Die Monumentalität des Bismarck-Denkmals entmächtigen
Der Künstler Volker Lang hat bereits mehrere Denkmalarbeiten in Hamburg verwirklicht. Im Interview spricht er über den Ideenwettbewerb zur Kontextualisierung des Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark.
Zwischen Stephansplatz und Dammtor hat Volker Lang in Hamburg einen Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz geschaffen. Sein Werk bildet ein Gegengewicht zum monumentalen Kriegerdenkmal von Richard Kuöhl, das dort 1936 errichtet wurde.
Herr Lang, was hat Sie damals bewogen, an dem Wettbewerb teilzunehmen und einen Kontrast zu schaffen zu dem Kriegerdenkmal?
Volker Lang: Meine Arbeit in Rothenburgsort zum Feuersturm in Hamburg 1943 habe ich 2003/ 2004 realisiert. Während dieser Zeit wurde es noch ziemlich angezweifelt, der Opfer dieser Luftangriffe zu gedenken. Es waren starke Gegenstimmen. Es waren auch starke Befürworter, die diesen Feuersturm als Angriff auf die Zivilbevölkerung sehen. In dem Zuge habe ich mich ziemlich stark mit dem Zweiten Weltkrieg, dem Nationalsozialismus und der Schoah beschäftigt - das eigentlich schon seit den 1980er-Jahren. Deswegen kam mir dieser Wettbewerb sehr gelegen, da eingeladen zu werden.
Man liefert einen Entwurf, Sie haben ein Konzept, eine künstlerische Idee. Wahrscheinlich geht die eigentliche Arbeit nach dem Gewinn des Wettbewerbs erst los - und vor allem auch die Diskussion, oder?
Lang: Ja, genau. Ich hatte ein kleines Modell abgegeben, das während des Transports leicht beschädigt wurde. Dann hatte sich die Jury für mich entschieden, mit der Auflage, dieses Modell noch zu verbessern. Und daraufhin habe ich noch mal zwei neue Modelle - ein Umgebungsmodel und ein Modell eins zu 20 - hergestellt, was dann auch wirklich alle überzeugt hat.
Gab es noch inhaltliche Diskussionen über die Ausrichtung, über die Aussage Ihrer Arbeit?
Lang: Ja, da gab es etliche Diskussionen, vor allem hinsichtlich der Zielgerichtetheit. Es war dem Staat, der Kulturbehörde extrem wichtig, dass die Deserteure nicht allgemein angesprochen sind, sondern explizit die des Nationalsozialismus, weil das eine Gewaltherrschaft war und ein menschenrechtsunwürdiges Regime, das Soldaten abrichtete. Wenn die Sprache aber auf Deserteure des Irak-Kriegs oder auf Deserteure in anderen Feldzügen kam, dann wurde sehr stark dagegen gemauert.
Nun gibt es seit langem schon eine Debatte über ein gewaltiges Bismarck-Standbild, in diesem Fall im Hamburger Alten Elbpark. Jetzt hat ein Ideenwettbewerb begonnen, der Ideen sammelt, dieses Denkmal zu kontextualisieren. Wie blicken Sie auf diese Debatte und diesen Wettbewerb?
Lang: Das finde ich sehr gut. Ich überlege auch, daran teilzunehmen. Diese Skulptur von Bismarck ist ja ein sehr monumentales Werk. Die muss auf jeden Fall kommentiert und in einen anderen Kontext gestellt werden, als sie jetzt ist.
Fast 40 Meter Standbild stehen erst mal da. Wie kommt man denn da überhaupt gegen an, dass das sichtbar ist?
Lang: Das ist nicht so einfach, klar. Man müsste mit einer Arbeit reagieren. Wenn man eine starke Arbeit macht, dann braucht die gar nicht diese Größe. Ich denke, die Auseinandersetzung liegt eher im inhaltlichen Bereich und das wäre jetzt falsch, mit einer ähnlichen Monumentalität darauf zu reagieren. Ich denke, dass man diese Arbeit einpflegen könnte in etwas anderes, was die Skulptur sofort entmächtigt.
Natürlich sollen Sie hier nicht Ihre Ideen verraten. Aber was wäre Ihnen wichtig bei so einer Umdeutung oder Einbettung im Fall dieses deutschen Politikers?
Lang: Ich denke, dass man etwas daneben stellt, das aufklärt, was in dieser Zeit alles zu Unrecht entstanden ist, was unter Bismarck eben nicht gut und richtig lief und was durch ihn, durch seine Macht angerichtet wurde. Vielleicht kann man da entweder eine Architektur rum bauen oder man kann mit einem Akzent diese Figur einhüllen, sodass sie natürlich noch sichtbar ist. Ich denke, man hat schon sehr viele Möglichkeiten, das anzubohren. Es geht wirklich nicht - das wollte ich damals auch nicht bei dem Deserteur-Denkmal -, diese Monumentalität zu wiederholen, sondern die müsste durch ein klugen Eingriff geschwächt werden.
Das Denkmal zum Feuersturm in Hamburg, das Denkmal der Deserteure am Hamburger Dammtor: Sie haben schon viel Erfahrung mit solchen öffentlichen Kunstwerken. Über die Zeit gesehen: Wie verändern die ihre Wirkung, auch was die Rückmeldungen angeht, die sie bekommen?
Lang: Ich habe auch einen Pavillon aus Holz in Blankenese gebaut zum Gedenken der deportierten Juden aus Blankenese. Es sind also drei Arbeiten hier in Hamburg und ich glaube schon das, dass die was verändern - erst mal durch die Informationen, die sie enthalten durch die eingeschriebenen Worte oder hörbaren Texte und zum anderen durch ihre Wirkung. Ich finde, diese Denkmäler sind kein Klotz, sondern es ist eine Anregung, um sich in diese damalige Gewalt zu vertiefen. Das fände ich sehr wichtig: dass man sich über diesen bloßen Anschein hinaus damit beschäftigen kann.
Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.