Historisch-Technisches Museum Peenemünde: Zehn Millionen Euro für Umgestaltung
Nach jahrelangen Vorbereitungen und einer europaweiten Ausschreibung wird es konkret: Das Historisch-Technische Museum Peenemünde wird umgestaltet. Gestern wurden im Beisein von Kulturministerin Bettina Martin die Verträge unterschrieben.
Die Umgestaltungen des Historisch-Technischen Museums Peenemünde betreffen die Ausstellung, die jetzt mehr als 20 Jahre alt ist, aber auch das Gebäude. Nun wurden in Peenemünde die Verträge unterschrieben - im Beisein von Kulturministerin Bettina Martin, die mit einem Förderbescheid nach Usedom gekommen ist.
Museumschef Michael Gericke: "Befreiung und Verpflichtung"
Ganz schön dick so ein Generalplanungsvertrag. Museumschef Michael Gericke hält zwei dicke Ordner hoch und unterschreibt. Ein großer Moment für das Museum und auch ein großer Moment für alle Anwesenden. Fast zehn Jahre wurde über die neue Dauerausstellung beraten. Es wurden Gremien gegründet, Ideen zusammengetragen, Bedenken geäußert.
"Es ist eine Befreiung und Verpflichtung gleichzeitig", so Michael Gericke. Nach so vielen Jahren der Vorbereitung sei man tief in die Materie eingetaucht und wartet dann "wie ein Rennpferd drauf: Jetzt muss es doch endlich mal den Startschuss geben, um in die Praxis zu kommen. Das ist nun heute mit der Unterschrift passiert."
Der Umbau wird in einzelnen Phasen mehrere Jahre dauern, finanziert von Bund und Land. Kulturministerin Bettina Martin war in Peenemünde bei der Vertragsunterzeichnung dabei: "Der Bund hat fünf Millionen für diese Dauerausstellung dazugegeben, das Land investiert fünf Millionen - insgesamt also zehn Millionen. Das zeigt, wie bedeutsam dieser Ort weit über Mecklenburg-Vorpommern hinaus auch international ist, hier an diese schwierige Geschichte Deutschlands zu erinnern."
Umbau: Zäsur in der Geschichte des Historisch-Technischen Museums
Die alte Dauerausstellung ist 20 Jahre alt und hatte 4,5 Millionen Besucher. Der wissenschaftliche Stand des Museums ist längst an einem anderen Punkt, die Didaktik überholt. Die Dimension des Historisch-Technischen Museums erforderte eine europaweite Ausschreibung. Gewonnen hat das renommierte Gestaltungsbüro "res d Design und Architektur Köln". Ingo Plato ist der Geschäftsführer: "Wir müssen das ganze Haus ein bisschen umkrempeln, aufräumen, müssen klare Adressierungen schaffen. Es gibt das Kraftwerk, es gibt eine Sonderausstellung, es gibt eine Dauerausstellung, und es gibt das historische Großexponat, in dem wir uns bewegen. All diese Punkte muss man ein bisschen sortieren."
Der Umbau und auch die neue Dauerausstellung sind eine große Zäsur in der Geschichte des Historisch-Technischen Museums, die lange Bestand haben muss. "Da muss die Ausstellung zeitlos sein", findet Plato. "Sie muss ein Dokument darstellen, bei dem man nicht mit falschen Kulissen konfrontiert wird. Trotzdem muss sie natürlich Spaß machen. Man darf ja nicht vergessen: Die Leute, die hier in Badehose unterwegs sind, gehen, wenn schlechtes Wetter ist, sehr gerne ins Museum. Und trotzdem darf es sie nicht erdrücken. Ein Teil ist Nazigeschichte, ein ganz großer Teil ist auch etwas ganz anderes."
Usedomer Musikfestival: Auch NDR Elbphilharmonieorchester spielt in der Turbinenhalle
Auch die gesamte Umgebung, das Museum an sich, die verrostete Industriearchitektur und der 750 Jahre alte Ort Peenemünde gehören in den Generalplan. Dafür ist das Architekturbüro "DBCO Münster" mit im Boot. Die beiden Büros haben ein ähnliches Projekt, das Deutsche Bergbaumuseum in Bochum, gemeinsam realisiert. Martin Kessler ist auf große Sonderbauten spezialisiert: "Natürlich ist das Thema: Wo komme ich an, wie wird verteilt, wo ist die Infrastruktur, WC-Anlagen, Bistro - welche Erwartungshaltungen haben konkret Besucher*innen da an so einen Aufenthalt. Wir haben Großexponate hier im Außenbereich, das Kraftwerk ist selbst ein sehr, sehr wichtiges Objekt."
Seit 2002 ist die Turbinenhalle Ausstellungs- und Veranstaltungsort. Regelmäßig spielt hier auch das NDR Elbphilharmonieorchester bei den Konzerten des Usedomer Musikfestivals. Das Museum im Nebengebäude aber hat noch nicht mal einen Fahrstuhl. "Dazu kommen dann noch kleinere Themen, die sehr wichtig sind. Der Brandschutz im Gebäude ist überhaupt nicht konform mit aktuellen Brandschutzrichtlinien", so Kessler. "Aber interessanterweise ist es im baulichen Bestand oft so, dass wenn man am Ende das Gefühl hat, dass nicht so viel passiert ist, dann haben wir einen besseren Job gemacht, als wenn das Haus an jeder Ecke schreit: Ein Architekt war da."
Ausstellung wird an den neuesten Stand der Forschung und Museumsdidaktik angepasst
Die neue Ausstellung soll nicht mehr hauptsächlich die Nazi-Raketentechnik in den Mittelpunkt stellen. Es geht auch um die Geschichte des Ortes Peenemünde und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Für die Museumsinhalte an diesem schwierigen Ort gibt es einen wissenschaftlichen Beirat. "Ich denke, dass hier zwei Teams den Zuschlag bekommen haben, die mit großer Einfühlungsgabe und viel Verständnis für die Besonderheiten des Ortes arbeiten werden", so Historiker Thomas Stamm-Kuhlmann. "Es ist eine wichtige Chance, die Ausstellung zu erneuern, weil sie nach 20 Jahren an den Stand der Forschung und auch an die Museumsdidaktik angepasst wird. Aber es ist ja an sich eine Chance, den Ort zu entwickeln und das ist hier, glaube ich, auch allen Verantwortlichen bewusst."
Bis zum Sommer sollen die Planungsphasen erarbeitet werden. Dann wird es vielleicht auch schon erste Einblicke geben, in das, was das Historisch-Technische Museum Peenemünde einmal sein wird.