Frans-Hals-Gemälde aus Schwerin in London ausgestellt
Der Maler Frans Hals zeichnete Menschen so, wie es vor ihm kaum einer getan hatte. Die National Galerie in London widmet ihm jetzt die größte Retrospektive seit mehr als 30 Jahren. Unter anderem mit zwei Gemälden aus Schwerin.
Neben Rembrandt van Rijn und Jan Vermeer gehört er zu den bedeutendsten niederländischen Malern seiner Zeit: Frans Hals. Für die Ausstellung in London reisen seine beiden lachenden Knaben, zwei Porträts, durch ganz Europa. Es fehlen wichtige Daten - sowohl zu Frans Hals als auch zu den beiden Knabenporträts. Weder ist der genaue Geburtstag des Niederländers bekannt noch wann er den lachenden Knaben mit Flöte sowie den lachenden Knaben mit einem Weinglas gemalt hat. "Die beiden Bilder sind nach 1750 in die Sammlung gekommen, davon gehen wir aus", sagt Pirko Kristin Zinnow, die Direktorin des Staatlichen Museums Schwerin. "Sie hingen dann in der Bildergalerie im Schweriner Schloss seit 1792."
Hals porträtierte Menschen anders als seine Zeitgenossen
Pirko Kristin Zinnow weiß zwar, dass Herzog Christian Ludwig II. beide Gemälde erwarb, allerdings nicht genau wann. Ebenso wenig lässt sich feststellen, wann Frans Hals die Porträts malte - irgendwann zwischen 1620 und 1628. "Das sind besondere Bilder", fährt Zinnow fort, "man ging zum Maler und ließ sich für seine Nachfahren porträtieren in steifer, stummer Haltung, mit starrem Blick. Das hat der Frans Hals völlig aufgebrochen. Durch diese Bewegungen und das Lachen, durch diese Frische und diese Lebendigkeit hat er da eine ganz andere Note reingebracht. Wir gehen davon aus, dass diese beiden lachenden Knaben entweder in so jugendlichem Alter waren, dass sie in besonders ausgelassenen Momenten, obwohl sie den höheren Ständen angehörten, einfach noch nicht so diesen Gepflogenheiten entsprechen wollten oder konnten. Oder aber, dass sie eben nicht zu den höheren Ständen gehörten. Aber diese Frische und diese Lebendigkeit, die wirken bis heute."
Größte Kunst auf kleinen Leinwänden
Weil diese Porträts - jedes ist ungefähr 38 mal 38 Zentimeter groß – eben auch vier Jahrhunderte nach ihrer Entstehung noch solch eine Wirkung auf die Betrachter haben, wollte die National Galerie in London unbedingt die beiden Schweriner Gemälde in der britischen Hauptstadt zeigen. Die Ausstellung wurde von Bart Cornelis kuratiert: "Nun, wir wissen nicht sicher, ob die beiden Bilder Teil einer größeren Serie sind, die etwa die fünf Sinne darstellen sollen", erklärt Cornelius. "Ganz sicher aber gehören sie zusammen. Die Kinder zeigen richtig die Zähne und das ist noch einmal viel schwieriger zu malen als nur ein simples Lachen." Die Kunst dabei sei es, so etwas nicht zur Grimasse verkommen zu lassen. "Wir können nur vermuten, ob er sie gemalt hat, um sie zu verkaufen oder zumindest darauf hoffte, sie verkaufen zu können. Auf jeden Fall - und das ist meine volle Überzeugung - gehören sie zu den herrlichsten Werken von Franz Hals", schwärmt der Kurator.
Ein Sonderplatz für die Schweriner Bilder
2021 haben sich die Londoner erstmals bei den Schwerinern gemeldet, mit der Bitte, den lachenden Knaben mit Flöte sowie den lachenden Knaben mit einem Weinglas in der großen Frans Hals Retrospektive ausstellen zu dürfen. Für Bart Cornelis war die Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Schwerin sehr gut, er nennt das Haus ein wundervolles Museum. Entsprechend werden die Schweriner Bilder nun in der Ausstellung auch in besonderer Weise präsentiert, erklärt Cornelius: "Sie sind in einem speziellen Raum untergebracht, den wir 'erfundene Figuren' genannt haben, um sie zu unterscheiden von den Porträts realer Menschen, die in einem anderen Raum zu sehen sind. Hier hängen die beiden Gemälde zusammen mit dem Bild des Fröhlichen Trinkers aus dem Amsterdamer Rijksmuseum und einem weiteren Gemälde aus der Londoner Guildhall Art Gallery, auf dem auch getrunken wird. Es passt also wie sie da gruppiert sind in diesem Raum, der speziell den Genre-Bildern gewidmet ist."
Freundschaftlicher Austausch zwischen Schwerin und London
Dass jetzt die beiden Schweriner Kunstwerke zunächst in London, anschließend in Amsterdam und Berlin zu sehen sind, gibt dem Staatliche Museum Schwerin die Möglichkeit, eben auch in London mal nachzufragen, nach Leihgaben für Schwerin. "Man investiert damit in die eigene Zukunft", freut sich die Direktorin Pirko Kristin Zinnow, "und wenn man selber dann Wünsche äußert, werden die dann in der Regel auch wohlwollend von der anderen Seite aufgenommen. Insofern ist das ein Karussell, was sich dreht, und entweder man sitzt mit drauf oder nicht, und wir sitzen mit drauf."
Leihgaben aus den Niederlanden kommen nach Schwerin
So hofft Museumsdirektorin Pirko Kristin Zinnow an diesem Wochenende bei ersten Gesprächen in London darauf, Mecklenburger Wünsche bei den Briten anzumelden. Für die Leihgabe des Nashorn-Porträts "Clara" im vergangenen Jahr an das Amsterdamer Rijksmuseum gibt es bereits konkrete Gespräche über Leihgaben aus den Niederlanden. Die können dann voraussichtlich nach der Neueröffnung des Staatlichen Museums im Jahr 2025 in einer Sonderausstellung in Schwerin präsentiert werden.
Die Ausstellung in London mit den beiden Schweriner Bildern ist vom 30. September bis zum 21. Februar 2024 zu sehen. Nach London ist diese große Frans-Hals-Retrospektive von Februar bis Juni im Amsterdamer Rijksmuseum und schließlich vom 12. Juli bis zum 3. November 2024 in der Berliner Gemäldegalerie zu sehen. 2025, wenn das Staatliche Museum Schwerin nach den derzeitigen Umbauarbeiten wieder öffnet, werden die beiden Gemälde von Frans Hals wieder zu Hause sein.