Jahresvorschau: Das plant das Sprengel Museum Hannover
Das Sprengel Museum Hannover hat sein Jahresprogramm vorgestellt. Kunstgeschichte und Zeitgenossenschaft lauten 2023 die Schwerpunkte.
Wie stellt sich das Verhältnis von Schwein und Mensch dar, betrachtet durch die Linse einer Kamera? Und wie haben sich zu Zeiten der klassischen Moderne renommierte Künstler und Autodidakten gegenseitig beeinflusst? Zwei Fragen, die im Jahresprogramm des Sprengel Museums Hannover 2023 beantwortet werden. Dazu kommt im Frühjahr eine neue Dauerausstellung.
Untergeschoss des Sprengel Museums wird umgebaut
In 18 Räumen einmal quer durch die Geschichte der Abstraktion in der Kunst - vom Beginn des letzten Jahrhunderts bis heute. Für dieses Angebot wird derzeit das Untergeschoss des Sprengel Museums umgebaut. "Abenteuer Abstraktion" heißt die neue Dauerausstellung, in der Kurt Schwitters Merzbau einen zentralen Platz erhält. Auf diese Weise werde seine Bedeutung für die gegenstandsfreie Kunst klarer, sagt Isabel Schulz, Leiterin des Kurt Schwitters Archivs:
"Es zeigt, dass Künstler mit Formen - geometrischen Formen, Linien - immer wieder neue Räume schaffen können. Bei Schwitters ist es sehr komplex, auch durchwachsen", erklärt Schulz. "Er hat 1936 zum Beispiel erklärt, dass es ihm wichtig ist, dass die Menschen, die hineingehen in diesen Raum, erleben, wie sie Linien durchkreuzen. Und zwar imaginäre Linien, die sich fortsetzen von den Formen, die hier zum Beispiel auch skulptural in den Raum hineinragen.
Welche Moderne?
Die Arbeit mit der eigenen Sammlung ist 2023 ein Schwerpunkt im Sprengel Museum. "Welche Moderne?", fragt etwa eine Schau im Mai. Neben renommierten Künstlerinnen und Künstlern werden Autodidakten der Naiven Kunst vom Beginn des letzten Jahrhunderts präsentiert, darunter Henri Rousseau und Séraphine Louis. Glenn Brown wird für seine Ausstellung "The real thing" das Archiv des Landesmuseums Hannover hinzunehmen. Der britische Künstler und Sammler wählt dafür Werke aus, die er an den beiden Orten mit seinen eigenen kontrastiert, sagt Museumsdirektor Reinhard Spieler:
"Er sagt von sich selbst 'I paint painting', also er male Malerei", so Spieler. Malerei sei das Schaffen einer Illusion, und Brown schaue sich an, wie die das machen. "Dann malt er Motive, die er auch noch einmal verfremdet und dann zum Beispiel in Portraits - mehrere Portraits in einen Kopf - reinbringt. Letztlich, um zu zeigen, dass es eben nicht eine Sichtweise gibt, sondern dass es doch oft viel komplexer ist."
Komplexität zeigen wird auch die Ausstellung "Ocular Witness: Schweinebewusstsein". 13 Künstlerinnen und Künstler, die im Zweitberuf Soziologen, Biologinnen oder Koch sind, wurden beauftragt, durch die Kameralinse auf das Verhältnis von Schwein und Mensch zu blicken. Die Sonderausstellung zum Werk des Fotografen und Fototheoretikers Gottfried Jäger hingegen zeigt unter anderem rasterartige Werke der 1960er-Jahre, die an Pixelbilder erinnern.
Kunstgeschichte und Zeitgenossenschaft
"Er hat mit Blendenstrukturen, die er dann übereinandergelegt hat, experimentiert. Er hat mit Roststücken, die er aufs Fotopapier gelegt hat, gearbeitet", erklärt Kurator Stefan Gronert. "Er hat auch das Fotopapier genommen, das an unterschiedlichen Stellen belichtet und dann umgeknickt, so dass die Materialität des Fotopapiers zum Ausdruck kommt. Also das ist ein unheimlich variabler Künstler und das wird die Retrospektive, die 60 Jahre seines Werkes beleuchtet, auch vor Augen führen."
Auch der Spectrum-Preisträger Adrian Sauer setzt sich mit den Mitteln, Fotos zu erschaffen, auseinander. Die Digitalisierung ist sein Thema. Ganz physisch hingegen ist die Radreise des Fotografen Christian Retschlag von Niedersachsen in die Provence. Ende des Jahres will der Sprengel-Preisträger Schauplätze der Geschichte entlang des Weges präsentieren. Kunstgeschichte und Zeitgenossenschaft - die Schwerpunkte im Sprengel Museum 2023.