Feinfühlige Interpretin - Jasmin Tabatabai singt bei NDR Kultur Extra
Die bekannte Schauspielerin Jasmin Tabatabai ist auch eine ausgezeichnete Sängerin. Bei NDR Kultur EXTRA präsentiert sie ihr aktuelles Programm.
Die meisten kennen sie vor allem als gefragte Schauspielerin, aber Jasmin Tabatabai kann auch hervorragend singen. Mit dem Schweizer Musiker, Komponisten und Produzenten David Klein hat sie bereits drei Alben aufgenommen. Manche Kritiker nennen sie im gleichen Atemzug wie Marlene Dietrich oder Hildegard Knef. Als Jazz- und Chansonsängerin hat Jasmin Tabatabai bereits Preise gewonnen, dennoch tritt sie nur selten auf. Eine Woche vor ihrem lange erwarteten Konzert in der Hamburger Laeiszhalle macht sie bei NDR Kultur EXTRA Station. Im Gepäck hat sie Stücke von ihrem aktuellen Album "Jagd auf Rehe", begleitet von David Klein (Saxofon) und Jerry Lu (Klavier).
Jasmin, du hast ein Faible für melancholische Chansons, oder?
Jasmin Tabatabai: Ja, die liebe ich ganz besonders. Das ist, glaube ich, meine persische Ader. Iraner lieben melancholische Musik. Ich kann mich an Bilder erinnern, als mein Vater immer auf unserer Terrasse saß und traurige Musik im Radio gehört hat. Dabei hat er geraucht und geweint. Das ist für Iraner nichts Absurdes. Dass Männer bei trauriger Musik weinen, ist total normal. In Deutschland weinen die Männer zum Beispiel eher beim Fußball, wenn überhaupt. Die Russen haben auch diesen Hang zur Melancholie.
Deine Eltern haben sich auf dem Münchner Oktoberfest kennengelernt.
Tabatabai: Ja, aber nicht im Bierzelt.
Du warst zwölf Jahre alt, als du den Iran verlassen hast. Wann warst du zuletzt im Iran?
Tabatabai: 1987, im Februar. Das ist sehr lange her. Das war nach dem Tod von meinem Vater. Ich war zu seiner Beerdigung das letzte Mal in dem Land.
Fürchtest du in Sachen Geiseldiplomatie als Doppelstaatsbürgerin vielleicht, von dort nicht mehr zurückzukommen? Ich meine, du hast einen Beruf, in dem es zum Teil mal freizügiger zugeht. Das steht im Iran schließlich sehr unter Beobachtung.
Tabatabai: Das ist eine Entscheidung, die musste ich sehr früh meinem Leben treffen. Ich verfolge hier meine Träume, werde Schauspielerin mit allem, was dazugehört. Dazu gehört zum Beispiel auch, unverschleiert aufzutreten und vielleicht auch mal gewisse Liebesszenen zu spielen. Bei meinem ersten Film war mir klar, jetzt kannst du nicht mehr zurück. Ich muss dazu sagen: Ich gehöre seit 2005 zu den Künstlern in der Diaspora, die sich offen gegen das Regime aussprechen, und da fährt man einfach nicht zurück.
Die deutsch-iranischen Beziehungen sind an einem Tiefpunkt. Du hast vor wenigen Tagen vor dem Generalkonsulat in Berlin ein Plakat hochgehalten mit einem Bild von Nahid Taghavi. Was ist das für eine Frau?
Tabatabai: Nahid Taghavi ist die Mutter einer Freundin von uns. Es ist eine unschuldige Frau, und sie hat die deutsche und die iranische Staatsbürgerschaft. Man muss dazu sagen: Der Iran entlässt niemandem aus der Staatsbürgerschaft. Du kannst deinen iranischen Pass nicht abgeben. Nahid Taghavi ist vor vier Jahren völlig unschuldig als politische Geisel verhaftet worden und bekommt ab und zu mal Hafturlaub. Sie ist mittlerweile 70 Jahre alt, hat große gesundheitliche Probleme, und unsere Regierung schafft es nicht, diese Frau rauszuholen. Dafür setzen wir uns ein, wir dürfen sie nicht vergessen.
Wie ist denn die Situation jetzt, wenige Wochen nach der Ermordung von Jamshid Sharmahd? Die Bundesregierung spricht davon, dass er ermordet worden ist. Die Bundesrepublik unterhält Handelsbeziehungen mit dem Iran. Deutschland ist der größte wirtschaftliche Partner des Irans. Gäbe es vielleicht Sanktionsmöglichkeiten?
Tabatabai: Natürlich. Vor allen Dingen wäre es wichtig, dass man endlich die Revolutionsgarde in die Terrorliste aufnimmt. Das ist ein Schritt, den fordern wir seit Jahren. Das ist einfach sehr wichtig, weil die ganze Wirtschaft total verbunden ist mit der Revolutionsgarde. Wenn man die auf die Terrorliste setzen würde, hätte man einen ganz anderen Hebel.
Auf der Schauspielschule hat man dir gesagt, mit deiner Herkunft, mit deinem Namen, mit deiner Prise Exotik würdest du es hier schwerer haben als andere. Deine deutschen Freundinnen haben immer mehr Rollen bekommen als du.
Tabatabai: Ich halte nichts davon, dass man sich immer beschwert und sagt, ich bin immer schlecht behandelt worden. Nein, ich habe es trotzdem geschafft, hier in der ersten Riege mitzuspielen und konnte vielleicht ein Stück weit die Wege für eine Generation eröffnen, die nachkommt. Darauf bin ich sehr stolz.
Inzwischen kommen Schauspielerinnen mit migrantischem Hintergrund zu dir und sagen, du warst eine Art Türöffnerin.
Tabatabai: Als ich angefangen habe, gab es niemanden sonst. Es gab Renan Demirkan, die in einem Tatort dabei war, und ansonsten gab es niemanden. Aber das ist vielleicht meine Aufgabe im Leben, dass ich die Wege eröffne. Das mache ich total gerne und mir ist es gut ergangen.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.