Bildhauerin Ulrike Enders feiert 80. Geburtstag
Mehr als 25 Kunstwerke von Ulrike Enders sind im öffentlichen Raum zu sehen, wie zum Beispiel in Celle oder in Hamburg-Harburg. Heute wird die Bildhauerin und Wahl-Hannoveranerin 80 Jahre alt.
Ulrike Enders steht in ihrem Atelier in einem alten Bauernhaus im Stadtteil Ricklingen und befreit eine ungebrannte Tonfigur von ihrer schützenden Plastikhülle. Zerzauste Haare, den Riemen einer Tasche quer über der Brust, einen Fuß nach vorn gestellt, guckt sie neugierig in die Luft. Es ist der Entwurf für die Skulptur einer Butjerin, so nannten die Hannoveraner einst ungebetene Gäste aus den Vororten.
Ist es ein Zeichen von mehr Gleichberechtigung, dass sie neben dem Lindener Butjer jetzt auch dessen Frau entwerfen darf? Ulrike Enders ist skeptisch. "Wenn Frauen auftauchen, dann sind sie meistens nur als Deko und nicht als Denkmal für jemand Bestimmten", sagt die Bildhauerin. Solche Unbestimmten sind es oft, die die gebürtige Allgäuerin in ihren Skulpturen verewigt. Die berühmten Regenleute in der Fußgängerzone Hannovers etwa, die mit ihren sanft gerundeten Formen wie Einkaufende selbst aussehen.
Afrikanische Masken geben Inspiration
Immer wieder zeigt sie Männer in Schlips und Anzug, mit und ohne Kopf - Polyester-Figuren in bunten Farben. Den Kunststoff entdeckte Ulrike Enders während des Studiums in München und Berlin in den 1960er-Jahren. "Die haben in der Hochschule eine Kunststoff-Werkstatt aufgemacht, und da bin ich sofort hingerannt. Polyester hat sehr viele Vorteile: Erstens, können Sie was Großes machen, dessen Gewicht Sie auch selbst noch tragen können, auch als Frau. Und Sie können zum Beispiel solche Sachen machen, wie einen Sessel. Wenn ich den aus Holz mache, ist er sehr viel unbequemer, weil Holz sehr viel härter ist als Polyester und ich hätte ihn nur einmal. Den Sessel habe ich schon ein paar Mal verkauft, denn ich habe ja immer das Negativ und kann ihn immer wieder machen."
In ihrer Werkstatt in Hannover entsteht jedoch gerade ein Holzkopf. In ein knorriges Stück Stamm aus dem Garten haut Ulrike Enders mit Schnitzeisen und einem hammerartigen Knüpfel eine Nase. Die ersten Vorbilder für ihre hölzernen Kunstwerke hängen an den Balken im Wohnzimmer unter der Decke: Masken, mitgebracht von Reisen in den 1970er-Jahren nach Asien und aus Afrika. "Ich bin begeistert von der afrikanischen Kunst, weil die so frei mit den Formen umgeht", erzählt die Bildhauerin. "Die hat ja auch die europäische Kunst aus der Sackgasse geholt. Die europäische Kunst war immer noch noch realistischer. Und dann kamen die afrikanischen Masken mal nach Europa. Dann haben sich Picasso, Braque und andere darauf gestürzt und haben sich davon anregen lassen. Ich bin auch wirklich nicht die einzige Bildhauerin, die afrikanische Masken sammelt."
Kunst mit Ecken und Kanten
Doch ihre Kunst hat auch Ecken und Kanten. Der Brunnen, den sie 1980 für den Stöckener Markt in Hannover entwarf, bestand aus einem aufgebrochenen Gehwegpflaster. Aus der Fassade eines Bürohauses im Norden der Stadt ließ sie einen kahlen Metallbaum aus Aluminium wachsen. Heute bearbeitet sie Stämme aus Holz. "Ich würde jetzt hier ein Gesicht reinschnitzen." Es ist die Verbindung von Natur und Kultur, wie sie 2024 auch mit der Skulptur "Entspannung" beim Kunstfest Zinnober zu sehen war: an einen Baum gelehnte Beine, übereinandergeschlagen und grün, quasi mit dem Stamm verwachsend.
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