieser Klangwelten möchte er sich eine Woche lang widmen - mit sämtlichen Sinfonien und Solokonzerten. Im Eröffnungskonzert wird Brahms "Deutsches Requiem" aufgeführt. Neben der Sopranistin Susanne Bernhard wird der Bariton Benjamin Appl auftreten. Der gebürtige Regensburger lebt heute in London. Als Opern-, Konzert- und Liedsänger überzeugt Appl mit einem facettenreichen Repertoire und einer großen stimmlichen Bandbreite.
Johannes Brahms stellt im "Deutschen Requiem" gerade die tiefen Klänge in den Vordergrund. Das ist sehr ungewöhnlich, erzeugt eine Wärme, obwohl es ein Requiem ist. Das passt zu Benjamin Appl.
Benjamin Appl: Da ist etwas Musikalisches und wird instrumentiert, aber auch die Benutzung gewisser Tonhöhen oder eines Umfangs, eines Sängers - das ist beim Sopran genauso. Brahms findet genau den richtigen Tonfall und das ist das Direkte, was ich in seiner Musik ganz speziell finde.
Sie kennen Brahms nicht nur aus der Chor-Perspektive, sondern auch als Solist im Deutschen Requiem und natürlich auch als Liedkomponisten. Sie haben unter anderem ein Album mit Liedern von Johannes Brahms aufgenommen. Wenn Sie das insgesamt betrachten: Wie schreibt Johannes Brahms für die Stimme, wie ist er als Vokalkomponist?
Appl: Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich zu Beginn mit Johannes Brahms und seinen Liedern wirklich Probleme hatte. Dieses "Sturm und Drang" und dieses Klavier ist so laut und dann gibt es virtuose Läufe und man fühlt sich fast wie im Meer von der Welle eingedeckt. Und im nächsten Moment kommt schon wieder die nächste Welle. Da ist etwas in seinen Liedkompositionen, was denke ich, für ein Publikum oft spannend und interessant sein kann, dazu gehört auch dieser losgelöste, sehr emanzipierte Klavierpart. Aber ich fand das am Anfang irgendwie sehr eigenartig.
Es ist doch eine andere Art zu singen, man braucht einen größeren Pinsel als bei Schubert oder Schumann, wo man mit feinen Pinseln arbeitet. Bei Johannes Brahms ist es diese ganz große Maler-Bürste, die man benutzt, fast schon opernhaft. Ich spreche jetzt eher von der Benutzung der Stimme, als von der Interpretation. Das fand ich doch eine Herausforderung, aber ich stelle mich dieser Herausforderung täglich - oder nicht täglich, aber jedes Mal, wenn ich singe. So langsam mag ich es.
Interessant, dass Sie dann doch auch nach und nach reinwachsen. Sie haben gesagt, dass Sie mehr und mehr auch gelernt haben, das, was Sie in ihrem Alltag erleben, was gerade passiert, auch in Ihre Interpretation reinzulegen, statt es auszublenden. Wie geht es Ihnen da bei Brahms, wenn es um die Inhalte geht. Fühlen Sie sich da verbunden?
Appl: Was ich spannend finde, ist bei Schubert, Schumann, Bach, auch teilweise zeitgenössischen Komponisten, Mendelssohn - es ist für mich ein klareres Bild eines Ereignisses, eines Momentes, mit dem ich mich ganz konkret verbinde. Bei Brahms ist es wirklich eher die Definition eines Gefühls, weniger konkret mit einem persönlichen Erlebnis. Bei Brahms bricht es eher heraus, bei den anderen braucht es eine Zeit, bis man in diese Emotion hineinkommt. Es ist auch mehr in sich gewandt, gerade bei Schubert und bei Brahms - da ist doch alles sehr nach außen gewandt. Das ist eigentlich nicht meine Persönlichkeit. Deshalb braucht es auch mehr Zeit. So empfinde ich das.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.