von Agnes Bührig

Einmal im Jahr ist in Hannover Zinnober angesagt - so nannte Kurt Schwitters in den 1920er-Jahren seine Künstlerfeste in Hannover. Unter dem gleichen Titel gibt es an diesem Wochenende erneut ein Fest: 66 Galerien, Ateliers, Projekträume und Kunstvereine öffnen ihre Räume und präsentieren gegenwärtige Kunst. Erstmals dabei ist die Stiftung Edelhof Ricklingen mit der Parkausstellung "Obsequia - it depends". 

"Chill mal" im Park mit Klangkunst

Ein sieben Hektar großer Park unweit des Maschsees. Eichen, Buchen und Kastanien spenden Schatten - hinten eine Streuobstwiese. Ein Rundweg entlang der Werke von elf Künstlerinnen und Künstlern schlängelt sich durchs Grün. "Chill mal" hat Audio-Künstlerin Natalie Deseke ihr Werk genannt. Durchscheinende Beutelchen in bunten Farben mit je einer Kugel drin hängen an den Ästen einer großen Kastanie. 

"Das Schöne an diesem Park ist ja, dass man hier Atmosphäre hat", findet Deseke. "Man ist in der Natur und die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, so einen Organzabeutel zu nehmen und dann hin- und herzubewegen und zum Klingen zu bringen und zu lauschen." Entspannen, den Alltag einmal vergessen: Dieser Wunsch der Künstlerin erfüllt sich mit den zarten Klängen, die sich hier entdecken lassen. Dass die Kunst erwandert werden muss, entspannt ebenfalls.

Stiftung bewirtschaftet Park des einstigen Gutshofes 

"Greenwashing" heißt dieses Kunstwerk von Kathrin Uthe, das im Park zu bewundern ist.

Kunst und Kultur zu fördern, zählt zu den Zwecken der Stiftung Edelhof Ricklingen, die den Park des einstigen Gutshofes bewirtschaftet. Denkmal- und Gartendenkmalschutz ebenfalls, erklärt Vorstandsmitglied Max von Klitzing: "Als Denkmal wollen wir auch sehen, dass möglichst viele Besucher ihn besuchen können. Was aber am einfachsten geht und uns eigentlich nur möglich ist, wenn wir das mit einer Aktion kombinieren. Und seit 2011 gibt es ja regelmäßig diese Ausstellung." 

"Entgegenkommen" heißt die Arbeit der gebürtigen Schwerinerin Kathrin Schwarz: Stockenten gründeln im Boden, Schwänzchen in die Höh’ gestreckt. Ein Hingucker sind auch die übergroßen Pflanzen mit Blütenständen in einem warmen Orangeton von Helmut Hennig - ein Kunstwerk aus Naturstämmen und Kunstbürsten.

Müll aus dem Meer fügt sich in die Natur ein  

Müll aus dem Meer lässt Antonia Jacobsen an einen Baum hochwuchern, der am Rand des Flüsschens Beeke steht. Organisch wirken die roten Punkte neben abgestorbenem Efeu-Geflecht. "Das sind die Schwimmer von den Fischernetzen und die wollten eigentlich stören", so Jacobsen. "Aber sie haben es sich jetzt irgendwie anders überlegt. Sie fügen sich ganz schön ein. Vielleicht kann man sagen, dass sich Natur und die moderne Welt doch irgendwie vertragen und ergänzen." 

Die Künstlerin Antonia Jacobsen hat ein altes Besan-Segel aus Leinen um den Baum gewickelt.

Wetterfest müssen die Kunstwerke sein, sagt Joanna Schulte vom Kuratoren-Duo. Eine Jury hat sie anonymisiert ausgewählt; die Altersspanne der Künstler reicht von 25 bis zu 80 Jahren. Mit ihrer Körperskulptur aus Polyester an einem der Bäume ist Bildhauerin Ulrike Enders die älteste Teilnehmerin. Entspannt wirkt die Körperhaltung ihrer Skulptur, ein Bein über das andere gelehnt. "Es muss nicht immer was Lautes, Schrilles sein, sondern es kann auch eine leise Kritik sein", findet die Künstlerin. "Unsere Natur ist das Wertvollste, was wir haben. Und jede Setzung kann schon noch einmal darauf zurückwerfen, dass wir dankbar sein können, wenn wir so einen schönen Ort vorfinden." 

Durch den Park promenieren, sich von Kunstwerken ins Staunen versetzen lassen, über das Zusammenspiel von Natur und Mensch reflektieren, das bietet die neue Ausstellung im Park der Stiftung Edelhof Ricklingen.

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