Der Sänger Prince im Jahr 1986. © picture alliance / Photoshot | - Foto: picture alliance / Photoshot | -
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AUDIO: Prince (68 Min)

Prince: "Er wollte zeigen, dass er der Größte ist"

Stand: 19.04.2025 06:00 Uhr

Vor fast einer Dekade starb der Musiker: Prince schien in seinem kreativen Schaffen zeitlebens auf Hochtouren zu laufen. In Urban Pop sprechen Peter Urban und Ocke Bandixen über sein außergewöhnliches Talent und sein Streben nach Wertschätzung.

Es muss für Princes Mitmusiker schwierig gewesen sein, mit seinem Tempo und seinem Ideenreichtum Schritt zu halten. So war der 2016 verstorbene Popvisionär in seinem musikalischen Schaffen außergewöhnlich schnell, wie Peter Urban im ARD Podcast Urban Pop berichtet: "Er produzierte Tag und Nacht in seinem Heimstudio in Minneapolis und er verstand nicht, warum seine Bandmitglieder nach stundenlangen Proben müde wurden. Ihm reichten zwei Stunden Schlaf." Für Wendy Melvoin, die in Princes Begleitband "The Revolution" spielte, fühlte sich die Zusammenarbeit mit ihm aufgrund seines Tempos stets an wie der Versuch, sich an einem vorbeiziehenden Kometen festzuhalten.

Insgesamt veröffentlichte Prince, der mit bürgerlichem Namen Prince Rogers Nelson hieß, bis zu seinem Tod 38 Alben. Darüber hinaus existieren zahlreiche unveröffentlichte Werke.

Der junge Prince schlich sich in Stripclubs

Prince wurde 1958 in Minneapolis geboren. Seine Mutter Mattie Della Shaw Baker war Jazzsängerin. Sein Vater John Lewis Nelson trat nebenberuflich als Jazzpianist und Sänger mit seiner Band, dem "The Prince Rogers Trio", in Hotels, Clubs und Stripclubs auf. "Der kleine Prince hat sich wohl schon damals in Stripclubs geschlichen und die Auftritte seines Vater beobachtet. Da hat er vielleicht auch Dinge gesehen, die dann später auch auf seine Bühnenauftritte abfärbten", mutmaßt Urban.

Seine Kindheit und Jugend waren geprägt von familiären Schwierigkeiten. Princes Eltern trennten sich, als er zehn Jahre alt war. "Er wohnte eine Zeit lang bei seinem Vater, aber das ging nicht richtig gut", berichtet Urban. "Er zog dann zu seiner Mutter. Die hatte einen neuen Ehemann, der Kinder mitbrachte. Dort fühlte er sich auch nicht richtig zu Hause." Prince wohnte deshalb lange Zeit bei seinen Nachbarn, deren Sohn Andre Simon Anderson sein Freund war. Anderson spielte später als Bassist in Princes Band. Heute ist er unter dem Künstlernamen André Cymone bekannt.

Prince beeindruckte mit seinem Allround-Talent

Prince bewies früh musikalisches Talent und Know-How in der Musikproduktion. Urban erzählt: "Die Leute wurden auf ihn aufmerksam, er durfte Demos machen. Ein Finanzier bezahlte ihm dann die Reise nach Los Angeles zu Warner Brothers." Bereits im Alter von 19 Jahren ergatterte Prince einen Plattenvertrag, der ihm weitreichende Freiheiten gab. "Er nahm drei Alben auf und konnte im Prinzip machen, was er wollte - diese Freiheit und das Vertrauen in einen unbekannten Künstler, das ist absolut ungewöhnlich."

Der damalige Warner Brothers-Musikproduzent Lenny Waronker erzählte 2016 in einem Interview mit der "Entertainment Weekly", er sei von Princes Talent beeindruckt gewesen: So habe der damals 18-Jährige alles allein gekonnt - vom Singen und Schreiben der Songs über das Spielen der Instrumente bis hin zur Produktion. Und das in einer Zeit, in der technische Produktionsmöglichkeiten noch sehr begrenzt waren.

Durchbruch mit Tabubrüchen und ganz neuen Sounds

Viele von Princes Songs sind geprägt von Tabubrüchen. 1980 erschien mit "Dirty Mind" sein erstes Album, welches diese Seite zeigte. "Der Song 'Head' erzählt die Geschichte einer Braut, die auf dem Weg zu ihrer Hochzeit zu oralen Abenteuern verführt wird. Das Album und seine heftigen Texte sorgten damals für einen Skandal", erzählt Urban.

Sein kommerzieller Durchbruch gelang Prince im Jahr 1982 mit seinem fünften Album "1999" und dem gleichnamigen Song. Urban erinnert sich: "Das waren Riesenhits, auch in den Popcharts. Er produzierte sehr innovativ, zeigte bis dahin nicht gehörte Grooves und Sounds. Das war ganz neu."

Wendy Melvoin spielte Akkorde für "Purple Rain"

Seinen Hit "Purple Rain" schrieb Prince ursprünglich als Countrysong. Bei Aufnahmeproben spielte seine Bandgitarristin Wendy Melvoin die typischen offenen Akkorde, die am Anfang des Songs zu hören sind. "Sie inspirierte Prince damit zu der Version, die ihn weltberühmt gemacht hat", erzählt Urban.

Geringe Körpergröße, besondere Aura

Prince war mit einer Körpergröße von 1,58 Meter vergleichsweise klein. "Er fragte immer seine Schwestern, warum er so klein ist", erzählt Urban. "Sie sagten: Wenn du musikalisch bist, ist es egal, wie groß du bist." Peter Urban sah Prince mehrmals live, begegnete ihm sogar bei einem Konzert im Jahr 1999 in London. "Er rannte durch die Reihen und stand plötzlich neben mir. Er war tatsächlich sehr klein, aber er strahlte eine unheimlich beeindruckende Aura aus."

"While My Guitar Gently Weeps" in der Hall Of Fame

Laut Urban war Prince privat ein schüchterner Mensch, hatte in Bezug auf sein Können aber durchaus Selbstbewusstsein und ein großes Ego. Als Prince 2004 neben George Harrison und anderen Künstlern in die Rock 'n Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, nahm er an einem Auftritt zur Würdigung des damals bereits verstorbenen George Harrison teil. Gemeinsam mit Tom Petty, Jeff Lynne, Steve Winwood und Harrisons Sohn Dhani performte er in Erinnerung an Harrison den Beatles-Song "While My Guitar Gently Weeps".

Unangemessener Auftritt oder legendäres Gitarrensolo?

Über diesen Auftritt wurde rückblickend viel diskutiert. Einige Beobachter sehen in Princes ausuferndem Gitarrensolo einen Tabubruch, weil er sich aus ihrer Sicht unangemessen in den Vordergrund stellte, obwohl das Konzert an Harrison erinnern sollte.

Möglicherweise fühlte sich Prince in seinem Können und seiner Kunst nicht ausreichend anerkannt und wertgeschätzt. Bei einer Auflistung der 100 besten Gitarristen aller Zeiten der Zeitschrift Rolling Stone soll Prince zu diesem Zeitpunkt nicht aufgeführt gewesen sein. Urban meint: "Er wollte den anderen wohl zeigen, dass er der Größte ist." Als das Stück endet, wirft Prince seine Gitarre in die Luft und geht von der Bühne, ohne seine Mitmusiker eines Blickes zu würdigen. Beatles-Fan Bandixen meint: "Er spielt unfassbar gut. Aber es war eben eigentlich eine Session für George Harrison."

Verpasste Hüftoperation wegen abgelehnter Bluttransfusion

Auch mit seinem Auftreten sorgte Prince für Aufsehen: "Er kam im romantischen Barockstil daher, trug Rüschenhemden, lange Mäntel, hatte Locken. Zu sehen war häufig die Farbe Lila und viel Lack, er wirkte androgyn. Das kannte man damals nicht", erzählt Urban.

Der Sänger Prince sitzt im Jahr 1986 im Spagat und mit High Heels auf der Bühne. © picture alliance / Avalon/Retna | Photoshot/Retna Foto: picture alliance / Avalon/Retna | Photoshot/Retna
Prince sitzt bei einem Auftritt im Jahr 1986 im Spagat auf der Bühne - eine typische Pose für den Sänger, der später mit Hüftproblemen kämpfte.

Prince trug häufig High Heels, bekam irgendwann Hüftprobleme. "Er sprang im Spagat von Bühnen, das machen die Gelenke irgendwann nicht mehr mit", meint Urban. "Er hatte starke Schmerzen, brauchte ab 2005 eigentlich neue Hüftgelenke." Weil er Mitglied der Zeugen Jehovas war, wollte er sich keiner Operation unterziehen. Urban erzählt: "Bei Hüft-Operationen bekommt man Bluttransfusionen, das lehnen die Zeugen Jehovas ab." Aus diesem Grund nahm Prince starke Schmerzmittel, darunter das Opiat Fentanyl, welches ihn süchtig machte.

Tod 2016 durch Überdosis Schmerzmittel

Prince starb am 21. April 2016 im Alter von 57 Jahren an einer Überdosis des Schmerzmittels Fentanyl. Er wurde leblos in einem Fahrstuhl seines Wohnkomplexes in Minnesota gefunden. Urban erinnert sich an den Tag, als er von Princes Tod erfuhr: "Ich war geschockt. Ich wusste nichts von der Schwere seiner gesundheitlichen Probleme."

Vielleicht würde sich Funklegende Prince heute durchaus wertgeschätzt fühlen. Schließlich nahm ihn die Zeitschrift "Rolling Stone" nach Fanprotesten über sein Fehlen und nach seinem vieldiskutierten Auftritt wieder mehrfach in die jährliche Auflistung der besten Gitarristen aller Zeiten auf. Und auch Kollegen scheinen sein Können zu sehen: Einer Erzählung nach soll Eric Clapton in einem Radiointerview gefragt worden sein, wie es sich anfühle, der weltbeste Gitarrist zu sein. Seine Antwort darauf soll gelautet haben: "Ich weiß es nicht. Frag Prince."

Alle Folgen von Urban Pop hören Sie in der ARD Audiothek.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban | 15.10.2021 | 21:03 Uhr

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