Quincy Jones ist tot: Was hat seine Musik so besonders gemacht?
Der legendäre amerikanische Musikproduzent Quincy Jones ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Ingolf Burkhardt, Trompeter der NDR Bigband, hat ihn bei einem gemeinsamen Konzert 2012 in Danzig kennengelernt.
Herr Burkhardt, wie war die Begegnung damals?
Ingolf Burkhardt: Das war eine sehr spezielle Begegnung. Das war ein riesengroßes Konzert in Gdansk mit zwei großen Bühnen. Am Ende waren es 27.000 Leute im Publikum. Wir hatten als Jugendliche immer den Running-Gag, wenn das Telefon klingelte: "Jetzt ist Quincy Jones dran!" Und plötzlich war die Situation, dass wir im großen Proberaum saßen und tatsächlich Quincy Jones reinkam. Jones war von Anfang an Jazztrompeter und hat dann mit dem Arrangieren angefangen, und folgerichtig kam er als allererstes zu uns nach hinten, zu den Trompetern, und hat erst mal geguckt, was wir für Mundstücke spielen. Da war natürlich direkt ein Draht da, es gab gleich ein gemeinsames Thema. Er sagte: "The trumpet players, they do the really hard work." Er wusste das also sehr gut zu schätzen. Da sitzt man und denkt: Jetzt zwick' mich mal einer!
Also war er auch ganz nahbar und zugänglich?
Burkhardt: Total. Ich habe ihn auch noch an einer anderen Stelle erlebt, als ich mit einer anderen Band in London gespielt habe - da saß er im Publikum. Dass er einfach kurz ins Ronnie Scott’s kommt, wo er bestimmt auch andere Sachen zu tun hat, um sich einfach eine Band anzuhören, mit der ich gespielt habe - das allein finde ich sehr bezeichnend. So wie ich das in den paar Momenten, die man zusammen verbracht hat, mitgekriegt habe, war total klar, dass Quincy Jones in erster Linie Musiker ist und für ihn Musik einfach alles ist. Das wurde total deutlich, und es hat sich auch so manifestiert.
Wie war die Zusammenarbeit? Traut man sich was, oder ist man vor Respekt fast erstarrt?
Burkhardt: Nee, erstarrt ist man gar nicht. Wenn man mit so tollen Leuten arbeiten darf, spornt das ja an. Man sitzt vielleicht ein Stückchen weiter an der Stuhlkante. Natürlich hat er keine neuen Arrangements mitgebracht, sondern die Sachen, die man schon kennt. "Soul Bossa Nova" mit Quincy vorne zu spielen, das ist schon was Spezielleres, als wenn man das sonst mal spielt. Da ruft man einfach seine Leistung ab und freut sich, dass man dabei sein darf - bis dann einer kommt und einen zwickt. Und dann ist es aber trotzdem immer noch wahr.
Was hat seine Musik so besonders gemacht?
Burkhardt: Zuerst einmal hat er die Big Band-Landschaft unglaublich mitgeprägt, schon in den 50er-, 60er-Jahren. Auch in den Jahren in Schweden und in Paris, wo ganz klar auch schon eine Brücke zu Europa da war. Das war zu der Zeit nicht immer so: Es gab ein paar Epigonen, die rüberkamen, aber ansonsten waren die Szenen noch sehr getrennt. Amerika war das Heldenland, und Europa versuchte, sich dem ein bisschen anzugleichen oder es teilweise zu kopieren. Das hat man einfach gemerkt. "The Midnight Sun Never Sets" zum Beispiel oder "Dear Old Stockholm", wo er ein traditionelles schwedisches Thema aufgegriffen hat - das waren alles Stücke, die transatlantisch Bedeutung hatten.
Das Besondere ist: Er hatte seine Handschrift, es ist der Sound, den er generiert hat. Die Stimme zu spielen, die schon ganz berühmte Leute aus den 50er- und 60er-Jahren vor einem gespielt haben - das hat es ausgemacht, dass man selber ein Stück Jazzgeschichte mitbearbeiten durfte.
Also höre ich da raus, dass die Musik auch weiterhin zeitlos sein wird und auch weiterhin in den Big Bands, auch in der NDR Bigband, gespielt wird?
Burkhardt: Absolut, immer. Das ist zeitlos, und das wird auch nie altmodisch werden, weil sich die Musik immer wieder neu erfindet und immer modern bleiben wird.
Das Gespräch führte Julia Westlake.