Barock bis Moderne: Franziska Hölscher & Marianna Shirinyan
Mit ihrem Hörbuch "Roger Willemsens Landschaften" haben es die Geigerin Franziska Hölscher und die Pianistin Marianna Shirinyan zusammen mit der Schauspielerin Maria Schrader in die Bestsellerlisten geschafft.
Beide Musikerinnen sind ein eingespieltes Duo, betreiben aber jede für sich noch verschiedene andere Projekte: Franziska Hölscher arbeitet beispielsweise mit dem Pianisten Kit Armstrong zusammen und ist künstlerische Leiterin von zwei Festivals. Die Armenierin Marianna Shirinyan zählt, genau wie Franziska Hölscher, zu den gefragtesten Kammermusikerinnen weltweit und konzertiert als Solistin mit vielen großen Orchestern aus Skandinavien. Für ihren Liveauftritt bei NDR Kultur haben die beiden herausragenden Künstlerinnen ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt mit Werken vom Barock bis zur Moderne.
Ihr habt nicht nur Musik aus verschiedenen Epochen mitgebracht, sondern auch Musik aus verschiedenen Regionen. Wir hören Musik aus Österreich, Frankreich, England, der Türkei und aus Armenien. Das klingt nach einem geografischen Brückenschlag. Warum ist euch das wichtig, das im Blick zu haben?
Franziska Hölscher: Ich denke, Brückenschläge benötigen wir in dieser Zeit mehr denn je. Und das, was Musik uns geben kann, ist möglicherweise, Kulturen miteinander zu verbinden, die leider nicht so leicht zusammenfinden. Was könnte schöner sein, als das durch die universelle Sprache der Musik zu machen? Ich glaube, Marianna und mir ging es in unserer Zusammenarbeit schon sehr früh darum, Menschen zusammenzubringen, Brücken zu bauen. Und so war das eine Auswahl, die ganz natürlich zustande gekommen ist.
Gibt es denn etwas, was die armenische Musik auszeichnet? Was ist typisch für die armenische Musik?
Marianna Shirinyan: Wahrscheinlich ist es einfach geschichtsbedingt: Entweder tanzt die Musik oder sie schmerzt, dazwischen gibt es nicht viel. Aber diese zwei Sachen sind ganz deutlich in den Liedern - entweder das Eine oder das Andere. Die Musik ist immer sehr prägnant und geht unter die Haut.
Ihr Beiden spielt regelmäßig zusammen im Duo. Euch verbindet diese künstlerische Freundschaft schon seit langem, und sie hat auch zu tun mit Roger Willemsen, der euch in gewisser Weise zusammengebracht hat.
Hölscher: Genau. Marianna und ich kennen uns schon seit Studienzeiten, seit wir gemeinsam in Lübeck studiert und zum ersten Mal zusammen gespielt haben. Dann haben wir uns eine ganze Weile aus den Augen verloren. Jede von uns hat ihre eigenen Wege verfolgt und in der Zeit haben wir sehr viel solistisch gemacht. Dann habe ich Roger getroffen. Wir hatten die Idee für ein gemeinsames musikalisch-literarisches Programm und wir überlegten gemeinsam, mit wem möchten wir dieses Programm gerne machen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen, auch musikalischen, aber eben auch vor dem Aspekt der menschlichen Qualitäten von Marianna, haben wir sie angefragt. Das war, glaube ich, zehn Jahre nachdem wir uns zuletzt in Lübeck getroffen hatten. Roger war wirklich die Initialzündung, dass wir zueinander gefunden haben. Das war dann der Beginn unseres Programms, was wir dann leider nur einmal mit ihm auf die Bühne bringen konnten. Auf seinen Wunsch hin, kurz vor seinem Tod, haben wir es dann mit der Schauspielerin Maria Schrader fortgeführt. Wir haben ein Hörbuch eingespielt. Dieses Programm ist schon ein sehr wichtiger Punkt in unserem Leben. Und das begleitet uns noch noch aktuell, wir spielen das Programm weiterhin sehr häufig.
"Landschaften" heißt dieses Programm, was ihr da gemeinsam erarbeitet und auch inzwischen als Hörbuch herausgebracht habt. Roger Willemsen war für dich, Franziska, glaube ich, wirklich auch ein enger Freund. Was war das, was du an ihm so inspirierend fandest?
Hölscher: Es ist tatsächlich so, dass es unheimlich schwer ist, sich da auf eine Qualität zu fokussieren. Ich glaube, dieses ehrliche Interesse am Gegenüber und zwar ganz unabhängig davon, wer ihm gegenübersaß - das hat mich unheimlich inspiriert und mich auch sehr berührt. Dass er die Menschen in ihren Qualitäten geschätzt hat und sie so gesehen hat, wie sie sind. Er hat mal gesagt: Er möchte die Menschen glücklicher verlassen, als er sie angetroffen hat. Ich glaube, wir können alle sagen, dass ihm das jedes Mal gelungen ist, und wir vermissen ihn alle sehr.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.