Jazzalbum des Monats: "Kind of Miles" von Paolo Fresu

Stand: 02.01.2025 11:48 Uhr

Mit "Kind of Miles" widmet sich der Paolo Fresu dem Zauber des großen Miles Davis. Ein Album, das zeigt, wie wertvoll es ist, sich von anderen Kulturen, Menschen und Künsten anregen zu lassen.

von Mauretta Heinzelmann

Warum wandern Menschen zwischen Kulturen und zwischen Künsten? Musikalische Antworten darauf gibt der italienische Trompeter Paolo Fresu mit einer Alben-Trilogie. Wie Sardinien und Südamerika klanglich verwandt sind, erforschte Fresu z.B. in "Tango Macondo", außerdem ließ er sich von Chet Baker inspirieren, von dem er lernte, "auf der Trompete zu singen". Musikalische Migration weitet den Horizont: mit "Kind of Miles" beschließt Fresu jetzt seine Trilogie.

Dieses Album handelt vom Mythos des amerikanischen Trompeters Miles Davis. Ein Wagnis, das Paolo Fresu entspannt angeht, er bleibt locker, wenn er sich in den Zauber des großen Miles einfühlt. Der Mythos könnte andere vor Ehrfurcht erstarren lassen. Aber Stillstand wäre sicher nicht in Miles Davis' Sinne gewesen, der sich immer wieder neu erfunden und den Jazz weiterentwickelt hatte. Paolo Fresu ließ sich von dieser Haltung beflügeln und befreien - für ein Theaterstück am Teatro Stabile di Bolzano und nun auf dieser Doppel-CD. Fresu schreibt im Booklet: "Atem und Stimme verstärken die Taten und machen sie zu Geschichte in einem Zeitsprung, der Entfernungen auflöst und Zeit ausdehnt."

Miles Davis' Musik im Heute weiterfließen lassen

Der Trompeter Paolo Fresu auf einem Konzert im Alten Römischen Theater von Benevento im Juli 2021.

Das Doppelalbum beginnt mit "Shadows": feinfühligen Balladen voller Wärme und Trost. Den coolen Stil der späten Phase von Miles Davis erkundet Paolo Fresu ebenso meisterhaft mit ausgedehnten Improvisationen über modale Strukturen und Grooves auf der zweiten CD "Lights", z.B. in "Time After Time".

Lieblingsstücke von Miles Davis sowie eigene Kompositionen Paolo Fresus und seiner exzellenten Bandmitglieder fügen sich in die herrlich nostalgische Stimmung des Albums ein, die durch den Einfallsreichtum der italienischen Jazzgrößen umso frischer ins Jetzt geholt wird. Ein Album, das zeigt, wie wertvoll es ist, sich von anderen Kulturen, Menschen und Künsten anregen zu lassen und die Musik im Heute weiter fließen zu lassen.

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