Jenisch Haus: Ja, ich will! Die Kunst der Hochzeitsfotografie
Hochzeiten sind das am häufigsten fotografierte Motiv weltweit. Das Jenisch-Haus in Hamburg, selbst für Hochzeiten zu mieten, präsentiert ab Sonntag eine große Ausstellung mit professionellen Hochzeitsfotografien aus vier Kontinenten.
Zu sehen sind auch etliche Fotoalben, die durch einen Aufruf der Ausstellungsmacher im NDR hinzu kamen. Und schnell wird klar: Eine brav in die Kamera lächelnde Hochzeitsgesellschaft - das war gestern ...
So ist zum Beispiel ein Brautpaar zu sehen, das engumschlungen auf einer Klappleiter steht, um mit einem riesigen Säbel die meterhohe Hochzeitstorte anzuschneiden. Im Hintergrund spielt eine Flamenco-Gruppe. Und neben Bildern von Hochzeitskutschen und mannshohen Blumenbouquets hängt das einer Braut, die sich in ihrem Sissi-Hochzeitskleid längs auf einen Kaminsims legte, direkt unter ein Bild von - Sissi.
Kitsch gehört zur Hochzeitsfotografie dazu
Am "schönsten Tag des Lebens" treiben die romantischen Gefühle schon mal Kapriolen. "Ich glaube Kitsch gehört zur Hochzeitsfotografie unweigerlich dazu. Aber irgendwie ja auch zum Leben, da gibt es dann unterschiedliche Schmerzgrenzen", sagt der Fotograf und freie Kurator Lars Lindemann.
Kein privates Fest auf der Welt sei so aufgeladen mit Glücksvorstellungen und Sehnsüchten, wie die Hochzeit, betont der ehemalige Fotochef der Zeitschrift "GEO", der die ungewöhnliche Ausstellung aus Italien nach Hamburg holte. Die Hochzeitsfotografie sei "ein unglaublicher Schatz und bietet Einblicke in verschiedene Gesellschaften und Kulturen".
Perfekte Inszenierungen ...
So changieren die professionellen Aufnahmen aus Ghana, China, Haiti, Frankreich oder den USA zwischen Voyeurismus und Kulturgeschichte. Und sie zeigen, wie sich Heiraten in den letzten Jahrzehnten verändert hat: Standen früher ausgelassene Feiern im Mittelpunkt, sind es heute immer öfter perfekte Inszenierungen.
In Indien gestalten die Schönen und Reichen ihre Hochzeiten gar als Bollywood-Film, wo junge Mädchen in traditionellen Seidengewändern durch herrschaftliche Paläste tanzen, und das Hochzeitspaar unter einem Regen bunter Blütenblätter verschwindet. Kostbar ausgestattet sind auch die Bräute in Saudi-Arabien - doch ihre Gesichter sind übermalt. "Die Frauen müssen auf den Bildern, wenn sie denn veröffentlicht werden auf Instagram oder wie hier in der Ausstellung, unkenntlich gemacht werden. Der Bräutigam auch", erläutert Lindemann.
... und wunderbare, innige Momente
Aber es gibt natürlich auch ausgelassene, große Feiern in Miami, London, international, wo dann die Konventionen nicht ganz so beachtet werden müssen. Nicht alle Brautpaare suchen den großen Auftritt.
Und so zeigt Lindsay Ladd, die in Philadelphia schwule und queere Hochzeitspaare fotografiert, ganz wunderbare, innige Momente: Ein ungläubiges Lachen, eine zärtliche Hand im Nacken der Partnerin - intime Gesten, die bei den choreografierten Feiern gar nicht mehr vorkommen.
Herausforderung: Entspanntheit herzustellen
Doch wo und wie auch immer der "schönste Tag im Leben" gefeiert wurde: Erinnerungsfotos sind ein Muss, ob für das private Album oder die sozialen Medien - jedenfalls, wenn der Hochzeitsfotograf es geschafft hat, die Anspannung und den Erwartungsdruck der Beteiligten in beschwingtes Lächeln zu verwandeln.
Denn der Profi Lindemann weiß: "Es ist natürlich ein wahnsinnig aufgeladener Tag. Die ganzen Vorbereitungen, die ganzen Emotionen, die damit einher gehen. Die kleinen Familiendramen. Und damit umzugehen und eine Entspanntheit herzustellen, die sich dann auch in den Bildern widerspiegelt, das ist wirklich eine große Herausforderung. Ich habe das zwei mal gemacht für Freunde - und das waren mit die anstrengendsten Jobs."
Jenisch Haus: Ja, ich will! Die Kunst der Hochzeitsfotografie
Hochzeitsfotografen schaffen ein persönliches und kollektives Gedächtnis und spiegeln die Gesellschaft wider, in der sie tätig sind.
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
Jenisch Haus
Baron-Vogt-Straße 50
22609 Hamburg - Preis:
- 7 Euro
- Öffnungszeiten:
- Montag bis Sonntag, 11-18 Uhr, Dienstags geschlossen