"Gravitations" - Neue Konzertserie der Hamburger Symphoniker
"Gravitations" lautet der Titel einer dreiteiligen Konzertserie von Komponist Haggai Cohen-Milo der Hamburger Symphoniker zwischen Jazz, Improvisation und Spoken Word Art. Auftakt ist am 16. Januar in der Laeiszhalle.
Es geht um Schwergewichte des klassischen Musikrepertoires von Mahler über Verdi bis hin zu Debussy. Der Kniff dabei: Jazzkontrabassist und Komponist Haggai Cohen-Milo wird diese klassischen Werke umkreisen - mit neu komponierter Musik, Gesprächen und Improvisationen. Für jedes Konzert stellt er eine neue Band zusammen.
Auftakt der Trilogie mit Debussys "Prélude à l’après-midi d’un faune"
Den Anfang macht Claude Debussys "Prélude à l’après-midi d’un faune", sein populärstes und zugleich sein erstes bedeutendes sinfonisches Werk, das durch seine damals völlig innovative freie Form und die faszinierende Synthese aus Naturerlebnis und Fantasie schockierte und zum Schlüsselwerk einer ganzen Epoche wurde.
Diesen "neu gedachten" Debussy gibt es am 16. Januar 2025 zu hören: im kleinen Saal der Hamburger Laeiszhalle. Tickets gibt es über die Website der Symphoniker Hamburger. Die wiederum am Montag, den 20. Januar, das Original von Debussy in einem Sonderkonzert der Hamburger Elbphilharmonie unter Leitung von Sylvain Cambreling spielen werden.
Intendant Daniel Kühnel: "Ein völlig stiller Bahnhof in Halle"
Alles begann vor etwa zwei Jahren im eiligen Trubel ein- und ausfahrender Züge, geschäftiger Reiseleute und Durchsagen auf einem Bahnsteig. In diesem Setting hatte ein sechsköpfiges Jazz-Ensemble rund um den Kontrabassisten Haggai Cohen-Milo Gustav Mahlers "Lied von der Erde" interpretiert. Der Projektleiter und Intendant der Hamburger Symphoniker Daniel Kühnel erinnert sich: "Ich werde nie ein Konzert vergessen, das wir im Bahnhof Halle gemacht haben. Wie zwar nichts von dem, was man da hörte 'Lied von der Erde' von Mahler war - kein Ton, und trotzdem alles, was da war, von Mahler gedacht war und wie dieser Bahnhof plötzlich zum Schluss völlig still war. Für zehn Sekunden. Da war eine Betroffenheit, für die man normalerweise erst in den Konzertsaal muss, für die sonst ein großes Orchester auf die Bühne kommen muss und die man manchmal verpasst, weil man gerade diesen Moment nicht auf sich wirken lassen kann."
Dieses Gefühl will Kühnel mit den Hamburger Symphonikern in den Konzertsaal bringen. "Was wir tun, ist immer die Suche nach der richtigen Haltung, nach dem wirklich richtigen Ton für das Hier und das Jetzt, weil so ein Stück eine Aussage hat", meint Kühnel. "Da haben wir einen wunderbaren Partner in Haggai Cohen-Milo gefunden, der sich auf diese Suche nach den eigentlichen Inhalten, die eine rein musikalische Suche ist, gemacht hat und sich traut, auf eine kluge und schöne Weise diese Inhalte in eine andere musikalische Sprache zu übertragen."
Für Kontrabassist und Komponist Cohen-Milo steht die emotionale Wirkung des impressionistischen Werks im Vordergrund: "Es regt die Fantasie an. Man will sich darauf einlassen. Vor allem, selbst wenn man nach den ersten fünf Sekunden des Stücks aufhört. Man wird so sehr hineingezogen".
Mehrere Jahre für zehn Takte
Die Sinfonische Dichtung ist relativ kurz. An den 110 Takten mit einer Spieldauer von rund elf Minuten arbeitete Debussy über mehrere Jahre. Die Ausdauer hat sich gelohnt. Mit der innovativen und freien Form des Werks wurde nicht nur die Uraufführung im Jahr 1894 zu einem großen Erfolg. Bis heute gehört das "Prélude à l'après-midi d'un faune" zu Debussys populärsten Werken. "Wenn ich es heute höre, höre ich die Schönheit, die Magie - wie zart und spiralförmig, wie anschaulich es ist. Aber ich kann mir vorstellen, dass es damals, als es herauskam, ein viel, viel größerer Schock für die Hörer war. Einfach im Vergleich zu dem, was es damals gab", so Cohen-Milo.
Gemeinsam mit einer eigens für den Abend zusammengestellten Band und dem Spoken Word Artist Stimulus möchte Cohen-Milo dieses Schwergewicht des Impressionismus für die Gravitations-Reihe neu denken. Ein inspirierender Prozess: "Eines der Dinge, die ich beim Komponieren für dieses Konzert gemacht habe, war, die Musik einfach abzuspielen - sie auf meine Stereoanlage zu legen und damit zu spielen. Ich habe Klavier und Bass zu der Komposition mit Debussy gespielt. Es gibt so viele Ideen, die einfach herauskommen wollen."
Die Mitschnitte dieser beiden Konzerte gibt es bei NDR Kultur am 2. Februar 2025 ab 21 Uhr zu hören.