Kunst als Medienkritik: "Seeing Is (Not) Believing"
Wer produziert Nachrichten und nach welchen Kriterien wird ausgewählt, was wichtig ist? Betreffen uns hier in Europa Ereignisse, die in Asien stattfinden? Diese und weitere medienkritsche Fragen stellen sich die Künstler Sladjan Nedeljkovic und Roland Schefferski in der Ausstellung "Seeing Is (Not) Believing".
Haben Sie schon einmal von der Zeitungsente gehört? Dabei handelt es sich nicht um eine seltene Vogelart, nein, so wird eine Falschmeldung in der Zeitung genannt. Vor der Kunsthalle in Rostock steht seit neustem eine große, gelbe Entenfigur - beklebt mit Screenshots von Videos, hinter denen Menschen Internet-Enten vermuten. Das Ganze ist Teil der Ausstellung "Seeing Is (Not) Believing" - eine Kunstausstellung, die sich kritisch mit Medien auseinandersetzt.
Doppelausstellung zu medienkritischen Fragen
Das Intro der BBC News flimmert über einen Bildschirm - Schnitt ins Studio und: Schweigen. Der Nachrichtensprecher ist live zu sehen, sagt aber nichts. Der Grund: eine technische Panne. Während der Sprecher darauf wartet, anfangen zu können, startet das Intro immer wieder. Auch andere Clips der folgenden Sendung blitzen auf. Das Video ist Teil der Ausstellung "Seeing Is (Not) Believing" - eine Kooperation der Kunsthalle Rostock und des Museums für zeitgenössische Kunst in Stettin. Der Künstler selbst gibt seinem Werk den Namen "Breaking News". Warum, erklärt Sladjan Nedeljkovic so: "Ich habe dieses Dokument für die Ausstellung ausgewählt, weil es interessante Fragen aufwirft. Wie werden Nachrichten produziert? Oder wer entscheidet, was wichtig ist und worüber man berichten sollte?"
Zusammen mit Nedeljkovic stellt Roland Schefferski seine Werke aus. Beide Künstler setzten sich unabhängig voneinander kritisch mit Medien auseinander. Kennengelernt haben sie sich durch die Kuratorin der Ausstellung, Elena Gavrisch. "Das Thema ist ja 'Bild in den Medien'. Das ist, was beide Künstler verbindet. Beide stellen die medialen Inhalte bloß, also zeigen uns, wie diese Inhalte aufbereitet sind, und dass die Ausstellungsbesucher*innen eingeladen sind, sich das genau anzugucken und zu analysieren, wie diese Instrumente funktionieren."
Schefferski: "In einer globalisierten Welt geht uns das sehr wohl was an!"
Beim Werk "Cut Outs" zum Beispiel sind Bilder in Zeitungsartikeln durch Spiegel ersetzt. Die Artikel hängen in unterschiedlichen Höhen an der Wand. Wer sie liest, sieht sein Gesicht über der Schlagzeile. Inszeniert hat dieses Werk Roland Schefferski: "Wichtig für mich ist, dass ich in dieser interaktiven Arbeit dem Publikum veranschauliche, dass das, was in der Welt passiert, uns doch betrifft, weil wir dazu neigen, diese Nachrichten, die uns überschwemmen, zu vergessen und zu ignorieren, weil wir davon ausgehen, dass uns das nicht betrifft. Das passiert in Asien oder Afrika - aber letztendlich sind wir in dieser globalen Welt verbunden und das geht uns sehr wohl etwas an!"
Zwar entstehe jedes der Werke aus einer Idee heraus, eine unumstößliche Interpretation der Kunst, gebe es für Schefferski aber nicht: "Weil jeder von uns mit anderem Wissen und Erfahrungen die Welt betrachtet. Das wäre einschränkend, wenn ich eine Vorgabe machen würde: Das ist so, so und so. Ich gebe zu: Das ist ein Prozess. Dabei sind dieses Zur-Schau-stellen und der Kontakt mit dem Publikum sehr wichtig - denn dann lerne auch ich viel."
So auch bei einer Führung in der Rostocker Kunsthalle - die Künstler tauschen sich mit den Gästen über ihre Werke aus - und bringen sie zum Nachdenken. Eine Besucherin sagt: "Es hat mich sehr angeregt, diese Zeitungen ohne Bilder zu sehen und dann auch die Bilder ohne Zeitungen. Da ist bei mir ein Gedankenprozess in Gang gekommen, wie diese Bilder und Texte zusammenhängen." Und eine andere Besucherin sagt: "Meine Sinne sind jetzt auf jeden Fall geschärft und ich fand es auch einfach spannend, die Kuratorin sprechen zu hören und die beiden Künstler - und mir dann zu überlegen, sehe ich das genauso?"
Noch bis 15. Oktober in Rostock zu sehen
Die Medien sind nicht wie Tinte auf Zeitungspapier: schwarz auf weiß, sondern immer eine Frage der Perspektive. Das könnte eine Interpretation der Ausstellung in Rostock sein. Wer sich selbst ein Bild machen möchte, der hat in der Kunsthalle Rostock noch bis zum 15. Oktober Zeit - keine Angst, das ist keine Ente.