Männer, macht Platz! Musikerinnen kämpfen für Gleichberechtigung
Das Musikgeschäft ist überwiegend männlich - vom Musiker bis zum Label-Chef, in den Playlists und auf den Bühnen. Weibliche Talente gibt es genug. Sie helfen sich mit verschiedenen Initiativen.
Von wegen Gleichberechtigung: Die Musikbranche ist ein Herrenclub - die Charts werden von Männern dominiert, auf Festivals treten fast nur Männer auf, in den Vorstandsetagen der großen Label sitzen ausschließlich Männer. Ein Großteil der Kulturgelder, die vom Staat vergeben werden, gehen in männliche Hände. Frauen sind in allen Bereichen des Musikgeschäfts unterrepräsentiert. Wieso haben wir diese Ungerechtigkeiten im Jahre 2021 nicht schon längst überwunden?
Reichlich weibliche Nachwuchstalente
An weiblichen Nachwuchstalenten hapert es nicht: An den Universitäten ist der Anteil 50:50, weiß Andrea Rothaug vom Verein Rockcity Hamburg. Frauen haben gute Ausbildungen und sind kompetent, aber sie verschwinden häufig in pädagogischen und sozialen Berufen, dort, wo weit weniger Geld verdient wird. Schuld seien auch die Arbeitsbedingungen in der Musikbranche, die nicht sehr familienfreundlich sind: 24/7, Nachtarbeit. Viele wichtige Entscheidungen entstehen außerhalb des Büros, in der Bierrunde - unter Männern.
Netzwerk für Musikerinnen: Music Women Germany
Das Problem sei strukturell tief verankert, sagt die Musikerin und Produzentin Onejiru. Die Musikbranche sei in allen Bereichen sehr männerdominiert und Männer fördern ganz offensichtlich lieber Männer. Onejiru hat schon oft den Satz gehört: "Du machst ganz tolle Musik, aber wir haben schon eine Frau."
Diesen Satz kann Andrea Rothaug nicht mehr hören. Zusammen mit neun anderen Frauen gründete sie das Netzwerk Music Women Germany mit einer bundesweiten Datenbank, das erste Netzwerk für alle Musikfrauen in Deutschland, das Frauen für alle Sparten des Musikgeschäfts vermittelt. "Wir hätten gern eine Frau gebucht, haben aber keine gefunden" - damit kann sich nun niemand mehr herausreden.
Haupteinnahmen mit Live-Geschäft
Die Bookerin, Vanessa Cutraro ist eine der wenigen Frauen in der Branche. Frauen und Geld, das würde vielen ihrer weiblichen Kolleginnen nicht zugetraut. Die meisten arbeiten als Assistentinnen, obwohl sie viel lieber selber buchen würden. 70 Prozent des Geldes wird im Live-Geschäft gemacht, Festivals sind für Bands also enorm wichtig. Auf dem Line-Up von Rock am Ring standen 2019 knapp 300 Menschen auf der Bühne - 97 Prozent davon waren Männer und nur drei Prozent Frauen.
"Grrrl Noisy" als geschützer Raum für Frauen
Es gäbe kaum weibliche Vorbilder für junge Mädchen und das sei ein Problem, so die Newcomerband "24/7 Diva Heaven". Frauen seien einem großen Druck ausgesetzt, wenn sie auf der Bühne stünden. Die Band gründete das Kollektiv "Grrrl Noisy", einen geschützten Raum, wo Frauen sich auf Jam Sessions ausprobieren können.
Gender Pay Gap in Musikbranche bei 30 Prozent
Frauen sind aber nicht nur seltener erfolgreich, sie verdienen auch deutlich weniger Geld. Laut Statistischem Bundesamt liegt der Gender Pay Gap, der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern, in Deutschland bei 18 Prozent. In der Musikbranche verdienen Frauen teilweise bis zu 30 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.
Rapperinnen kämpfen um Anerkennung
Eine neue weibliche Rap-Generation ist auf dem Vormarsch. Rapperinnen wie die Österreicherin KeKe spielen mit den Klischees. Dafür, dass sie vermeintliches Männer-Terrain betreten, werden sie hart angegangen. Beleidigungen, die unter die Gürtellinie gehen, sind keine Seltenheit.
Von diesen ganzen Hate-Kommentaren hatte die Musikpromoterin Lina Burghausen genug. Als Antwort gründete sie die inzwischen preisgekrönten Blogreihe "365 Female MCs", wo sie jeden Tag eine Rapperin vorstellte - ein ganzes Jahr lang. Lina Burghausen ist der Meinung, dass die Zukunft im Rap den Frauen gehören wird.
In diesem Business gebe es zu viele Männer die Bullshit labern, Luftschlösser bauen und sich mit Lorbeeren schmücken, die ihnen nicht zustehen, beklagt die Singer-Songwriterin Alin Coen. Sie kämpft für mehr Gleichberechtigung und fordert: "Männer macht Platz!", auch in den Playlists der Radios. Die Musikerin kritisiert einen Teil der Musikbranche als wirklich frauenfeindlich. Große Label geben Rappern mit extrem misogynen Texten einen Plattenvertrag und befeuern so den Sexismus in der Szene.