Christo-Ausstellung auf Schloss Gottorf startet am Wochenende
Christo und seine Frau Jeanne-Claude installierten beziehungsweise verhüllten 24 Großobjekte. Den Werdegang des Pariser Avantgardistenpaars dokumentiert eine Ausstellung in Schleswig mit mehr als 80 Originalen.
Für Ingrid und Thomas Jochheim begann die Sammelleidenschaft für Christo mit ihrem Hochzeitsgeschenk vor fast 50 Jahren. "Mein Schwiegervater wollte beim Galeristen eine Arbeit von Picasso haben. Das wollte er aber nicht verkaufen. Und dann sagte er: Ich habe hier eine Arbeit von Christo. Wenn Du die kaufst, dann verkaufe ich Dir auch Picasso," erzählt Thomas Jochheim beim Rundgang kurz vor der Eröffnung.
Christo als Zugabe für Picasso
Was da genau verpackt ist, wissen beide bis heute nicht. Unter dem Stoff und vielen Schnüren ist eine französische Zeitschrift zu erkennen. Die restlichen Wölbungen bleiben aber ein Geheimnis. Das Objekt hängt jetzt zusammen mit etlichen Werken und Entwürfen im Kreuzstall von Schloss Gottorf, darunter etwa ein eingehüllter Münzfernsprecher. Im Nachbargebäude steht der eingepackte VW Käfer. Es ist der zweite Wagen, den Christo erst 2013 verpackte. 1963 hatte der Besitzer seinen nagelneuen VW Käfer nach wenigen Tagen wieder ausgepackt und genutzt. Ein großer Fehler, wie sich bald herausstellte.
Von den Jochheims kommen die meisten Installationen der Ausstellung "Christo und Jeanne-Claude. Paris. New York. Grenzenlos." Sie ist eine Übernahme aus dem Kunstpalast Düsseldorf. Zum ersten Mal wird nach Angaben der schleswig-holsteinischen Landesmuseen das in Frankreich entstandene Frühwerk von Christo im Kontext mit Arbeiten von Pariser Weggefährten der 1950er und 60er Jahre gezeigt.
Große Werke, großes Publikum
So könnte "Achrome", ein 1961 eingeschnürtes Päckchen auf Leinwand von Piero Manzoni, eine Inspiration gewesen sein. Christo machte ein Jahr später die Erfahrung, dass große Objekte im öffentlichen Raum für Aufmerksamkeit sorgen. Ohne Genehmigung errichtete er in einer engen Pariser Gasse eine Wand aus Ölfässern, die den Weg versperrte, als Antwort auf die Berliner Mauer. Es war eine kalkulierte Provokation und das erste gemeinsame Projekt des Paars.
Reichstagsverhüllung: Helmut Kohl war dagegen
Von den 24 Großobjekten, die Christo und Jeanne-Claude zwischen 1968 und seinem Tod 2020 verhüllten und gestalteten, präsentiert die Schleswiger Ausstellung großformatige Fotos. Spätestens mit der Verhüllung des Reichstags 1995 wurde Christo in Deutschland zum Star. Bis es dazu kam, brauchte das Künstlerpaar aber viel Geduld, gibt Kurator Ingo Borges zu bedenken. 24 Jahre lang kämpften sie für die Idee. Bei drei Bundestagspräsidenten stießen sie auf taube Ohren. Auch Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble lehnten die Reichstagsverhüllung zunächst ab. Mit Willy Brandt und Rita Süssmuth fanden sich dagegen entscheidende Befürworter.
Vorhänge und Regenschirme
Ein Entwurf zeigt, wie Christo den Kölner Dom verhüllen wollte. Dazu ist es nie gekommen. Aber es gab auch ganz andere Installationen. In den Rocky Mountains gelang es, einen 400 Meter langen Vorhang, den Valley Curtain, in einem Tal aufzuhängen. Nach wenigen Stunden musste er aber bereits wegen einer Warnung vor einem Hurricane wieder verschwinden. Eindrucksvolle Aufnahmen liefern auch die mehr als 3000 Regenschirme, die das Paar zeitgleich auf japanischen Reisfeldern und kalifornischen Höhenzügen aufstellte. Ingrid Jochheim gibt bedenken, was Christo ihr mit auf den Weg gegeben hatte: "Wenn Du hörst, dass jemand mich einen Verpackungskünstler nennt - schreite dagegen ein!" Christos finaler Triumph war dann aber doch die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris, leider erst 2021 nach seinem Tod. Hätte er das erlebt, wäre mit dem Verhüllen Schluss gewesen, denn dann hätte nichts mehr kommen können, meinen die beiden. Oder etwa doch?
Ein Mahnmal zum Klimawandel?
Schon 1976 entstand die Idee für "Mastaba" - übersetzt Steinwand. Die Ölfässer ließen das Paar nicht mehr los. Ein Modell zeigt den Entwurf eines pyramidenartigen Momumentalwerks aus 410.000 Fässern, dass über 100 Kilometer sichtbar in der Wüste bei Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten gebaut werden könnte, zusammen mit Hotels und Infrastruktur. Die Gespräche mit dem Emir seien auf einem guten Weg, berichtet Ingrid Jochheim, die in Kontakt mit der Christo and Jeanne-Claude Foundation steht. Wären die Fässer ein Mahnmal zum Klimawandel? In den 1970er Jahren war das noch kein Thema, wenngleich die Nähe zu den Ölfeldern natürlich bewusst gewählt sei, meint die Sammlerin. Für sie zählen die beiden aber zu den ersten Klimaaktivisten, denn sie hätten ja schon früh den Recycling-Gedanken in der Kunst aufgegriffen.