Der Musiker Quincy Jones schaut lächelnd © picture alliance / dpa | Ursula Düren Foto: Ursula Düren
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AUDIO: US-Musiklegende Quincy Jones ist mit 91 Jahren gestorben (von Odilo Clausnitzer) (5 Min)

Zum Tod von Quincy Jones

Stand: 04.11.2024 14:46 Uhr

Quincy Jones ist am 3. November 2024 im Alter von 91 Jahren in Los Angeles gestorben. NDR Jazzredakteur Stefan Gerdes blickt auf die mehr als 75-jährige Karriere des großen Musikers.

Am 11. August 2012 betrat Quincy Jones in Danzig die Bühne des Open-Air-Geländes der Baltischen Philharmonie. Vor seinem Auftritt mit der NDR Bigband hielt er eine bewegende Ansprache an das Publikum, die zugleich sein Lebensmotto war: "Musik ist die vielleicht einzige absolute Kraft in dieser Welt. Sie überwindet Grenzen der Länder, der Kulturen und Religionen, ebenso wie Politik, Klassen und Hautfarben. Denkt, lacht und liebt!" Für diese Botschaft war Quincy Jones in seiner mehr als 75-jährigen Karriere unermüdlich unterwegs. Die war eine einzigartige Erfolgsgeschichte. 28 Grammys brachten ihn auf Platz drei der ewigen Bestenliste; er produzierte mit Michael Jacksons "Thriller" das meistverkaufte Album aller Zeiten; 1994 erhielt er den Polar Music Prize, eine Art Nobelpreis der Musik. Er war Komponist, Arrangeur, Produzent und baute sich ein eigenes Imperium auf, mit Verlag, Zeitschriften und TV-Produktionen.

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US-Musikproduzent und Jazztrompeter Quincy Jones lächelt bei der Vorstellung seines Dokumentarfilms "Quincy" auf dem Toronto Film Festival am 7. September 2018 in Toronto. © Chris Pizzello/Invision/AP/dpa Foto: Chris Pizzello

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Musikalische Anfänge

Quincy Jones Leben spiegelte die gesamte afro-amerikanische Musik - von Blues bis zu Soul und HipHop. Sein Leitmotiv aber war der Jazz. Jones begann als ein hochbegabter Trompeter. Mit 14 hatte er schon eine eigene Band mit dem zwei Jahre älteren Ray Charles. Der soll ihm damals auch das ABC des Arrangierens beigebracht haben. Mit 18 schrieb er schon für die Band von Lionel Hampton und wenig später für Dizzy Gillespie. Er verfeinerte seine Kunst in Paris, wo er 1957 Kompositionsunterricht bei Nadja Boulanger nahm. Mit der Zeit entwickelte Quincy Jones seine eigene Handschrift als Arrangeur und schuf einen Sound, der raffiniert und gleichzeitig klar und populär war. Er sagte einmal: "Ich habe zwei große Talente: ich kann jeden Gedanken in Noten umsetzen, und ich kann jede Band klingen lassen, als würden die Instrumente singen."

Das machte er allerdings nicht ganz allein. Er etablierte seinen Sound sehr effizient als Marke und hatte dafür – wie damals durchaus üblich – auch seine Ghostwriter. Einer von ihnen war ein gewisser Billie Byers, der den Spitznamen "Der schnellste Arrangeur der Welt" hatte. Byers kannte genau den Sound, den Quincy Jones wollte. Am besten gelang dies in den 1960er Jahren, mit Frank Sinatra und der Bigband von Count Basie. Das war eine Musik voller Swing und Drive. Diese Zeit war Jones stärkste Jazz-Phase. Eine äußerst erfolgreiche obendrein. Sein Arrangement für Sinatras und Basies Version von "Fly Me To The Moon" wurde 1969 bei der Live-Übertragung der Mondlandung weltweit im Fernsehen gespielt.

Als Afro-Amerikaner: Entweder Gangster oder Musiker

Neben der Musik gab es in der Geschichte von Quincy Jones einen weiteren roten Faden: Rassismus. Seine Großmutter war noch eine Sklavin gewesen. Jones wurde in der Southside of Chicago geboren, in den 1930er -Jahren ein prekäres schwarzes Ghetto. Die Erfahrungen von Elend und Diskriminierung prägten ihn sehr. Seine Mutter war psychisch krank, um ihn herum Armut und Gewalt. Ein Gangmitglied nagelte einmal seine Hand mit einem Messer an einem Zaun fest, ein anderer schlug ihm mit einem Eispickel an die Schläfe. Die Narben blieben zeitlebens deutlich sichtbar. In einem Interview sagte Quincy Jones einmal, er habe erst mit 11 Jahren den ersten Weißen gesehen, und die einzige Chance mit seiner Hautfarbe war die Wahl, entweder Gangster oder Musiker zu werden. Diese traumatischen Erfahrungen prägten ihn. Er vergaß sie nie - egal wie reich und berühmt er wurde.

Seine Themen waren immer wieder Sklaverei und Rassismus

Der damalige US-Präsident Barack Obama (r) verleiht im East Room die National Medal of Arts und die National Humanities Medal 2010 an Quincy Jones. © Shawn Thew/EPA/dpa Foto: Shawn Thew
Der damalige US-Präsident Barack Obama (r) verleiht im East Room die National Medal of Arts und die National Humanities Medal 2010 an Quincy Jones. Jones erhielt die Auszeichnung für seine außergewöhnlichen Beiträge zur amerikanischen Musik als Musiker, Komponist, Plattenproduzent und Arrangeur.

Quincy Jones war der erste Afro-Amerikaner, der im Vorstand von Mercury Records, einer der größten Plattenfirmen, arbeitete. Er schrieb für Sinfonieorchester und wurde ein immens erfolgreicher Produzent für Soul, Funk und Pop. Im Grunde war er eine Art Katalysator. in den 1960er Jahren war er die richtige Person zur richtigen Zeit. Während der Bürgerrechtsbewegung befand er sich an der Seite von Martin Luther King. Mit seinem Talent, seiner Eloquenz, seiner Ausstrahlung und seinem Selbstbewusstsein wurde er das ideale Scharnier zwischen der künstlerisch reichen schwarzen Kultur und der von Weißen beherrschten Musikindustrie. Jones etablierte sich schließlich auch in Hollywood und schuf dort gefeierte Filmmusiken u.a. für "In der Hitze der Nacht" (1967), die Fernseh-Serie "Roots" und "Die Farbe Lila" (1985) – Filme und Serien, die von der Grausamkeit von Sklaverei und Rassismus handelten.

Quincy Jones zeigt immer Haltung

So lässt sich die Geschichte von Quincy Jones auch als ein bedeutendes und wirkungsvolles Beispiel der Selbstermächtigung der Afro-Amerikaner im Musik- und Filmgeschäft lesen. Mit dem Erfolg machte er sich einen Namen. Aus diesem schuf er das Gütesiegel "Quincy Jones", das er einsetzte, um andere zu fördern - von Michael Jackson bis Jacob Collier.

Quincy Jones konnte die Klaviatur des Show- und Musikbusiness bespielen, aber er zeigte in diesem Geschäft immer Haltung. Er hielt Reden vor der UNO, kannte aber auch die Sprache der Straße. Vielleicht war dies seine größte Qualität – neben seiner musikalischen Leistung.

Ein Text von Stefan Gerdes

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