Jazzalbum der Woche: "Dünyalar"
"Dünyalar" muss lebenslang eine Art Familien-Motto gewesen sein für den 38-jährigen Bassisten: "Welten" bedeutet der Titel, mit dem Achim Seifert seine jüngste Produktion überschrieben hat.
Das neue Album von Achim Seifert ist seiner Mutter Heidrun gewidmet. Sie stand für die eine Welt - der Vater, erfolgreicher Schlagzeuger aus der Türkei, stand für die andere. Und genau darum geht's immer wieder, auch im Jazz: um die Begegnung der Welten, familiär wie musikalisch.
Seifert spielte zunächst die elektrische Variante des Instruments und war sicher auch darum in jungen Jahren eher in der Rock-Musik zu Hause. Der Vater steuerte Kenntnisse türkischer wie arabischer Musik bei. So hat sich Sohn Achim schon früh an die Allgegenwärtigkeit "krummer" Rhythmen gewöhnt. Im Jazz war ein Fünf-Viertel-Takt zu Zeiten von "Take Five" (1959) noch eine Sensation. Aber Taktarten mit fünf, sieben, neun oder elf Schlägen sind in der türkisch-arabischen Tradition die Regel, das ist "Swing" dieser anderen Welt.
Die Zeit swingt anders
Die Familie in der Türkei hat Achim Seifert Kompositionen schicken lassen, die er für die neue Produktion bearbeitet. Seifert ist heute eher im Jazz zu Hause - per Stipendium lernte er in den USA bei Größen aus Rock, Pop und Jazz. Das eigene "Project"-Ensemble war danach unter anderem auf Tournee mit Randy Crawford. Er selbst spielte auch mit Max Mutzke oder Udo Lindenberg. Der Bassist ist ein Allrounder. 2016 wurde er durch die Nominierung für den "Echo Jazz" geehrt.
Zunächst hat Seifert an der Musikhochschule in Osnabrück unterrichtet, mittlerweile gibt er die eigene Kenntnis über die verschiedenen Welten populärer Musik an der Hochschule in Rostock an Studierende weiter. Und immer schwingt dabei eine Haltung mit, die aus Erfahrung gewachsen ist: Der Grenzgang sollte heute niemanden mehr verstören. Dafür steht auch das aktuelle Ensemble. Mit Saxofonist Leonard Huhn, Pianist Roman Rofalski und Schlagzeuger Konrad Ullrich sind nachwachsende Meister neuerer Jazzstile dabei. Mona Burger spielt Geige und Sarpay Özcagatay Flöte.
Selbstverständlichkeiten
Längst braucht's ja tatsächlich kein Multikulti-Label mehr für diesen Zusammenklang, diese Nachbarschaft der Welten - sie haben einander mittlerweile intensiv und produktiv durchdrungen. Wie schön, dass all das heute so selbstverständlich ist, und dass Jazz-Sounds wie die von Achim Seiferts Team Teil dieser Gemeinschaft der Welten sind.
"Dünyalar"
- Genre:
- Jazz
- Zusatzinfo:
- Label:
- Double Moon Records
- Veröffentlichungsdatum:
- 24.03.2023
- Preis:
- 14,99 €