Außenfassade und Eingang des Europäischen Hansemuseums © Europäisches Hansemuseum Foto: Thomas Radbruch

Europäisches Hansemuseum wird "Museum for future"

Stand: 31.12.2022 00:01 Uhr

Als erstes deutsches Museum hat sich das Europäische Hansemuseum dem Netzwerk "Museums for future" angeschlossen. Es will das Thema Nachhaltigkeit stärker in Museen verankern. Ein Gespräch mit Direktorin Felicia Sternfeld.

NDR Kultur: Frau Sternfeld, was genau verbirgt sich hinter "Museums for Future"?

Felica Sternfeld: "Museums for Future" ist ein loser Zusammenschluss von jungen oder jüngeren Menschen, die sich für Museen interessieren. Die Idee war, die Werte von "Fridays for future", die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie auf die Museen zu übertragen. Die Initiator:innen sind vor allem in den Sozialen Medien aktiv. Ich glaube, das ist noch nicht mal ein Verein, sondern das ist wirklich ein Netzwerk. Ich habe das auf Twitter gesehen und gleich interessant gefunden. Wir hatten hier im Museum gerade angefangen, uns mit dem Thema stärker zu beschäftigen. Ich habe die einfach angeschrieben, wer sie so sind, was sie machen. Sie wollen vor allem als Vernetzungsplattform gelten und die Museen dazu animieren, sich selber weiter zu engagieren. Als Bildungseinrichtungen haben wir da ja auch einen Auftrag.

NDR Kultur: Sie sind als erstes deutsches Museum zu einem "Museum for future" geworden - was bedeutet das?

Felicia Sternfeld ist die neue Leiterin des Europäischen Hansemuseums in Lübeck. © NDR Foto: Mechthild Maesker
Felicia Sternfeld ist auf Twitter auf das internationale Netzwerk "Museums for future" aufmerksam geworden.

Sternfeld: Wir haben das Thema Nachhaltigkeit jetzt mit Priorität auf unsere Agenda genommen. Man muss sich dazu verpflichten, das Thema wirklich anzugehen und es auch zu verbreiten. So wie Jugendliche, Schüler und Menschen auf die Straße gehen, versuchen wir auch, das Thema voranzubringen.

NDR Kultur: Was planen Sie jetzt konkret für ihr Haus?

Sternfeld: Wir fahren mehrgleisig. Unser Energieverbrauch ist im Moment ein Riesenthema. Da sind wir relativ gut davor, weil wir ein recht neues Haus sind. Das Museum wurde 2015 eingeweiht und es wurde mit Erdsonden gebaut, sodass wir zumindest im Neubau mit eigener Energie heizen. Aber wir haben natürlich auch andere Themen. Konkret haben wir damit angefangen, uns unser Büro-Material anzuschauen. Wir haben ein Jobticket eingeführt, um die Mitarbeitenden zu animieren, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Wir waren in diesem Jahr beim Stadtradeln dabei, um da auch ein bisschen zu pushen. Wir haben ein Dienstfahrrad angeschafft, für kleinere Fahrten hier in der Umgebung.

Das wichtigste, damit wir jetzt einfach wissen, wo wir stehen: Wir erstellen jetzt eine Klimabilanz für das Haus, die haben wir noch nicht. Das machen wir mit einer zertifizierten Agentur. Wir sind bei einem Projekt mit dem Klimahaus Bremerhaven dabei, das heißt BILDUNGKLIMA-PLUS-56. Wir sind auch in einem Netzwerk für Bildungseinrichtungen, weil wir in unserer Bildung stärker auf das Thema eingehen möchten. Wenn wir ein Programm entwickeln, wollen wir auch Klimaschutz und Nachhaltigkeit mit vermitteln. Wir haben zum Beispiel im Moment eine Sonderausstellung, da nimmt das Thema Nachhaltigkeit einen großen Raum ein: in der Ausstellung "Guter Stoff". Da schauen wir nicht nur auf die Hansegeschichte, sondern transportieren das Thema in die heutige Zeit mit dem Stichwort nachhaltige Kleidung/ Fast-Fashion. Das gucken wir uns sehr kritisch an. Es gibt außerdem "TourCert", die machen Zertifizierungen für Freizeiteinrichtungen im Tourismusbereich und wollen besonders ökologische und soziale Unternehmensverantwortung fördern, da bemühen wir uns gerade darum, ein Häkchen zu bekommen.

NDR Kultur: Was können Museen und Kultureinrichtungen überhaupt leisten, wenn es um den Klimawandel geht?

Sternfeld: Ich glaube, wir können natürlich selber erstmal klimaneutral werden. Das müssen wir auch. Das müssen ja sowieso alle. Gerade in der aktuellen Situation sind wir dazu aufgefordert, Energie zu sparen. Wir können aber auch in die Gesellschaft hineinwirken. Wir sind außerschulische Lernorte, Bildungsorte. Wir haben einen Bildungsauftrag und über den können wir wirken. Wir können Fake-News entgegenwirken, wir können Veranstaltungen machen. Wir haben viele Schulklassen in unseren Museen, die wir an Themen auch noch mal anders heranführen können als eine reine Lernumgebung.

NDR Kultur: Sehen Sie denn jetzt über Lübeck hinaus Potenzial für die deutsche Museenlandschaft durch dieses Netzwerk?

Sternfeld: Das ist eine weltweite Geschichte. Museen gibt es überall und ich könnte mir denken, dass es in vielen Ländern diese Initiative gibt, um genau dieses Thema bei den Museen noch stärker zu verankern. Mit so einem Netzwerk kann das gut funktionieren. Es ist auch ein Brand: "Fridays for Future" kennt jeder. Wenn man "Museums for future" hört, weiß man ja sofort, was die wollen. Das ist natürlich hilfreich.

Das Gespräch führte Anina Pommerenke.

Weitere Informationen
Eine Frau betrachtet in der Ausstellung "Ernst Wilhelm Nay. Retrospektive" das Bild "Paar mit Schmetterlingen" in der Hamburger Kunsthalle. © picture alliance / dpa Foto: Markus Scholz

Wie bereiten sich Museen im Norden auf Stromausfälle vor?

Die Häuser haben unterschiedlichen Vorbereitungen getroffen, um die wertvollen Sammlungen vor Schäden zu bewahren. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch unterwegs | 31.12.2022 | 14:22 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Museen

Ostseeküste Schleswig-Holstein

Blick in einen Saal des Burgklosters zu Lübeck im Europäischen Hansemuseums © Europäisches Hansemuseum Foto: Thomas Radbruch

Hansemuseum Lübeck: Streifzug durchs Mittelalter

Was war die Hanse eigentlich genau? Das Hansemuseum in Lübeck versetzt Besucher in die Zeit des Handelsbundes. mehr

Museumshafen an der Untertrave in Lübeck. © Birgit Roth Foto: Birgit Roth

Museumshafen Lübeck: Alte Schiffe und maritime Technik

Vor einer historischen Drehbrücke schaukeln Traditionsschiffe auf der Untertrave, Terrassen am Wasser laden zur Pause ein. mehr

Das Holstentor in Lübeck, ein Wahrzeichen der Stadt © Tourismusamt Lübeck Foto: Torsten Krüger

Norddeutschlands UNESCO-Welterbe entdecken

Alte Hansestädte oder die Wikingersiedlung Haithabu: Elf norddeutsche Standorte stehen offiziell auf der UNESCO-Welterbe-Liste. mehr

Das Holstentor in Lübeck, ein Wahrzeichen der Stadt © Tourismusamt Lübeck Foto: Torsten Krüger

Lübeck: Steinernes Märchen an der Trave

Gotische Kirchen, enge Gassen, moderne Museen: Lübeck trumpft mit einem riesigen Kulturangebot auf und ist UNESCO-Welterbe. mehr

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Ein Sänger steht auf einer Bühne, hält in einer Hand das Mikrofon und die andere ist nach oben gestreckt. © picture alliance / Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm Foto: Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm

Hurricane Festival: The Prodigy, Apache 207 und Sam Fender kommen 2025

Die englische Elektro-Punk-Band The Prodigy und ein Who-is-Who der deutschen Pop- und HipHop-Szene haben sich für 2025 angekündigt. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?